Gestohlene Leidenschaft
Ich liebe dich.“
„Ich liebe dich auch“, antwortete sie, scheu lächelnd und streichelte seine Wange. „Zum ersten Mal habe ich das Gefühl, dass die Vergangenheit mir nichts mehr anhaben kann. Ich fühle mich fast … wie befreit.“ Eine letzte Träne rann über ihre Wange. „Danke, mein Liebster.“
Als Grace am nächsten Morgen erwachte, lag sie allein in dem großen Himmelbett. Khalis war wohl im Badezimmer. Jedenfalls plätscherte dort die Dusche.
Entspannt streckte Grace sich und überlegte, wie es nun wohl weitergehen würde. Loukas hatte seine Spione überall. Er musste inzwischen von ihr und Khalis wissen und ihr die Besuche bei Katerina verbieten. Der Gedanke brach ihr fast das Herz, doch mit Khalis’ Hilfe wollte sie schnellstmöglich das Sorgerecht für Katerina erkämpfen. Zum ersten Mal seit vier Jahren war sie zuversichtlich, den Rechtsstreit zu gewinnen. Lächelnd stand sie auf und bemerkte ein Tablett mit Kaffee und zwei Tassen. Auch eine Zeitung lag dabei. Grace schenkte sich eine Tasse Kaffee ein und griff nach der Zeitung.
Ammar Tannous überlebt Hubschrauberabsturz.
Der Artikel auf der zweiten Seite elektrisierte sie. Khalis’ Bruder lebte!
Sie hatte die Nachricht noch gar nicht richtig erfasst, als die Badezimmertür aufging und Khalis in Boxershorts und mit einem lässig über die Schultern drapierten Handtuch hereinkam.
„Guten Morgen.“
Grace sah auf. „Khalis, du wirst nicht glauben, was ich gerade gelesen habe …“
„Anscheinend etwas ganz Erstaunliches.“ Lächelnd griff er nach der Kaffeekanne.
„Sieh dir das an!“ Sie reichte ihm die Zeitung und zeigte auf den Artikel.
Als Khalis gequält das Gesicht verzog, überkam sie ein ungutes Gefühl.
Er schenkte sich Kaffee ein und fragte: „Ja und?“
„Mehr fällt dir dazu nicht ein? Das ist doch dein Bruder, oder?“ Hatte sie sich geirrt? Wahrscheinlich. So desinteressiert hätte Khalis sonst nicht reagiert.
„Scheint so.“ Er setzte sich und trank seinen Kaffee. Äußerlich völlig ungerührt. Doch etwas verriet seine Anspannung: Er hielt die Tasse viel zu fest. Ein Wunder, dass sie nicht zerbrach. „Ich habe heute Morgen Einspruch gegen das Sorgerechtsurteil eingelegt“, wechselte er dann das Thema.
Grace hatte Mühe, seinem Gedankensprung zu folgen. „Ja?“
„Meine Rechtsberater sind der Meinung, dass der Richter seine Befugnisse missbraucht hat. Es gab nicht genug Beweise, um sein Urteil zu rechtfertigen. Es besteht die Aussicht, dass du das alleinige Sorgerecht erhältst.“
Natürlich erfüllte diese neue Hoffnung sie mit großer Freude, doch sie war nicht bereit, sich so leicht ablenken zu lassen. „Wechsel jetzt bitte nicht das Thema, Khalis.“
„Ich rede von deiner Tochter.“
„Und ich von deinem Bruder. Es scheint dich gar nicht zu überraschen, dass er am Leben ist. Du hast es schon gewusst, oder?“
Khalis wandte den Blick ab. „Er hat mich vor einigen Tagen angerufen.“
„Und was hat er gesagt?“
„Ich habe nicht richtig zugehört.“
„Warum nicht?“
„Weil er genauso tief wie mein Vater in illegale Geschäfte verstrickt war. Ich traue ihm nicht über den Weg und betrachte ihn als Feind.“
Forschend sah Grace ihn an. Da steckte doch mehr dahinter! Lag da Schmerz und Angst in seiner Miene? Er hat mir gestern Nacht geholfen, mich mit meiner unglücklichen Vergangenheit auseinanderzusetzen, jetzt werde ich ihm helfen, dachte sie entschlossen. „Könntest du nicht wenigstens mit ihm sprechen?“
„Wozu?“
„Vielleicht hat er sich geändert.“
Khalis lachte bitter. „Genau das hat er behauptet. Aber Menschen ändern sich nicht. Jedenfalls nicht grundlegend.“
Sie zuckte zusammen, als hätte er sie geschlagen. „Nein?“
„Du weißt, dass ich das nicht auf dich beziehe“, stieß er ärgerlich hervor.
„Ich sehe da aber keinen Unterschied.“
„Du siehst keinen Unterschied zwischen dir und meinem Bruder? Jetzt mach aber mal einen Punkt, Grace!“
„Wir haben beide Fehler gemacht, die wir bedauern.“
„Das kann man doch nicht vergleichen. Du hast einen einzigen Fehler gemacht, den du bitter bereust. Ammars Fehler dagegen lassen sich gar nicht mehr zählen.“
Ein kalter Schauer lief Grace über den Rücken. „Einen Fehler kannst du also verzeihen. Aber dann wird es kritisch?“
„Du drehst mir die Worte im Mund um.“
„Ich verstehe einfach nicht, warum du nicht wenigstens mit ihm reden kannst.“
„Weil ich es nicht will“, erklärte
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