Getrieben: Thriller (German Edition)
sagte Jonathan. »Das regt die Blutzirkulation an.«
»Ja, klingt irgendwie bekannt.«
Der Mann öffnete die Mappe und zog einen Notizblock und einige Papiere heraus, die er ordentlich vor sich auf dem Tisch arrangierte wie ein Beamter seine Formulare. Doch Jonathan ließ sich davon nicht täuschen. Wer auch immer dieser Mann sein mochte, ein gewöhnlicher Beamter war er nicht.
»Sie haben ja ganz schön was mitgemacht in der letzten Zeit«, fuhr der Mann fort. »Alles in Ordnung so weit?«
»Bei mir schon. Die anderen hatten nicht ganz so viel Glück.«
»Wären Sie so nett, mir die Ereignisse noch einmal genau zu schildern?«
»Wären Sie so nett, mir zu verraten, wer Sie eigentlich sind?«
»Was sollte das bringen? Sie wüssten ja nicht einmal, ob ich Ihnen meinen richtigen Namen nenne.«
»Sie sind Connor.«
Der Mann blickte ihn mit einem Ausdruck im Gesicht an, der bedeuten konnte, dass Jonathans Frage ihn entweder überraschte oder verwirrte. »Hat Emma Ihnen von mir erzählt?«
»Sie hat vielleicht beiläufig in London Ihren Namen erwähnt. Ich glaube, sie sagte, dass Sie ein richtiges Arschloch sind. Nachdem ich Sie gesehen habe, war es nicht schwer, mir den Rest zusammenzureimen.«
Jonathans Worte schienen Connor zu amüsieren. »Hat sie Ihnen noch mehr verraten?«
»Nur dass Sie hinter einem Mordanschlag auf Emma in Rom stecken.«
»Dass Sie verärgert sind, kann ich gut verstehen. Das würde wohl jedem so gehen, der unwissentlich manipuliert und getäuscht worden ist.«
»Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass Sie einen Mann beauftragt haben, meiner Frau ein Messer in den Rücken zu stoßen.«
»Darüber unterhalten wir uns später«, entgegnete Connor scharf. Der freundliche Ton war aus seiner Stimme verschwunden, und Jonathan merkte zum ersten Mal, dass er eine Respektsperson vor sich hatte. »Nehmen Sie Platz, Dr. Ransom. Ich bin nicht elftausend Kilometer weit geflogen, um Ihnen die Hand zu schütteln, anerkennend auf die Schulter zu klopfen und Ihnen einen Kuss auf die Wange zu drücken, weil Sie Ihrem Land so treu gedient haben. Wir beide haben ein paar wichtige Dinge miteinander zu besprechen.«
Jonathan folgte der Aufforderung und setzte sich. »Reichen Ihnen die acht Jahre noch immer nicht? Ich dachte, ich hätte meine Pflicht und Schuldigkeit getan.«
»Glauben Sie mir, wir sind Ihnen für Ihre Hilfe wirklich mehr als dankbar. Vor allem für Ihren Einsatz in der Schweiz. Das gilt ganz besonders für mich. Wenn es Sie tröstet, entschuldige ich mich gern in aller Form dafür, dass wir Sie erneut mit hineinziehen mussten. Mir ist durchaus bewusst, dass Sie nach Afghanistan gegangen sind, um all das hinter sich zu lassen.«
»Ich bin nach Afghanistan gegangen, um das zu tun, was ich am besten kann.«
»Nach dem zu urteilen, was mir über Ihr heroisches Verhalten in Tora Bora zu Ohren gekommen ist, sollten Sie vielleicht noch mal darüber nachdenken, wo Ihre wahren Fähigkeiten liegen.«
»Ich habe nur getan, was jeder in dieser Situation getan hätte.«
»Nicht viele Menschen hätten unter schwerem Beschuss für einen schwerverwundeten Soldaten das eigene Leben riskiert. In unserem Land erhält man für so etwas sogar die Tapferkeitsmedaille.«
»Darauf kann ich dankend verzichten.«
»Das weiß ich. Von mir würden Sie auch gar keine Medaille bekommen. Nur zu Ihrer Information, Dr. Ransom, der Mann, den wir dank Ihrer Hilfe eliminieren konnten, Abdul Haq, war ein richtiger Dreckskerl. Wir hatten bereits viele Monate lang vergeblich an ihn heranzukommen versucht. Mit Drohnen, Informanten und Kopfgeld. Alles vergebens. Dann erfuhren wir, dass er schwer erkrankt war, und wussten, dass das unsere Chance ist. Wie der Zufall so spielt, waren Sie gerade in Reichweite. Was hätten Sie denn an unserer Stelle gemacht?«
»Also so einfach läuft das Ganze? Und ich werde nicht mal gefragt?«
»Nein, Dr. Ransom. Manchmal lassen Ihnen andere eben einfach keine Wahl. Ist das Leben nicht hart und ungerecht?«
»Und Hamid?«
»Hamid war einer von uns. Er ist in Kabul aufgewachsen und anschließend nach San Francisco emigriert. Dort ist er zur Armee gegangen, um seinem Land zu dienen.«
»Haben Sie ihn bei der Armee angeworben?«
»Hamid war für uns ein Glücksfall, weil er eine außergewöhnliche Begabung hatte. Außerdem brauchte er uns so dringend wie wir ihn. Afghanistan ist ein besserer Ort ohne Mr. Abdul Haq.«
Jonathan setzte den Becher an die Lippen und trank ein paar
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