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Getrieben: Thriller (German Edition)

Getrieben: Thriller (German Edition)

Titel: Getrieben: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher REICH
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Tag erwartete er einen Gast, und das war eine Seltenheit, besonders, weil er aus Europa kam. Vergnügt pfiff er den »Colonel Bogey March« vor sich hin und wirkte ganz und gar nicht wie ein Mann, dessen Leben in Kürze enden würde.
    In etwa einem halben Meter Abstand folgte ihm Mr. Singh. Seine Schritte waren sogar noch fester und entschiedener als die von Balfour. In seinen Händen hielt er keinen Becher mit Tee oder eine Ledergerte, sondern eine Kalaschnikow mit extralangem Magazin. Er trug seine übliche Arbeitskleidung: einen weißen Salwar Kameez mit dem Turban der Sikh. Anstatt ein fröhliches Lied zu pfeifen, hatte er sein Gesicht zu einer Grimasse verzogen. Jeden, der es gewagt hätte, ihm die Haare zu kämmen oder den Bart zu glätten, hätte Mr. Singh auf der Stelle umgebracht.
    Auf dem Parkplatz standen die Range Rovers zum morgendlichen Wachsen und Polieren nebeneinander aufgereiht. Mit ihrem in der Morgensonne glänzenden weißen Lack wirkten sie wie ein Kampfgeschwader. Eine Gruppe junger Diener wartete ganz in der Nähe auf Balfours Anweisungen. Nachdem Balfour den Becher Tee an Mr. Singh weitergereicht hatte, begutachtete er mit stolz geschwellter Brust Wagen für Wagen und deutete auf die Stellen, die beim Polieren übersehen worden waren. Als er einen nicht wegpolierten Wasserfleck entdeckte, riss er dem zuständigen Jungen den Lederlappen aus der Hand und erledigte die Arbeit selbst. Zur Strafe für seine Nachlässigkeit erhielt der Junge mit der Ledergerte einen Schlag ins Gesicht.
    Auch die Fahrgastzellen nahm Balfour genau unter die Lupe. In einem der Wagen fand er Politurflecken auf dem Rücksitz, in einem anderen Aschereste im Aschenbecher. Nichts entging seinen Argusaugen. Nur so konnte er sichergehen, dass das Personal immer auf Zack war. Noch zweimal holte er mit der Gerte aus und erteilte den Schuldigen eine schmerzhafte Lektion.
    Als die Inspektion abgeschlossen war, rief Balfour den Aufseher der Truppe zu sich. »Sieh dich vor«, sagte er zu dem jungen Pakistani. »Eure Arbeit war alles andere als zufriedenstellend. Ihr könnt euch glücklich schätzen, dass ich euch die Wagen nicht noch einmal putzen lasse. Beim nächsten Mal erwarte ich eine deutliche Steigerung eurer Leistung.« Drohend hob er den Arm mit der Gerte, doch dann verzogen sich seine Lippen zu einem breiten Grinsen. Ehe der verdutzte Junge wusste, wie ihm geschah, hatte ihm Balfour einen 100-Dollar-Schein in die Hand gedrückt. Nach einer tiefen Verbeugung stammelte der Aufseher die Worte, die ihm eingebläut worden waren: »Ergebensten Dank, Mylord.«
    Nur Balfour wusste, dass es kein nächstes Mal geben würde. In zwei Tagen schlug Lord Balfours letztes Stündlein.
    Balfour verließ den Parkplatz und überquerte auf dem Weg zu den Pferdeställen eine Wiese von der Größe eines Cricketfelds, die er auf den Namen Runnymede getauft hatte. Er besaß zurzeit zwölf Pferde: sechs Araber, die für seinen Geschmack etwas zu launisch und schreckhaft waren, zwei Hannoveraner, drei belgische Warmblüter und sein persönliches Lieblingspferd, ein geschecktes Quarterhorse mit Namen Sundance, das er vor sechs Jahren vom hiesigen CIA-Residenten als Dank dafür erhalten hatte, dass er den Nachschub für die US-Soldaten von Kasachstan nach Bagram brachte. Die Stallknechte führten Sundance auf der großen Reitbahn an der Longe, und Balfour bewunderte den prächtigen Wallach vom Zaun aus.
    »Möchten Sie heute Morgen ausreiten, Mylord?«, erkundigte sich einer der Stallknechte.
    »Heute nicht«, erwiderte Balfour. »Aber ich erwarte einen Gast, der ein erfahrener Reiter ist. Sorg dafür, dass Inferno morgen um Punkt zehn gesattelt und gezäumt für einen kurzen Querfeldeinritt bereitsteht.«
    Inferno war ein Hannoveraner Schlachtross und der einzige Hengst im Stall.
    Balfour drehte eine Runde durch den Stall und strich seinen Lieblingen zärtlich über die Nüstern. In etwa einem Monat, wenn die Behörden die Suche nach ihm aufgegeben und ihn für tot erklärt hätten, würden die Pferde zu verschiedenen Anwesen von pakistanischen Generälen gebracht, mit denen er ein Abkommen getroffen hatte. Er würde jedes einzelne von ihnen schmerzlich vermissen.
    Als er einen Blick zurück in Richtung Wiese warf, entdeckte er die Mädchen, die von ihrer morgendlichen Joggingrunde zurückkehrten. An der Spitze liefen die Amerikanerinnen, Kelly und Robin, gefolgt von Anisa, Ochsana und Greta. Das Schlusslicht bildete wie immer Petra, die einstige

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