Gestickt, gestopft, gemeuchelt: Kommissar Seifferheld ermittelt (Knaur TB) (German Edition)
›Peitschenknaller‹. Wahrscheinlich so ein SM-Leder-Freak. Aber ich habe nie einen mit einer Peitsche gesehen. Und der Einzige, der bei uns im Team Leder trägt, ist der Rudi von der Technik. Aber … nee, das glaube ich nicht. Der nicht. Der Zweite war ein Schwäbisch Haller. Sie nannte ihn den ›Bürohengst‹. Mehr Büro als Hengst. Ich hatte beim Lesen das Gefühl, dass der irgendwie bei der Stadt arbeitet, in der Verwaltung oder so. Und bei dem Dritten sprach sie von dem ›Frauenflüsterer‹. Ich dachte, damit meint sie Roger, aber ich habe ihn gefragt, und er hat gesagt, er sei es nicht gewesen. Und er kann es auch gar nicht gewesen sein, er war ja mit mir zusammen als …«
Biggi stockte. Die Erinnerung an die tote Kollegin kam wieder hoch. »Das Badezimmer wurde gestern freigegeben. Aber in der Wanne kann doch nie wieder jemand baden, das geht doch nicht. Das wäre doch … pervers.« Sie schniefte.
»Ist ja gut, Kleines«, hörten sie Roger Reitz sagen.
»Sie bleiben bitte an der Tür«, befahl gleich darauf Van der Weyden.
Gesine Bauer setzte sich. Jeder andere hätte hinter ihrem riesigen Mahagonischreibtisch mit den gewaltigen Aktenbergen verloren ausgesehen. Nicht so Gesine Bauer. Sie war in einer früheren Inkarnation zweifelsohne Penthesilea, die Königin der Amazonen, gewesen. Oder der Koloss von Rhodos. Jedenfalls behauptete sie sich exzellent gegen das wuchtige Möbel.
Seifferheld war ja von zu Hause starke Frauen gewöhnt, aber Gesine Bauer gehörte zu einer ganz eigenen Kategorie. Zu der Eisenfresserkategorie.
»Sie können für ihn die Hand ins Feuer legen? Er hat Sie in der fraglichen Nacht keine Sekunde lang verlassen?«, hakte Wurster bei Biggi nach.
»Ich muss doch sehr bitten!«, hörten sie Reitz im Hintergrund tönen.
Sie spürten förmlich, trotz Rauschen in der Leitung, wie Biggi Wurster und Van der Weyden aus großen Augen ansah. »Ja, natürlich, er war die ganze Zeit bei mir. Immer, wenn ich wach wurde, lag er neben mir.«
Frau Bauer tauschte einen Blick mit Seifferheld.
Es war ein gequälter Blick, in dem alles Leid über die Dummheit der Welt im Allgemeinen und von Zeugen im Besonderen zu lesen war. Roger Reitz hätte also bequem in den Schlafphasen von Biggi Wanetzki ins Badezimmer eilen können. Kehle durchschneiden und Handtuch falten waren ja keine wirklich zeitintensiven Angelegenheiten. Reitz stand also wieder ganz oben auf der Liste der Verdächtigen und würde zur Befragung aufs Revier gebracht werden müssen.
»Bauer zwo!«, brüllte Frau Bauer und schlug mit der flachen Hand auf den Schreibtisch.
Ein lila Männchen sprang ruckartig und raketengleich hinter dem grünen Gummibaum auf. Quasi das Gegenteil von Rumpelstilzchen, das sich in die Erde gebohrt hatte.
Onis, der die ganze Zeit zu Seifferhelds Füßen gelegen hatte, bekam einen Schreck, sprang ebenfalls auf die Beine und fing an zu heulen. Laut, sehr laut.
»Hören Sie das auch? Was ist denn das?«, hörte man Biggi aus dem Lautsprecher fragen. »Das müssen Sie doch auch hören! Wird da ein Tier gequält?«
11. Szene
(Mittwochnachmittag, Wohnheim am Rippberg, Pollenflug: Erle, Birke, Hasel)
Aus dem Polizeibericht
Ein Sittenstrolch auf einem Mountainbike hat am gestrigen Abend gegen 21 Uhr eine 17-Jährige verfolgt und anschließend körperlich bedrängt. Das Mädchen kam vom ZOB und lief die Salinenstraße entlang. Der Mann versuchte sie zu küssen und griff ihr an den Po. Als sie sich vehement wehrte, floh er in Richtung Spitalmühlenstraße. Der Täter wird wie folgt beschrieben:
– ca. 20 Jahre alt
– ca. 1,80 m groß
– dichte, dunkle, in der Mitte zusammengewachsene Augenbrauen
– bekleidet mit weißen Jeans, weißem T-Shirt und rotem Sombrero
Bereits Anfang Februar kam es zu einem ähnlichen Übergriff auf eine 16-Jährige an der Wettbachklinge. Die Kripo ermittelt wegen sexueller Nötigung und bittet um Hinweise zu dem unbekannten Mann. Wer kennt ihn?
Ich bin kein paranoider, durchgedrehter Millionär. Gottverdammt, ich bin Milliardär! (Howard Hughes)
Manche besitzen die Gabe, die Welt so zu nehmen, wie sie ist. Sich nicht zu ärgern, wenn’s blöd läuft, sich zu freuen, wenn’s gut läuft, und ansonsten höchstens mal die Augenbraue nach oben zu ziehen. Ja, manchen ist diese Gabe der heiteren Gelassenheit gegeben. Es handelt sich bei diesen seltenen Wesen ausnahmslos um Hunde.
Seifferheld ging sonst nie um halb fünf am Nachmittag mit Onis auf Hunderunde. Und auch nie
Weitere Kostenlose Bücher