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Gesucht wird Charity

Gesucht wird Charity

Titel: Gesucht wird Charity Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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geben.
    »Claudia hat mir gestern abend von Charitys Hippyfreund erzählt«, sagte ich beiläufig. »Johnny Legarto ?«
    »Gespenstisch!«
    »Die beiden trugen zerrissene
Baumwollkleider und Perlenketten?«
    Sie nickte. »Gespenstisch, wie
gesagt.«
    »Glaubst du, er war eine Art
Transvestit?« bohrte ich weiter.
    »Nein, das hat nur zur
Hippieaufmachung gehört. Er wollte den Konventionen eine lange Nase machen. Er
wollte zum sichtbaren Protest gegenüber der Spießerwelt beitragen.« Sie legte
ihre Gabel auf den leeren Teller. »Woher dieses plötzliche Interesse an Johnny Legarto , Rick?«
    »Wenn wir ihn fänden, würden
wir vielleicht auch Charity finden?« sagte ich.
    »Das Bel-Air-Haus war zu
spießig für ihn, und ich vermute, er fand, Charity wurde unter dem Einfluß dieses Hauses und ihres Vaters ebenfalls zu spießig für
ihn. Deshalb haute er ja wohl auch stillschweigend in der Nacht ab.«
    »Weißt du, warum Charity sich plötzlich entschloß, ihre jährliche
Verabredung mit ihrem Vater einzuhalten?«
    »Schwer zu sagen. Sie ist ein
neurotisches Mädchen. Vielleicht kam sie zu dem Schluß, sie bräuchte Hilfe und
ihr Vater könne ihr die am besten zukommen lassen?«
    »Es muß übel gewesen sein,
Hilfe bei einer ganzen Rotte notorischer Lügner suchen zu müssen«, sagte ich
langsam.
    »Wen meinst du damit?«
    »Ihre Eltern, Claudia und
dich.«
    »Wie kommst du darauf, daß ich
eine >notorische Lügnerin< bin?«
    »Wegen all der notorischen
Lügen, die du mir erzählt hast«, sagte ich. »Und dasselbe gilt für die
anderen.«
    Ihre grauen Augen waren kalt.
»Ich glaube nicht, daß mir das gefällt, Rick Holman .«
    »Es ist eine Gewohnheit, die
man schlecht loswird.« Ich zuckte die Schultern. Wenn du fertiggegessen hast,
wo sollen wir dann deiner Ansicht nach Danny Malone suchen?«
    »Das hier ist der einzige Ort,
an dem ich nach ihm gesucht hätte, und er ist offensichtlich nicht hier«, sagte
sie selbstzufrieden. »Du bist der Meisterdetektiv, denk dir also etwas aus.«
    »Diese >Zuflucht<« sagte
ich. »Die Klapsmühle. Weißt du, wo sie liegt?«
    »Ja, ich weiß, wo sie ist —
oder — nein, ich habe keine Ahnung, wo sie ist«, fauchte sie.
    »Was, zum Teufel, soll das
heißen?«
    Sie lächelte aufreizend. »Eine
dieser Behauptungen muß eine Lüge sein, oder nicht? Komm selbst dahinter, was
stimmt.«
    »Glaub’ bloß nicht, daß ich
keine Frau schlage, denn ich werde es tun«, drohte ich ihr.
    »Ich weiß, wo sie liegt«, sagte
sie steif. »Willst du jetzt gleich wegfahren?«
    »Warum nicht?«
    »Ich muß zuerst einem
menschlichen Bedürfnis Genüge leisten.«
    »Das ist ein Pfad, der zu einem
Häuschen, ungefähr zehn Meter von der Hütte entfernt, führt«, sagte ich.
    »Danke.«
    Ich wartete, bis sie die Tür
der Hütte erreicht hatte und sagte dann: »Wenn du etwas brauchst, schrei
einfach.«
    Sie zog die Brauen zusammen.
»Soll das ein Witz sein?«
    »Es war ein ernsthaftes
Angebot«, sagte ich.
    Sie rollte die Augen, zuckte
hilflos die Schultern und trat in die Morgensonne hinaus. Ich zündete mir noch
eine Zigarette an und wartete darauf, sie schreien zu hören. Wenn sie keine
solche Lügnerin gewesen wäre, hätte ich mich nicht so verhalten, dachte ich zu
meiner eigenen Entschuldigung. Aber vielleicht begann eine Lügnerin, die
plötzlich mit einer Leiche konfrontiert wurde, anschließend die Wahrheit zu
erzählen? Ich wartete, wie mir schien, lange Zeit, und es erfolgte kein Schrei.
Vielleicht war sie beim Anblick des Toten bewußtlos geworden, überlegte ich, und vielleicht sollte ich das herausfinden.
    Das nackte Bein ragte nach wie
vor unter dem Busch hervor, aber nirgendwo daneben lag eine bewußtlose ausgestreckte Sarah. Ich klopfte diskret an die Tür des Häuschens, erhielt
jedoch keine Antwort. Ich öffnete und stellte fest, daß das Innere leer war.
Sie kann sich doch nicht einfach in Luft aufgelöst haben, dachte ich und
spürte, wie sich mein Nackenhaar aufs unangenehmste sträubte. Vielleicht war
sie in Panik geraten und in den Wald gestürmt? Ich hätte zwei Tage unter den
großen Bäumen umherwandern können, ohne sie zu finden. Verschiedene Male rief
ich ihren Namen, und ein paar Blätter flüsterten eine nahezu lautlose Antwort.
    Wieder in der Hütte angekommen,
entschied ich, daß mir nichts weiter übrigblieb, als zu warten und zu sehen, ob
sie zurückkam. Ich bereitete mir eine frische Kanne Kaffee, um mir die Zeit zu
vertreiben, und rauchte hintereinander ein halbes

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