Getrieben: Thriller (German Edition)
mit der Hand über das weiche, glänzende Polster. Alcantara aus Spanien, eine Spezialausstattung für einundfünfzigtausend Dollar. Die gepanzerte Karosserie des Range Rovers und die V-12-Kompressormotoren für
zweihundertfünfundzwanzigtausend Dollar das Stück stammten von der Alpha Armouring Panzerung GmbH in München. Man würde ihm wohl kaum gestatten, den Wagen auf legalem Weg aus Pakistan auszuführen.
Zufällig fiel Balfours Blick auf sein Spiegelbild im Seitenfenster. Er hatte sich für das Treffen in Schale geworfen: Der Anzug war von Brioni, das ägyptische Baumwollhemd von Ascot Chang und die Krawatte von Hermès. Die Schuhe waren eine Maßanfertigung von John Lobb in London. Selbst seine Unterwäsche war maßgeschneidert: seidene Boxershorts mit Monogramm von Hanro aus der Schweiz.
Sein ausschweifendes Luxusleben hatte Balfour sich hart verdient. In seinem Job musste er ständig auf der Hut sein. Freunde hatte er nicht, nur Geschäftspartner, Kollegen und zahllose Untergebene. Balfour umgab sich gern mit schönen Frauen, aber misstraute ihnen schon aus Prinzip. Nur Luxusartikel boten dauerhafte Befriedigung und waren immer greifbar und spürbar. Außerdem riefen seine Schätze ihm ständig neu in Erinnerung, was er in seinem Leben alles erreicht hatte, denn Balfour hatte einmal gebratene Hähnchenleber auf der Straße verkauft.
Der Konvoi bog von der Autobahn auf eine schnurgerade zweispurige Straße in Richtung der sanft abfallenden Margalla-Hügel. Nach ein paar Kilometern kamen sie an eine Straßensperre. Die schwarz gekleideten Wachposten mit ihren Kevlarwesten und den MP-5s von Heckler & Koch eilten herbei, um die Schranke zu öffnen. Die Wagenkolonne setzte ihre Fahrt fort, ohne zu bremsen. Sie fuhren an einem Schild vorbei, auf dem in Urdu, Hindi und Englisch zu lesen stand: »Privatbesitz – Durchfahrt verboten«. Der darunter abgebildete Totenkopf sprach für sich. Entlang der zwei Kilometer langen schnurgeraden Straße waren Obstplantagen mit Apfel-, Orangen- und Mandelbäumen angelegt worden. Balfour öffnete das Seitenfenster und erfreute sich an dem süßen Duft der Früchte. Sein Wunsch, Pakistan auf dem schnellsten Weg zu verlassen, kam ihm plötzlich längst nicht mehr so dringend vor.
Ein Stück weiter vorn konnte er schon das imposante Tor zu seinem Anwesen erkennen. Ein Wachhäuschen, das mit den schwarz-weißen Diagonalstreifen denen vor dem Buckingham Palace zum Verwechseln ähnlich sah, stand neben dem Tor. Doch die davor postierte Wache hatte nichts mit der königlichen Garde der Queen gemein. Es war nur ein weiterer schwarz gekleideter Wachmann mit Maschinenpistole im Anschlag aus Balfours Privatarmee. Das kunstvoll verschnörkelte schmiedeeiserne Tor rollte zur Seite. Balfour grüßte den Wachposten mit der Hand, und dieser salutierte, so zackig er konnte.
Nach weiteren zwei Minuten erreichten sie den künstlich angelegten See. Ratternd fuhr der Autokonvoi über eine Holzbrücke. Die Wagen rollten über einen Kiesplatz, am Haupteingang vorbei und weiter bis zu den Pferdeställen auf der Rückseite des Haupthauses.
Nach dem Vorbild des großartigen Palasts des Duke of Marlborough in England hatte Balfour sein Herrenhaus in palladianischem Stil auf den Namen »Blenheim« getauft, und das zweitausend Quadratmeter große Blenheim von Balfour musste den Vergleich mit seinem Namensvetter durchaus nicht scheuen.
Mr. Medina wartete vor den Ställen neben einem schwarzen Hengst, der gerade gesattelt wurde. Er war ein schlanker, überaus pedantischer Mann mit einem Zwicker und aus der Stirn gekämmter Haartolle. Beeindruckt von Medinas geradezu fotografischem Gedächtnis und dessen Bereitschaft, rund um die Uhr zu arbeiten, hatte Balfour ihn schnell vom einfachen Buchhalter zu seinem Privatsekretär befördert.
Balfour ging geradewegs auf Mr. Medina zu und drückte ihm die Kopie der Waffenlieferung in die Hände. »Haben Sie der indischen Polizei diese Liste zukommen lassen?«
Mit zitternden Händen warf Medina einen Blick auf das Dokument und blickte sich dann nervös um. Ein paar Schritte hinter ihm stand Mr. Singh in einem makellosen weißen Anzug. Nur sein Turban war kastanienbraun. Medina nickte.
»Warum?«, wollte Balfour wissen.
»Ein Mann aus Delhi hat mich kontaktiert. Ein Polizist. Er hat mir Geld für die Liste angeboten. Ich bin Hindu. Ihr Angriff auf meine Landsleute war auch ein Angriff auf mich.«
Balfour nahm ihm die Liste aus der Hand. »Ich werde mich um
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