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Geständnis

Titel: Geständnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bernd
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wartete
damit in der Regel bis zum letzten Moment. Er hatte einen Hang zum
Dramatischen und genoss die Aufmerksamkeit der Medien. Carlos
sollte die Bearbeitung des Antrags auf Unzurechnungsfähigkeit am
Fifth Circuit Court of Appeals in New Orleans im Auge behalten, der
noch anhängig war. Wenn der Antrag abgelehnt wurde, wollten sie
sofort in die nächste Instanz gehen und den U.S. Supreme Court
anrufen. Fred Pryor sollte in der Kanzlei bleiben und sich um
Boyette kümmern. Aaron Rey sollte wie immer Robbie nach Huntsville
begleiten. Auch Martha Handler würde mitkommen, damit sie alles
beobachten konnte. Robbie bellte Anweisungen, beantwortete Fragen,
schlichtete Meinungsverschiedenheiten. Plötzlich sah er Keith an
und fragte: „Keith, können Sie mit uns nach Huntsville
kommen?“
    Der Reverend war einige Sekunden sprachlos. „Warum?“, stieß er
dann hervor.
    „ Donte braucht Sie vielleicht.“
    Keith öffnete den Mund, doch es kam kein Ton heraus. Es war
still im Raum, und aller Augen lagen auf ihm. Robbie versuchte es
noch einmal: „Er war früher sehr gläubig, hat aber inzwischen nicht
mehr viel für Religion übrig. Unter den Geschworenen, die ihn
verurteilt haben, waren fünf Baptisten, zwei Pfingstgemeindler und
ein Mormone. Die anderen waren wohl Atheisten. In den letzten
Jahren ist er zu der Überzeugung gelangt, dass ihn weiße Christen
in den Todestrakt gebracht haben. Er will nichts mit ihrem Gott zu
tun haben, und ich gehe nicht davon aus, dass sich an dieser
Einstellung in nächster Zeit etwas ändern wird. Aber es könnte
durchaus sein, dass er kurz vor der Hinrichtung mit jemandem beten
will.“
    Ein schönes Bett in einem sauberen Motel und zwölf Stunden
Schlaf waren alles, was Keith jetzt wollte. Doch als Geistlicher
konnte er schlecht Nein sagen. Er nickte langsam. „Ja,
sicher.“
    „ Gut. Wir fahren in fünf Minuten.“
    Keith kniff die Augen zusammen, massierte sich die Schläfen
und sagte im Stillen: Herr, was mache ich hier? Bitte hilf
mir.
    Plötzlich sprang Fred Pryor auf. Mit ausgestrecktem Arm hielt
er sein Handy von sich, als wäre es glühend heiß, und rief: „Ich
glaub's einfach nicht! Joey Gamble. Er will eine eidesstattliche
Erklärung abgeben und seine Aussage widerrufen.“
    „ Ist er am Telefon?“, fragte Robbie.
    „ Nein. Er hat mir eine SMS geschickt. Soll ich ihn
anrufen?“
    „ Klar, was denn sonst?“, fuhr Robbie ihn an. Pryor ging zu dem
Telefon auf dem Tisch, wählte Gambles Nummer und schaltete die
Freisprecheinrichtung ein. Niemand rührte sich, als das Telefon
klingelte.
    Schließlich ertönte ein schüchternes „Hallo?“.
    „ Fred Pryor hier. Joey, ich habe gerade Ihre Nachricht
bekommen. Was zum Teufel ist los?“
    „ Ahm, ich will helfen, Mr. Pryor. Diese Sache nimmt mich sehr
mit.“
    „ Das könnte man von Donte auch behaupten. Er hat noch
zweieinhalb Stunden zu leben, und jetzt wachen Sie endlich auf und
wollen helfen.“
    „ Ich bin irgendwie durcheinander“, sagte Joey.
    Robbie beugte sich vor und riss das Gespräch an sich. „Joey,
hier ist Robbie Flack. Erinnern Sie sich an mich?“
    „ Natürlich.“
    „ Wo sind Sie jetzt?“
    „ In meiner Wohnung. In Mission Bend.“
    „ Würden Sie eine eidesstattliche Erklärung abgeben, in der Sie
zugeben, bei Dontes Prozess gelogen zu haben?“
    „ Ja“, sagte Joey, ohne zu zögern.
    Robbie schloss die Augen und ließ den Kopf hängen. Seine
Mitarbeiter schickten kurze Dankesgebete gen Himmel und lächelten
müde.
    „ Gut. Wir machen Folgendes: In Houston gibt es eine Anwältin
namens Agnes Tanner. Ihre Kanzlei ist in der Innenstadt, in der
Clay Street. Kennen Sie sich dort aus?“
    „ Ja, ich glaube schon.“
    „ Werden Sie die Kanzlei finden?“
    „ Ich weiß nicht. Ich bin mir nicht sicher, ob ich noch fahren
sollte.“
    „ Sind Sie betrunken?“
    „ Betrunken nicht, aber ich habe schon ein bisschen was intus.“
Robbie sah instinktiv auf seine Uhr. Es war noch nicht einmal
sechzehn Uhr, und der Junge lallte schon.
    „ Joey, rufen Sie sich ein Taxi. Das Geld dafür bekommen Sie
später von mir zurück. Es ist äußerst wichtig, dass Sie so schnell
wie möglich in die Kanzlei von Agnes Tanner kommen. Schaffen Sie
das, Joey?“
    „ Ich versuch's.“
    „ Es ist das mindeste, was Sie tun können. Donte sitzt in einer
Zelle in Huntsville, zehn Meter von dem Raum entfernt, in dem man
ihn hinrichten wird, und Ihre Lügen haben dazu beigetragen, dass er
dort hingekommen ist.“
    „ Es

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