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Gesponnen aus Gefuehlen

Gesponnen aus Gefuehlen

Titel: Gesponnen aus Gefuehlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marah Woolf
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nicht gerade mitfühlend. Marie warf ihm einen warnenden Blick zu.
    »Du hast es ihm erzählt?«, fuhr Jules sie an.
    Entschuldigend zuckte Marie mit den Schultern.
    »Hast du vielleicht auch einen Aushang gemacht?«, fragte Jules aufgebracht.
    »Hey, hey. Du warst bei der Polizei. Nicht ich«, verteidigte Marie sich.
    »Auch wieder wahr«, erwiderte Jules kleinlaut. »Ich hoffe nur, dass die de Tremaine nicht anrufen und ihm sagen, dass eine arme Irre Lügen über ihn verbreitet.«
    »Colin hat Nathan übrigens nicht erreicht«, sagte Marie. »Er hat ihm eine SMS geschickt. Ich hoffe, dass er sich meldet.«
    »Weshalb sollte er das tun?«, fragte Jules. »Meint ihr, er schreibt: »Hey Leute, wir haben Lucy zwar entführt, aber es geht ihr gut.«
    »Ich weiß doch auch nicht. Aber Chris und ich waren gestern Abend am Stadthaus der de Tremaines. Da ist Totentanz. Bis auf eine ältere Frau ist niemand dort. Wenn wir wüssten, wo sie Lucy hingebracht haben, wären wir schlauer.«
    Jules sah sie an. »Die de Tremaines haben einen Landsitz in Cornwall. Sicher sind sie dort.«
    »Woher weißt du das?«, fragte Marie.
    »Ich hab’s gegoogelt.« Jules grinste sie an. Das Anwesen gehört der Familie seit Ewigkeiten. Wenn die nicht so unheimlich wäre, würde ich sagen, Nathan ist eine gute Partie.
    Marie knuffte ihre Freundin in die Schulter.
     
    *********
     
    Nathan betrachtete Lucy. Er zog ihr die Decke bis unters Kinn und legte ihr eine Hand auf die Stirn. Ob er zu viel von dem Betäubungsmittel benutzt hatte? Sie waren bereits vor einer Stunde angekommen und es wunderte ihn, dass Lucy noch nicht aufgewacht war. Lucy war leichenblass. Es hätte alles so einfach sein können, wenn sie nicht so störrisch gewesen wäre. Nach einem letzten Blick auf Lucy beschloss Nathan die Tür offen zu lassen, damit das Licht der flackernden Kerzen, die er im Flur aufgestellt hatte, in das Zimmer fiel. Er ging in die Küche, um Sandwiches und Tee zuzubereiten. Lucy würde Hunger und Durst haben, wenn sie aufwachte. Das hoffte er zumindest. Schwierigkeiten waren das Letzte, was er brauchen konnte. Das würde alles durcheinanderbringen.
    Ein letztes Mal umrundete er das Haus, um sicher zu sein, dass alle Fensterläden fest verschlossen waren. Falls sich irgendwer in die Einöde verirrte, sollte nicht auffallen, dass sich jemand in dem Haus eingenistet hatte. Aufmerksam suchte er die Umgebung des Hauses mit seinen Blicken ab. Wie die Male zuvor fiel ihm nichts Ungewöhnliches auf. Das herbstbunte Laub der Bäume an den Berghängen vermischte sich mit dem Licht der ersten Sonnenstrahlen zu einem Gewirr aus Funkeln und Glanz. Der Tag versuchte die Herrschaft zu übernehmen, aber noch kämpfte die Dunkelheit gegen ihn an. Nathan war nicht sicher, ob er sich wohler fühlen würde, wenn der Tag begann.
    Die Müdigkeit drohte ihn zu übermannen, das spürte er. Er war die halbe Nacht gefahren. Nur einmal hatte er angehalten, um Vorräte einzukaufen. Dafür hatte er Lucy allein im Auto gelassen, doch das Risiko hatte er eingehen müssen.
     
    Das Wasser, das sich seinen Weg zwischen ihre Lippen bahnte, schmeckte köstlich. Lucy konnte sich nicht erinnern, wann sie schlichtes Wasser jemals als solch eine Wohltat empfunden hatte. Es kühlte ihren Mund und rann durch ihre ausgetrocknete Kehle. Hastig schluckte sie. Nachdem das Wasser ihre Lebensgeister endgültig geweckt hatte, wurde ihr klar, dass jemand sie stützte und das Glas hielt. Schlagartig wurde ihr bewusst, wer dieser Jemand war. Sie schlug die Augen auf und starrte Nathan an. Gleichzeitig rückte sie von ihm ab, um Abstand zwischen sich und ihn zu bringen.
    Nathan sah sie an. Wenn Lucy gehofft hatte, ein Zeichen von Reue oder Bedauern in seinem Blick zu finden, wurde sie enttäuscht.
    »Wurde Zeit, dass du aufwachst«, sagte er anklagend. »Ich dachte, ich muss dich zu einem Arzt bringen. Und das ist das Letzte, was wir uns leisten können.«
    »Hast du sie noch alle?«, schnappte Lucy empört. »Erst entführst du mich und dann machst du mir Vorwürfe? Du hast mich betäubt.« Ihre Stimme drohte, vor Wut zu kippen. Das gab es nicht. War er total übergeschnappt?
    »Ich habe nur getan, was ich für das Beste hielt. Du weigerst dich ja standhaft zu tun, was man dir sagt. Da musste ich zu drastischeren Mitteln greifen«, stellte er fest.
    »Hat dein blöder Geheimbund dir das Gehirn vernebelt? Wo sind wir hier eigentlich?«, schrie Lucy ihn an und rutschte zur Bettkante, um aufzustehen.

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