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Gestickt, gestopft, gemeuchelt: Kommissar Seifferheld ermittelt (Knaur TB) (German Edition)

Gestickt, gestopft, gemeuchelt: Kommissar Seifferheld ermittelt (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Gestickt, gestopft, gemeuchelt: Kommissar Seifferheld ermittelt (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
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Natur.
    »Und dann auch noch ein Flauschebadetuch aus der guten Serie, Siggi!« Irmgard schüttelte missbilligend den Kopf, während sie Kaffee für sich aufsetzte.
    Für Irmgard gab es von allen Gegenständen eine Alltagsversion und die gute Version: Geschirr für die Familie und Geschirr für Gäste, Bettwäsche für jeden Tag und Gästebettwäsche.
    Seifferheld sah das ganz anders: Er lebte im Hier und Jetzt, und wenn er morgen unter einen Bus geraten sollte, dann würde es ihm in seinen letzten Lebensminuten kein Trost sein zu wissen, dass irgendwo im Seifferheldschen Haushalt noch ein Stapel an guten Badetüchern quasi unberührt im Wäscheschrank lag. Aber er wollte sich jetzt nicht mit Irmi herumstreiten.
    Er und seine Schwester hatten beide eine kurze Nacht hinter sich. Nachdem Siggi, so schnell es seine lädierte Hüfte erlaubte, von der Premierenfeier nach Hause geeilt war, weil er vor seinem inneren Auge sah, wie ein Einbrecher seinen besten Freund, seinen Hund, seinen Onis, bis aufs Blut quälte, nur um dann festzustellen, dass sein bester Freund, sein Hund, sein Onis, gewissermaßen die Oper und eine Karriere als Countertenor für sich entdeckt hatte, hatte er in der Nacht keinen rechten Schlaf mehr gefunden. Onis hatte vor einiger Zeit – in reiner Selbstverteidigung! – einen Polizeihund ins Ohr gebissen und galt seitdem als zertifizierter Gefahrhund mit Maulkorbzwang. Seifferheld fürchtete, wenn es jetzt noch Anzeigen wegen Lärmbelästigung von erbosten Nachbarn hagelte, könnte man ihm Onis womöglich wegnehmen. An Schlaf war da nicht zu denken gewesen. Wer in seinem Zimmer von Mitternacht bis sechs Uhr früh geschnarcht hatte, war allein Onis gewesen, der auf dem Bettvorleger nächtigen durfte, die rechte Pfote beschützend über den rosa Teddy gelegt.
    Und Irmgard hatte sich wegen der Gottesdiensttrommelankündigung mitternächtlich auf dem Heimweg vom Rathausempfang so über ihren geistlichen Gatten aufgeregt, dass sie um ein Uhr mit Kulturbeutel und Wechselwäsche temporär zurück in ihr Elternhaus gezogen war. Sie würde auch auf keinen Fall später dem Sonntagsgottesdienst beiwohnen. Die entsetzten Blicke der Damen vom Kirchenkaffeekomitee und von der Blumenschmuckgruppe wollte sie nicht in ihrem Rücken spüren, wenn ihr Mann nach der Predigt zur Trommel griff, um »Befiehl du deine Wege« als Stakkato-Rap-Improvisation zum Besten zu geben.
    Die Kaffeemaschine blubberte.
    Irmgard guckte finster.
    Seifferheld seufzte.
    Draußen setzten mit wuchtigem Schlag die Glocken von St. Michael ein. Das Küchenfenster vibrierte. Es war halb sieben Uhr morgens. Eigentlich müsste Seifferheld jetzt, wie jeden Morgen, den Polizeibericht fürs Haller Tagblatt schreiben, aber er brauchte dringend Abstand von Irmi.
    »Ich dreh dann mal mit Onis eine Runde.«
    Seifferheld hatte seinen Stuhl noch keinen Millimeter nach hinten geschoben, da schoss Onis auch schon unter dem Küchentisch hervor und stellte sich schwanzwedelnd neben die Tür, seinen rosa Teddy fest zwischen die Zähne geklemmt.
    Was war es Seifferheld anfangs peinlich gewesen, dass sein Hund einen Teddy zum Lebensgefährten erkoren hatte, noch dazu einen rosafarbenen! Aber das war eben auch einer der Vorteile des Alters: Es wurde einem zunehmend »wurscht«, was die Leute dachten.
    »Was willst du denn heute Mittag essen?«, fragte Irmgard und warf einen Blick in den Vorratsraum, der leer war. »Großer Gott, Siegfried, da ist ja nichts weiter drin als ein Sack Reis! Ehrlich, seit du hier allein wohnst, verkommt der Haushalt immer mehr!«
    Seifferheld seufzte. Wenn er Hunger bekam, ging er essen. Was brauchte er da groß Vorräte? Die wurden nur schlecht. Außerdem wusste doch jeder, der mit der Chaostheorie vertraut war, wie viel Macht ein Mensch besaß, dem ein Sack Reis gehörte. Wenn er den Sack umkippte, gab es schließlich einen Tornado in New York. Oder galt das nur, wenn der Sack Reis in China umfiel? Aber jetzt bloß keine Grundsatzdiskussion. Auch nicht der Hinweis, dass es sich mitnichten um einen Sack handelte, sondern um eine Packung Oryza Stäbchenreis.
    »Ist mir egal, was es gibt. Überrasch mich.« Seifferheld humpelte in den Flur, schlüpfte in seine Allwetterjacke und folgte Onis auf die Gasse hinaus. Dort wurde ihm schlagartig bewusst, dass er unter der Allwetterjacke nur ein Frotteebadetuch trug, wenn auch ein »gutes«.
    Okay, zugegeben, das Alter hatte auch Nachteile …

2. Szene
    (Entlang des Kochers, quakende Enten, ein

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