Gespielin des Feuers: Roman (German Edition)
Ehe er fragen konnte, ob Marlena krank sei, scheuchte Dev ihn ins Allerheiligste.
»Komm rein, setz dich.«
Während Trance in die weiche Polsterung der Ledercouch sank, blieb Devlin stehen.
Auf dem Tisch vor der Couch lag das Album mit den Fotos der toten und vermissten ACRO-Agenten. Nach einem kurzen Blick erkannte Trance den schwarzen Ledereinband und die rote Beschriftung.
Dev schlug eine Seite auf, die das Porträt eines Mannes namens Arthur Scott zeigte.
»Den kenne ich vom Sportplatz und von Meetings. Er war ein Excedo, nicht wahr?«, fragte Trance.
An diese Begegnungen erinnerte er sich nur vage. Im selben Jahr – sogar im selben Monat, in dem man ihn gewaltsam zu ACRO gebracht hatte, war dieser Agent gestorben.
»Er ist dein Vater gewesen.«
Entgeistert starrte Trance das Foto an. In seinem Kopf wirbelten Devlins Worte durcheinander. Zum Glück saß er, denn sonst wären seine Beine eingeknickt, weil sich die Welt um ihn herum in rasendem Tempo drehte. »Also war mein Vater ein ACRO-Agent.«
»Ja, und er besaß die gleichen Superkräfte wie du. Aber deine hypnotische Begabung ist eine Mutation.«
»Erzähl mir nichts von gottverdammten genetischen Mutationen, Devlin! Ich war zur selben Zeit wie mein Vater hier. Warum habe ich nichts davon erfahren?«
»Weil er es nicht wollte.«
»Klar, das überrascht mich nicht. Mit mir wollte er nie was zu tun haben.« Erbost schlug Trance das Album zu.
»Als deine Mom schwanger wurde, war er sehr jung. Beide waren erst sechzehn. Und deine Mom wusste nichts von der Excedo-Stärke deines Dads, weil er ihr nichts von seinen Fähigkeiten erzählt hatte. Vor dieser unheimlichen Kraft hatte er Angst. Genau wie du.«
»Dann hätte er für mich da sein müssen«, presste Trance zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Wenn schon nicht von Anfang an – spätestens hier bei ACRO. So was würde ich meinem eigenen Sohn niemals antun.«
»Er dachte, ohne ihn wärst du besser dran.«
»Was für ein Blödsinn! Und das weißt du!«
»Natürlich. Aber ich konnte ihn nicht zwingen, dich zu suchen. Er hatte keine Ahnung, wo deine Mom mit dir wohnte – ob du noch am Leben warst. Bis du eines Tages im Konferenzraum aufgetaucht bist und er dich gesehen hat.«
»Und wieso hat er mir damals nicht die Wahrheit gestanden? Nur wenige Wochen vor seinem Tod wurde ich hierhergebracht.«
»Er hatte keine Ahnung, wie er es dir beibringen sollte. Er nahm mir das Versprechen ab, Stillschweigen zu bewahren, bis er bereit wäre, mit dir zu reden.« Nach einer kurzen Pause fuhr Dev fort: »Vor seiner letzten Mission hat er sich mit mir unterhalten. Es war ein Routine-Job. Sechsunddreißig Stunden später wurde er zurückerwartet, und da wollte er dir alles erzählen. Als er starb, fand ich es sinnlos, dich mit irgendwelchen Vorstellungen zu belasten, die möglich gewesen wären.«
»Es war nicht an dir, diese Entscheidung zu treffen, Devlin.«
»Das ist mir inzwischen klar.«
Weil Trance vorerst nichts sagen konnte, senkte er den Kopf. Nur eins wünschte er sich – Rik bei sich zu haben, in ihren Armen Vergessen zu finden. »Und warum erzählst du mir das ausgerechnet jetzt?«, fragte er schließlich. »Jahrelang hast du mir die Wahrheit verheimlicht. Was ist passiert? Lebt er noch?«
»Nein, er starb an dem Tag, dessen Datum unter seinem Foto steht. Wer dafür verantwortlich ist, wusste ich bisher nicht.«
»Und jetzt weißt du’s.«
Dev nickte.
»Soll ich denjenigen finden? Diese Chance würde ich nur zu gern nutzen.«
»Diese Person ist bereits hier. Bei ACRO.«
»Das verstehe ich nicht, Devlin. Was zum Geier versuchst du mir zu erklären?«
Normalerweise kam Dev ohne Umschweife zur Sache, wenn er seine Agenten auf ihre Missionen vorbereitete. In allen Einzelheiten erfuhren sie, wie sie ihre Pläne konzipieren mussten. Aber nun zögerte er und man hatte den Eindruck, er wollte überall sein – nur nicht in diesen vier Wänden. »Es ist Rik.«
Und wieder geriet Trances Welt aus den Fugen, und er musste sich vergewissern, ob er am Ende zu Boden gestürzt war, denn sein ganzer Körper fühlte sich wie abgestorben an. »Weiß sie es?«, hörte er sich flüstern.
»Sie weiß, dass sie einen Agenten namens Arthur Scott getötet hat – allerdings nicht, dass er dein Vater war.«
Und Trance wusste gar nichts mehr, außer einer einzigen Tatsache. Seine Welt hatte sich erneut verändert. Unwiderruflich. Und keineswegs zum Guten.
IN IHREM GANZEN LEBEN WAR RIK noch nie so
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