Geteilter Tod - Norman, H: Geteilter Tod - Caged
bleiben.«
»Warum?« Martinez verspürte einen stechenden Schmerz des Unbehagens.
Sie sah den Ausdruck auf seinem Gesicht. »Schau mich nicht so an, Al.«
Unmittelbar vor der Ausfahrt hielt er den Wagen an. »Du hast dich doch wieder anders entschieden?«
»Nein«, erwiderte sie. »Ganz im Gegenteil.«
»Warum willst du dann nicht mit mir zusammen sein? Ausgerechnet heute Nacht nicht?«
Sie überlegte, suchte die richtigen Worte.
»Für dich ist es vielleicht nicht so leicht zu verstehen«, sagte sie schließlich. »Weil du ein Mann bist. Und du bist auch schon etwas älter. Und wir wissen beide, dass du viel mehr Erfahrung hast als ich.«
»Ich habe noch nie eine Frau gefragt, ob sie mich heiraten will«, gab Martinez zurück.
»Und mir hat noch nie ein Mann einen Heiratsantrag gemacht«, sagte Jessica.
»Wirklich nicht?«
»Bei so etwas würde ich nicht lügen«, sagte sie ernst. »Für mich ist es das Wichtigste im Leben, und ich weiß nicht warum, aber ich fühle mich jetzt irgendwie ... altmodisch, würde ich sagen.«
Eine Autohupe dröhnte hinter ihnen. Als Martinez in den Innenspiegel blickte, erkannte er die beiden jungen Männer wieder, die sie gerade erst so angestarrt hatten. Aber jetzt war Martinez ihnen gegenüber nicht mehr so wohlwollend gesinnt. Wenn sie es noch einmal machten, nur noch ein einziges Mal ...
»Deshalb möchte ich allein nach Hause«, fuhr Jessica fort. »Weil ich es ganz für mich allein genießen will, dass der Mann, nach dem ich verrückt bin, mich gebeten hat, seine Frau zu werden. Ich möchte in meinem Bett liegen und an dich denken und daran, wie alles werden wird.«
Die Autohupe dröhnte erneut, aber Martinez' Aggression hatte sich bereits wieder verflüchtigt, und so hob er entschuldigend die Hand und fuhr auf die Straße.
»Okay«, sagte er und wusste, dass es wirklich okay war, dass er es am Ende doch nicht versaut hatte, und dass alles schöner als schön werden würde.
»Ergibt das einen Sinn für dich, Al?«, fragte Jessica.
Er warf ihr von der Seite einen kurzen Blick zu, sah, wie sie ihn anschaute, sah die Liebe in ihren Augen.
»Allen Sinn der Welt«, erwiderte er.
16
»Du bist viel zu müde, um noch zu fahren«, sagte André zu Elizabeth, die gerade ihre Unterlagen in ihren Aktenkoffer packte, um sich auf den Weg zu machen. Er unterdrückte ein Gähnen. »Ich auch, wie mir scheint.«
»Das wird schon alles klappen«, ließ Elizabeth sich nicht beirren, »ich muss jetzt nur sofort losfahren.«
»Und was, wenn wir jetzt einfach schlafen gehen und uns den Wecker so zeitig stellen, dass du morgen früh noch rasch nach Hause fahren und deine Bluse bügeln kannst?«
»Ich habe keine saubere Bluse, die ich bügeln könnte.«
André wusste, dass es sinnlos war, mit Elizabeth zu streiten. Und die Strecke zu ihrem Haus, das sich in einer sicheren Gegend befand, war einfach zu fahren. Außerdem hatte er heute Abend gar nicht mehr die Kraft zu streiten; er fühlte sich, als würde er jeden Moment vor Müdigkeit umfallen. Also begleitete er Elizabeth nach unten in die Tiefgarage zu ihrem Honda, denn er benahm sich gern wie ein Gentleman, und Elizabeth war für ihn das Kostbarste auf der Welt.
»Du bist mein Ein und Alles«, sagte er nach einem letzten Kuss und lehnte sich dabei gegen ihren Wagen.
»Und du bist mein Ein und Alles«, erwiderte sie.
Und das meinte sie auch so, von ganzem Herzen - oder zumindest mit dem Teil ihres Herzens, der nicht auf ihre Karriere ausgerichtet war.
Sie wusste, dass sie nie wieder einen Mann wie André finden würde und dass sie wie füreinander geschaffen waren.
Das perfekte Paar.
17
Vor acht Monaten, als Martinez das schmucke, kleine, einstöckige Haus auf der Alton Road in Höhe der Siebenundvierzigsten Straße gefunden hatte, das die Bank vom Vorbesitzer konfisziert hatte, war ihm zunächst überhaupt nicht wohl bei dem Gedanken gewesen, sich einen Grundbesitz an den Hals zu hängen; er war ja nicht nur ein entschiedener Junggeselle, er war außerdem Detective mit wenig beruflichen Hoffnungen und fast ebenso wenig Ehrgeiz, jemals groß befördert zu werden. Und abgesehen von gelegentlichen Anflügen von Einsamkeit hatte er das Leben, das er jetzt führte, eigentlich auch immer geliebt; deshalb hatte er sich im Zuge der Verhandlungen plötzlich gefragt, warum er mit fünfundvierzig einen solchen Schritt machte. Ein Dach, das instand gehalten werden musste, eigene Fenster, die mit Brettern vor Hurrikans geschützt
Weitere Kostenlose Bücher