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Getrieben - Durch ewige Nacht

Getrieben - Durch ewige Nacht

Titel: Getrieben - Durch ewige Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Rossi
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Minuten zuvor nur knapp zwei Meter hoch gewesen waren, türmten sich jetzt zu gewaltigen Wellenbergen auf und ergossen sich über die Mole.
    »Großvater!« Willow schrie plötzlich auf, als spürte sie, was als Nächstes passieren würde.
    Old Will verschwand unter der Wasseroberfläche.
    Perry überwand die Entfernung zwischen sich und Wylan in vier Sprüngen und ergriff das Seil. Hinter ihm brüllten Gren und Reef »Nein!«, als er sich auch schon von den Felsen abstieß und ins Wasser sprang.
    Die Stille unter Wasser traf ihn wie ein Schock. Perry wickelte sich das Ende des Seils fest um die Hand und stieß sich von der Mole ab. Sein Fuß trat gegen etwas Hartes – eine Planke? Ein Felsen? –, als er auftauchte. Wellen türmten sich zu hohen Wänden um ihn herum auf. Er sah nichts als Wasser, bis er aus dem Wellental in die Höhe getragen wurde. Sein Magen drehte sich um, als er aufstieg, und dann war er auf dem Wellenkamm und konnte die Felsen sehen, auf denen er eben noch gestanden hatte. Nur wenige Sekunden waren vergangen, aber er befand sich nicht einmal in der Nähe der Stelle, die er angesteuert hatte.
    Perry schwamm in die Richtung, wo er Old Will zum letzten Mal gesehen hatte. Die Strömung war unglaublich stark und zog ihn zurück zur Mole. Dann bemerkte er eine Bewegung im Wasser. Flea paddelte ungefähr zwanzig Meter vor ihm. Old Will schlug um sich, ohne sich vom Fleck zu bewegen, und sein silbernes Haar ließ sich kaum von der aufgepeitschten Gischt unterscheiden.
    Die Haut des Fischers war gespenstisch weiß, als Perry ihn erreichte. »Halt durch, Will!« Perry band ihm das Seil um den Leib. »Los!«, brüllte er Richtung Ufer und winkte mit den Armen.
    Sekunden vergingen, bis die Fasern des Seils in seinen Händen sich spannten. Aber er wurde nur kaum merklich vorwärtsgezogen. Nach einem weiteren Ruck musste er einsehen, dass sie beide zu schwer für Wylan waren. Perry konnte einen weiteren Blick auf die Mole werfen und sah die Granitfelsen weiß aufblitzen. Der Äthersturm näherte sich unaufhaltsam.
    Perry ließ die Leine los, und Old Will glitt über die Wellen davon. Sofort schwamm Perry hinter ihm her und forderte dabei immer mehr von seinen müden Muskeln. Jeder Zug war unendlich anstrengend. Er hörte die Rufe von Reef und Gren, als er sich der Mole näherte. Er trieb sich an. Reckte den Kopf durch die peitschende Gischt nach oben. Nur noch ein paar Meter.
    Plötzlich packte ihn ein Wirbel wie ein Haken und zog ihn wieder hinaus in das offene, aufgewühlte Wasser. Genauso plötzlich änderte die Strömung ihre Richtung und trug ihn mit rasender Geschwindigkeit wieder zur Mole. Schützend riss Perry die Hände über den Kopf und zog die Beine an. Im nächsten Moment traf er hart mit den Füßen auf, wurde auf die Seite geworfen und krachte in die Felsen.
    Ein heißer Schmerz durchbohrte ihn. Ein Knacken. Zuerst im Rücken, dann überall. Schließlich ballte sich der Schmerz in seiner rechten Schulter. Als er den Arm nach oben streckte, musste er feststellen, dass er seinen Körper nicht mehr koordinieren konnte. Die Schulter ragte in die falsche Richtung, war ausgekugelt.
    Das konnte alles nicht wahr sein. Mühsam schwamm er mit dem unverletzten Arm weiter und holte noch mehr aus seinen Beinen heraus, aber jede Bewegung fuhr ihm wie ein Messerstich in die verletzte Schulter. Durch die Brandung konnte er erneut die Mole sehen. Bear und Wylan zogen gemeinsam an dem Seil und brachten Old Will ans Ufer. Willow und Flea standen zitternd und triefnass hinter ihnen. Reef und Gren hockten auf den Felsen, riefen ihm Anweisungen zu und hielten sich bereit, ihn aus dem Wasser zu ziehen. Perry versuchte, schneller mit den Beinen zu treten, aber sie gehorchten ihm nicht, bewegten sich nicht so, wie er wollte. Er hustete und spuckte Meerwasser, bekam keine Luft mehr.
    Es gab nur eine Möglichkeit. Er hörte auf zu schwimmen und tauchte unter. Dann umfasste er sein Handgelenk und nahm sämtlichen Mut zusammen, bevor er es mit einem Ruck auf die andere Seite seines Körpers zog. Rote Punkte zerbarsten vor seinen Augen. Es war, als reiße er sich selbst die Muskeln ab: Der Schmerz in seiner Schulter glich einer Explosion, aber das Gelenk sprang nicht wieder zurück. Dann ließ er seinen Arm los, konnte es nicht noch einmal versuchen, denn er war sich sicher, dass er dabei ohnmächtig würde.
    Völlig außer Atem drang er durch das aufgewühlte Wasser nach oben. Er strampelte schneller, suchte die

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