Gestickt, gestopft, gemeuchelt: Kommissar Seifferheld ermittelt (Knaur TB) (German Edition)
neben ihm. Offenbar hatte er Respekt vor der Bettenhaus-Euler, denn er hatte nicht versucht, sich ihr auf die übliche Art und Weise zu nähern. Vielleicht mochte er sie auch einfach nicht. Selbst ein Hund hatte seine Vorlieben. Und sie roch wirklich sehr stark nach Parfüm.
Wo hatte er dieses Parfüm nur schon mal gerochen?
Seifferheld seufzte.
Marianne stieß ihm ihren Ellbogen in die Rippen.
»Es ist ganz einfach«, fuhr Frau Euler fort, »Sie falten die Serviette so … und so … und so. Fertig.«
»Das ist es!«, explodierte es urplötzlich aus Seifferheld heraus.
Die drei Frauen zuckten zusammen.
Onis erhob sich.
»Gefällt es Ihnen?«, wunderte sich Frau Euler, mehr über seine Lautstärke als über seine Vorliebe für ihre Falttechnik. »Das ist eine japanische Faltmethode, die an Meereswellen erinnern soll.«
Wie in Zeitlupe hob Seifferheld den ausgestreckten rechten Arm und zeigte auf Frau Euler. »Sie!«
Frau Euler sah zu Irmgard und Susanne. Ein Frauenblick, der übersetzt so viel hieß wie: »Ist der immer so drauf?«
Susanne und Irmgard konnten sich sein Verhalten nicht erklären und zuckten nur mit den Schultern.
»Natürlich«, dachte es derweil laut aus Seifferheld heraus. » Sie sind der theaterfremde Coach, den Vince Miller erwähnt hat. Sie haben dem Regisseur vorgeschlagen, wie man das Handtuch auf dem Gesicht der Suzy Pommier falten sollte. Sie kannten Salina Tressler, weil Sie Mitglied im Freundeskreis der Freilichtspiele sind. Sie sind die Naschkatze!«
Frau Euler blieb völlig cool. »Ich weiß beim besten Willen nicht, wovon Sie faseln«, sagte sie, Eiszapfen in der Stimme.
» Sie haben Salina ermordet, weil sie eine Affäre mit Ihrem Mann hatte.«
Marianne zog Stift und Block aus der Handtasche und schrieb mit.
»Geht’s noch, Siggi?«, sagte Irmi. »Frau Euler stammt aus einer der ältesten, angesehensten Familien der Stadt!«
Für Irmgard bedeutete Herkunft noch etwas. Das hatte sie mit dem Hochadel gemeinsam, obwohl in ihren Adern kein blaues Blut floss. Aber wer seinen Stammbaum gewissermaßen bis auf Adam und Eva oder doch wenigstens auf Karl den Großen zurückführen konnte, der war über jeden Verdacht erhaben. So wie die Seifferhelds. Und die Beuschlers.
»Susanne«, sagte Seifferheld zu seiner Tochter, ohne Frau Euler aus den Augen zu lassen. »Ruf die Polizei.«
Frau Euler stand mit der wellenförmig gefalteten Serviette hinter dem Demonstrationstisch, Seifferheld mit seinem Gehstock davor. Neben ihm Onis und Susanne. Irmgard und Marianne befanden sich am Kopfende des Tisches.
Sonst war niemand im Laden.
Diesmal kein Showdown, freute sich Seifferheld.
Da kannte er aber Frau Euler schlecht.
»Kiai!«, schrie sie.
Es war das oft geübte, blutgerinnend laute Kiai der Frauen-Selbstverteidigungsgruppe, die sich jeden Montagabend in der Brenzhalle zum Kampfsporttraining traf.
Seifferheld kratzte das nicht weiter. Die Frau trug einen hauteng anliegenden Bleistiftrock und High Heels, die konnte sich nicht in einen Ninja verwandeln, ohne vorher zu strippen.
Doch ehe er sich’s versah, hatte sie sich die Stöckelschuhe von den Füßen gekickt und den Rock in einer fließenden Bewegung bis zur Taille hochgezogen.
»Kiai!«
Sie hob beide Arme in Kampfhaltung – wobei ihre Jackenärmel nach oben rutschten und Kratzspuren sichtbar machten: die Abwehrverletzungen von Biggi Wanetzki! –, sprang aus dem Stand auf den Demonstrationstisch und torpedierte sich dann mit beiden Beinen, Füße voraus, gegen die Brust von Seifferheld.
Die Wucht des Aufpralls katapultierte Seifferheld nach hinten.
Das hätte böse enden können, hätte sich hinter ihm etwas Unnachgiebiges befunden wie eine Wand oder ein Schrank, aber hinter ihm war die Kissen-Wohlfühloase – ein Meer aus über fünfzig Kissen aller Größen. Und so fiel er extrem weich. Dennoch spürte er, wie ihm die pedikürten Füße von Frau Euler mindestens eine seiner Rippen anknacksten.
Gleich darauf stopfte sie seinen Kopf in eine leere, mokkafarbene Kissenhülle – flauschige Qualität, versteckt eingearbeiteter Reißverschluss, hundert Prozent Polyester, 15 Euro 95 – und prügelte dann mit ihren manikürten Fäusten auf ihn ein.
Seifferheld zog sich die Kissenhülle vom malträtierten Kopf. Onis bellte und fletschte wolfsgleich die Zähne, rührte sich aber nicht vom Fleck. Seit er die Musik für sich entdeckte hatte, war er nicht mehr derselbe. He was a lover, not a fighter.
Susanne wählte in aller
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