Gestrandet: Ein Sylt-Krimi (German Edition)
Kurt Fehring gemacht haben? So etwas Dummes habe ich ja noch nie gehört. Warum soll eine Frau, die sich bisher nie etwas zuschulden kommen ließ, plötzlich in Ganovenkreisen verkehren?« Er blieb plötzlich stehen, die Hand auf der Klinke der Tür, die ins Revierzimmer führte. »Sie kannte den Namen des Diebes nicht einmal. Ich erinnere mich, dass sie mich nach ihm gefragt hat. Sie hatte Angst, ihm auf Sylt zu begegnen, und hätte gern von mir gehört, dass er hinter Schloss und Riegel sitzt.«
Nun riss er die Tür so heftig auf, dass Rudi Engdahl, der in der Nähe saß, zusammenzuckte.
»Valerie Feddersen, die mit meiner Frau befreundet war, soll einen Mord eiskalt geplant haben? Und einen zweiten gleich dazu? Ich kenne diese Frau seit Jahren! Wo ist eigentlich Ihr kriminalistischer Spürsinn geblieben, Sören?«
Rudi Engdahl stand auf und ging zum Faxgerät. »Die Münchner Kollegen haben ein Fax angekündigt.«
Erik blieb wie angewurzelt stehen. »Haben die was gefunden?«
»Angeblich deutet nichts darauf hin, dass Severin Dogas etwas mit den beiden Morden zu tun hat. Und Hinweise auf seinen Sohn sind auch keine entdeckt worden.« Engdahl zuckte mit den Schultern. »Es gibt nur einen einzigen Hinweis darauf, dass sich die beiden Opfer gekannt haben.«
»Wir können jedes Indiz gebrauchen, solange der Mörder nicht geständig ist.« Erik ging in sein Büro, ließ aber die Tür geöffnet. »Was ist das für ein Hinweis?«
Engdahl ging zum Faxgerät und stellte sich wartend daneben. »Das Fax muss jeden Augenblick kommen. Der Flyer irgendeiner Organisation, auf der die Telefonnummer des ersten Mordopfers steht.«
In diesem Moment begann das Faxgerät zu surren, ein Blatt Papier wurde eingezogen.
»Kann ja sein«, meinte Rudi Engdahl, »dass dieser Flyer völlig ohne Bedeutung ist. Manche Leute notieren sich eine Telefonnummer, die ihnen durchgegeben wird, auf einem Stück Einwickelpapier, wenn sie gerade nichts anderes zur Hand haben.«
Das Faxgerät spuckte ein Blatt aus, das Rudi Engdahl quer in die Hände nahm. Wenig später kam ein zweites Blatt zum Vorschein, die Rückseite des Flyers.
»Kinder + kinder«, murmelte Rudi Engdahl. »Einmal groß, einmal klein geschrieben.« Er sah Erik an. »Können Sie was damit anfangen?«
Erik nickte. »Große Kinder, kleine Kinder! Das ist eine Organisation, die sich für sehr junge Mütter einsetzt, für Mütter, die selber noch Kinder sind.« Er nahm die Faxblätter an sich und betrachtete sie eingehend. Grau gesprenkelt waren sie, ein Zeichen dafür, dass das Original farbig war. Der Flyer, den er auf Donata Zöllners Nachttisch gefunden hatte, war maisgelb gewesen. Wo hatte es einen weiteren Hinweis auf Kinder + kinder gegeben? Erik sah Sören fragend an.
Der wusste, was sein Chef hören wollte, noch ehe die Frage ausgesprochen wurde. »Kinder + kinder war die einzige gemeinnützige Organisation, die Magdalena Feddersen mit Spenden unterstützt hat. Vielleicht hat es ja einen Grund, dass uns der Name jetzt zum wiederholten Mal begegnet. Ich werde da vorsichtshalber mal anrufen.«
Carlotta Capella stieß mit großer Geste die Tür auf und rief so laut »Buongiorno!«, als wäre der Raum voller Menschen, gegen deren laute Stimmen sie sich durchsetzen musste. In Wirklichkeit gab es nur einen Gast, der vom Mittagsgeschäft übrig geblieben war und sich überlegte, ob ein weiterer Kaffee seiner Verdauung dienlich sein könnte. Außerdem Fietje, der zu sich nahm, was ihm zu jeder Tageszeit schmeckte – ein Jever.
Tove sah auf, seine Stirn war umwölkt, die Mundwinkel hingen herab. Er liebte keine Kaffeegäste, die in seinem Imbiss frischen Käsekuchen erwarteten und mit dem Schmalzgebäck vom Vortag nicht zufrieden waren. Auch für die jüngsten Kunden, die ihm ein paar Cents für ein Eis am Stiel und dazu jede Menge Sand ins Haus trugen, hatte er nicht viel übrig. Als er aber Mamma Carlotta erkannte, hoben sich seine Mundwinkel, und seine Stirn glättete sich. »Moin, Signora! Sie sehen aus, als hätten Sie was erlebt!«
»Habe ich auch!« Mamma Carlotta sah Fietje unsicher an, der den Blick nicht aus seinem Jever nahm. Dennoch entschloss sie sich, neben ihm Platz zu nehmen. Und als sie auf dem Barhocker thronte, strahlte sie Fietje so lange an, bis der endlich die Nase aus dem Glas nahm und ebenfalls lächelte.
»Denn man tau«, sagte Tove. »Wetten, dass Sie hier sind, um uns alles haarklein zu erzählen?«
»Certo!« Mamma Carlotta setzte sich in
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