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Gestrandet: Ein Sylt-Krimi (German Edition)

Gestrandet: Ein Sylt-Krimi (German Edition)

Titel: Gestrandet: Ein Sylt-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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Positur. »Ich habe gerade einen bekannten Schauspieler besucht. Einen Prominenten! Einen Star! Wenn ich das Signora Abrami erzähle! Die war einmal in Rom und hat erst den Papst von Weitem und dann Mario Adorf aus der Nähe gesehen. Madonna! Seit drei Jahren redet sie von nichts anderem, dabei hat sie weder mit dem Papst noch mit Mario Adorf ein Wort gewechselt!«
    Fietje wurde ernst und sah wieder in sein Glas. »Sie waren bei Severin Dogas?«
    »Sì! Und er hat sich sehr über meinen Besuch gefreut. Valerie Feddersen wollte mich erst nicht zu ihm lassen. Ich musste ihr lange zureden, dann hat sie mich endlich angemeldet. Und als der Star hörte, dass ich ihm etwas zurückgeben wolle, was seiner verstorbenen Frau gehört hat, wollte er mich unbedingt sehen!« Sie winkte Tove zu, was der ganz richtig als die Bestellung eines doppelten Espresso verstand. »Niemand darf erfahren, wo er abgestiegen ist.« Sie sah sich um und flüsterte, damit der Gast, der sich gerade für einen Eistee entschied, nichts mitbekam. »Wäre ich nicht die Schwiegermutter des Hauptkommissars, hätte er mich niemals empfangen.«
    Obwohl sich bald herausgestellt hatte, dass Severin Dogas weniger an ihr als vielmehr an dem interessiert war, was sie ihm von den letzten Stunden seiner Frau erzählen konnte, glaubte Mamma Carlotta trotzdem, dass ihr Charme und die Erinnerungen an ihre Kochkünste ihr zu diesem Privileg verholfen hatten.
    Die Idee, ihn aufzusuchen, war ihr gekommen, als sie zufällig das silberne Rechteck wiedergefunden hatte. Fietjes eindringlicher Rat war ihr in diesem Augenblick eingefallen: Beinahe wie eine Bitte hatte er geklungen, wie ein dringender Wunsch. Wollte Fietje ein Geheimnis ans Tageslicht holen, ohne es selbst verraten zu müssen? Als Mamma Carlotta dieser Gedanke gekommen war, gab es kein Halten mehr. Ja, sie musste es tun! Fietje zuliebe, Donata zuliebe und auch ein bisschen für sich selbst. Signora Abrami konnte demnächst mit ihren Schilderungen vom Papst und von Mario Adorf einpacken, wenn Mamma Carlotta auf dem Dorfplatz erzählte, dass sie lange und ausgiebig mit einem prominenten deutschen Schauspieler geplaudert hatte.
    Sie flüsterte vor sich hin, was Fietje ihr gesagt hatte. »Finden Sie nicht, dass Sie dem Witwer das silberne Rechteck zurückgeben sollten?« Lange hatte er sie angesehen, so lange, wie er es sonst nie tat. Das musste einen guten Grund haben.
    Doch Severin Dogas hatte das silberne Rechteck gleichgültig entgegengenommen und nur einen kurzen Blick darauf geworfen. »Hat meine Frau Ihnen verraten, warum sie in das Haus der Toten einsteigen wollte?«
    »Nein.«
    »Hat sie von mir gesprochen?«
    »Nur, dass Sie wenig Zeit haben.«
    »Und von meinem Sohn?«
    »Von dem Unglück im Montblanc-Tunnel hat sie mir erzählt. Dass er verhaftet werden sollte, hat sie nicht erwähnt.«
    »Und sie hat Ihnen auch nicht verraten, warum sie Magdalena Feddersen besuchen wollte?«
    »Eine alte Bekanntschaft, hat sie gesagt. Es ist doch schön, eine Jugendfreundin wiederzutreffen.« Mamma Carlotta zog den Gero-Fürst-Roman hervor, den Donata ihr geliehen hatte, und reichte ihn Severin Dogas. »Das Buch wollen Sie doch bestimmt auch zurückhaben?«
    »Ach so, ja.« Severin Dogas legte es achtlos auf seinen Nachttisch. Dann warf er noch einen Blick auf das silberne Rechteck und gab es Mamma Carlotta zurück. »Das gehört nicht Donata.«
    Mamma Carlotta sah ihn verblüfft an. »Aber es muss zu ihrem Armband gehören.«
    »Nein!« Dogas’ Stimme wurde bereits ungeduldig. »Form und Größe sind ähnlich, das stimmt. Aber ihr Armband ist unversehrt. Ich werde dafür sorgen, dass meine Frau es trägt, wenn sie beigesetzt wird. Es hat ihr sehr viel bedeutet.« Dogas’ Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. »Wo haben Sie das silberne Rechteck gefunden?«
    »Ich habe es gar nicht gefunden«, antwortete Carlotta schnell. »Ein Freund hat es mir gegeben.«
    Severin Dogas stand auf. »Danke für das Buch.«
    Mamma Carlotta konnte sich nichts mehr vormachen. An einer Plauderei, auf die sie gehofft hatte, war der Star nicht interessiert. Er hatte ihr Fragen gestellt, auf die sie keine interessanten Antworten gegeben hatte, also erklärte er die Audienz für beendet. Sie steckte das silberne Rechteck ein. »Wenn das so ist …«
    Er rang sich ein Lächeln ab und öffnete ihr die Tür. »Schönen Gruß an den Hauptkommissar.«
    Tove war von Mamma Carlottas Bericht nicht halb so beeindruckt, wie sie gehofft hatte.

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