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Gestickt, gestopft, gemeuchelt: Kommissar Seifferheld ermittelt (Knaur TB) (German Edition)

Gestickt, gestopft, gemeuchelt: Kommissar Seifferheld ermittelt (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Gestickt, gestopft, gemeuchelt: Kommissar Seifferheld ermittelt (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
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Ruhe die Notrufnummer.
    Irmgard schaute fassungslos zu. Ihre Lippen bewegten sich. Bestimmt murmelte sie »Das kann keine echte Beuschler sein« vor sich hin.
    Nur Marianne, seine Marianne, sah nicht tatenlos zu. Sie schob Stift und Block in ihre Handtasche, lief von hinten auf Frau Euler zu, ließ ihre Handtasche zweimal hoch in der Luft kreisen und schlug sie dann mit aller Macht Frau Euler an den Kopf.
    Susanne war fertig mit Telefonieren und schoss Handyfotos. Als Beweis vor Gericht.
    Frau Euler plumpste neben Seifferheld in die Kissenoase. Sie war kurz verwirrt, aber nicht ausgeknockt. Marianne hatte an diesem Tag dummerweise nur ihr Birkin-Bag-Imitat aus dem letzten Türkeiurlaub dabei. Hätte sie, wie sonst immer, ihre riesige Freitag -Lederumhängetasche mitgeführt – die Euler hätte definitiv einen Schädelbasisbruch erlitten.
    Seifferheld wollte sich auf Frau Euler werfen, aber ein plötzlicher Schmerz durchzuckte seinen Brustkorb, als ob sich eine angeknackste Rippe in seine Lunge bohren wollte. Stöhnend ließ er sich wieder in die Kissen sinken.
    Susanne nahm einen Feuerlöscher von der Wandhalterung und betätigte ihn genau in dem Moment, als Marianne sich mit einem ungeübten, falsch ausgesprochenen, aber landkreistypischen Kiau! auf die Euler warf. Gleich darauf waren beide Kämpferinnen voller Löschschaum.
    Als Sekundenbruchteile später zwei Streifenwagen mit quietschenden Reifen vor dem Bettenhaus hielten und drei Beamte und eine Beamtin in den Laden stürmten, bot sich ihnen das Bild eines heißen Frauen-Schaumcatchens.
    »Auseinander!«, rief der dienstälteste Beamte.
    Marianne, die als Österreicherin noch zur Obrigkeitshörigkeit erzogen worden war, ließ von Frau Euler ab und rappelte sich auf.
    Frau Euler dagegen scherte sich nicht um irgendwelche Anweisungen von oben. Sie hatte bereits zwei Frauen auf dem Gewissen, da kam es auf eine mehr oder weniger auch nicht mehr an.
    Noch bevor jemand eingreifen konnte, sprang sie auf, schnappte sich vom Demonstrationstisch eine Stoffschere, stürzte sich auf Marianne und hielt ihr die Schere an den Hals.
    »Nein!« Seifferheld flüsterte es nur.
    »Zurück, oder die Frau stirbt!«, kreischte die Euler.
    Die Beamten wichen tunlichst zurück, Susanne ebenfalls. Seifferheld blieb stöhnend liegen, aber ihn nahm Frau Euler ohnehin nicht ernst.
    Grob zog sie Marianne mit sich. »Niemand rührt sich, oder ich schlachte sie ab wie ein Schwein!«, drohte Frau Euler zur Sicherheit noch mal.
    »Machen Sie sich nicht unglücklich!«, rief die Polizistin, die ja nicht ahnen konnte, dass ein weiterer Mord in der Statistik von Frau Euler nicht wirklich schwer ins Gewicht fiel.
    »Zurück!«, gellte die Euler. »Oder ich vergesse mich.«
    Was sie dann auch tat.
    Das heißt, sie wurde – ohne eigenes Zutun – ins Vergessen katapultiert.
    Von Irmgard, die sich den dreiarmigen Kerzenleuchter vom Demonstrationstisch gekrallt hatte und ihn Frau Euler mit Schmackes an den Kopf schlug. Da Frau Eulers Kopf durch Mariannes falsche Birkin Bag schon vorgeschädigt war, verlor sie sofort das Bewusstsein. Leider fuhr im Zu-Boden-Sinken die Hand mit der Stoffschere über Mariannes Hals.
    Blut schoss heraus.
    »Nein!« Diesmal schrie es Seifferheld.
    »Nein!«

Epilog
    Einer langen Nacht Reise in den Tag
    (In einer baden-württembergischen Kleinstadt, morgens)
Man lebt und lernt. Und dann stirbt man und vergisst alles wieder. (Noël Coward)
    Stille.
    Nie ist es so still wie in der Stunde, wenn die Nacht dem Tag weicht, wenn der Tag aber verschleiert einherkommt, gehüllt in dichte Nebelschwaden, die jedes Geräusch dämpfen und die Stille noch stiller machen. Sie in Totenstille verwandeln.
    Seifferheld starrte an die weiße Wand, die seinem Blick jedoch keinen Halt bot. Kein Tapetenmuster, keine Rauhfaserknubbel – nur weiß, nichts als weiß.
    In ihm war nichts als Leere. Eine kalte, schwarze Leere, so kalt und schwarz wie die unendlichen Weiten des Universums.
    Er wollte nur schlafen, aber er konnte nicht.
    Seine Rippe schmerzte, aber er spürte den Schmerz kaum.
    Die Polizeichefin hatte durchgesetzt, dass er die ganze Nacht bei seiner kalten, bleichen Marianne bleiben durfte. Gegen alle Regeln, aber in diesem Fall …
    Er wusste nicht, ob er ihr dafür dankbar sein sollte.
    Wenn nur der Schlaf käme, das Vergessen, die Erlösung.
    Aber Pustekuchen. Wer konnte bei dem Lärm schon schlafen …
    »Ich komm in Schwarz, ich trage immer Schwarz, also komm ich in Schwarz«,

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