Gestern, heute - jetzt
besser, wenn ich Rafe anrufe. Er kann uns hier treffen.“ Sie lächelte aufmunternd. „Du hast doch nichts dagegen, wenn er sich zu uns gesellt, oder?“
„Nein, ich habe nichts dagegen“, entgegnete sie vorsichtig. „Aber möglicherweise ist Rafe nicht besonders angetan von der Idee.“
„Das muss er ja nicht“, wischte Gabrielle den Einwand ihrer Freundin beiseite, fischte ihr Handy aus der Tasche und wählte die Nummer ihres Bruders. „Er muss einfach nur dabei sein.“
Und so kam es, dass Simone um exakt fünf Uhr nachmittags mit einer unentschlossenen Gabrielle und einem perfektionistischen Inigo in einem privaten Speisezimmer stand und Tafelgeschirr begutachtete. Rafael war noch nicht eingetroffen, aber die Tatsache, dass er wohl noch kommen würde, erschwerte die Konzentration ganz erheblich.
„Was hältst du von dem rosé- und elfenbeinfarbenen Limoges-Geschirr?“, fragte Gabrielle.
„Sehr elegant“, befand Simone.
„Oder das ganz schlichte Limoges-Design mit dem Silberrand“, schlug Inigo vor und deutete auf das im Kabinett befindliche Porzellan. „Darauf kommt jedes Essen gut zur Geltung.“
„Eine Wahl, mit der man nichts falsch machen kann“, stimmte Simone zu.
„Das ist nicht besonders hilfreich“, klagte Gabrielle.
Simone seufzte. „Inigo, hätten Sie etwas dagegen, wenn wir ein paar Teller aus dem Schrank nehmen und zwei Tische eindecken würden, um das Porzellan vergleichen zu können? Dazu brauchen wir auch noch Besteck, Servietten und Gläser.“
Inigo hatte durchaus nichts dagegen. Er war für eine klare Entscheidung. Überhaupt eine Entscheidung. Also öffnete er ein halbes Dutzend Schubladen und deutete auf die mögliche Besteckauswahl. Danach enthüllte er mit Schwung die verschiedenen Gläser.
„Willst du wirklich meine Meinung hören?“, wandte sich Simone an Gabrielle. „Dir ist schon klar, dass in diesem Fall nur deine Ansicht zählt?“
„Das weiß ich“, entgegnete Gabrielle. „Aber ich weiß wirklich nicht, was ich will – abgesehen von Lucien an meiner Seite. Der Rest könnte an diesem Tag rosa Zuckerwatte sein.“
Inigo wirkte völlig entsetzt. Simone musste grinsen. „Das ist verständlich, aber verschwende bitte auch einen Gedanken an den Rest von uns.“ Sie stand auf und betrachtete gründlich das angebotene Tafelgeschirr. „Inigo, wir brauchen die Swarovski-Gläser und das Silberbesteck mit der kleinen Kerbe. Ja, genau. Dann die rosé- und elfenbeinfarbenen Teller, die kaffeebraunen Servietten und die Serviettenringe aus Zinn.“ Sie warf einen Blick auf die Blumen am Kamin, pickte schließlich ein paar cremefarbene Rosen heraus und platzierte sie neben dem Gedeck.
„Was ist mit einer Tischdecke?“, fragte Inigo.
„Keine Tischdecke auf diesem polierten Holz“, entschied Simone und ließ ihre Finger über die Platte gleiten. „Lassen Sie uns ein weiteres Gedeck auflegen. Diesmal hätte ich allerdings gerne die Hermes-Teller mit dem rot-goldenen Dekor, dazu das schlichte Silberbesteck und weiße Servietten.“
„Sehr schön“, lobte Inigo, während er blitzschnell das gewünschte Gedeck auflegte. Simone wählte noch ein paar Rosen aus dem Strauß am Kamin, diesmal in leuchtendem Rot, und dekorierte sie auf dem Tisch. Als sie fertig war, trat sie zurück und beäugte die beiden Gedecke kritisch.
„Ich bin für das Hermes-Geschirr“, entschied sie schließlich, denn es war wunderschön und kräftig in den Farben, was der Raum durchaus vertragen konnte. „Gaby? Was meinst du?“
„Sag jetzt nicht, dass das hier dein Notfall ist, Gabrielle.“
Dunkle, sanft gesprochene Worte, in denen ein Hauch von Ungeduld mitschwang. Simone spürte sie wie eine Peitsche, die ihre nackte Haut traf.
Ganz langsam drehte sie sich um, denn sie wusste, dass sein Blick nicht herzlich sein würde. Ebenso wusste sie, dass sie ihn dazu zwingen würde, sie wahrzunehmen, und dass sie für diese Kühnheit mit Schmerz und Freude bezahlen würde. Oh, ja. Eine süße, schmerzende Freude wartete auf sie, die sie sich nicht nehmen lassen würde.
„ Bonjour, Rafael.“ Er trug immer noch seine Arbeitskleidung und wirkte geradezu gefährlich attraktiv. Ihr Herzschlag beschleunigte sich. „Ein harter Tag im Weinberg?“
„Guten Abend, Prinzessin“, entgegnete er, wobei aus seinen strahlend blauen Augen der Spott funkelte. „Ist das hier deine Idee gewesen?“
„Meine? Nein.“ Simone deutete auf Gabrielle, die ihrem Bruder zuwinkte. „Ich versuche nur,
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