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Gevatter Tod

Gevatter Tod

Titel: Gevatter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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aller Gemütsruhe an den Mauern hoch.
    Mort und Keli saßen nebeneinander auf dem Bett, und zwischen ihnen stand die Lebensuhr. Die obere Hälfte enthielt keinen Sand mehr.
    Die geschlossene Tür filterte die Geräusche des allgemeinen Erwachens.
    »Ich verstehe das nicht«, sagte die Prinzessin nach einer Weile. »Bin ich nun tot oder nicht?«
    »Du solltest tot sein«, erwiderte Mort. »Ein Gebot des Schicksals oder was weiß ich. Die Theorie kenne ich nur in groben Zügen.«
    »Und du hättest mich umbringen müssen?«
    »Nein!« widersprach Mort entsetzt. »Ich meine, der Mörder hätte dich töten sollen. Ich habe es dir eben zu erklären versucht.«
    »Warum hast du ihn daran gehindert?«
    Mort musterte Keli verwirrt.
    » Wolltest du sterben?«
    »Natürlich nicht. Aber in diesem Zusammenhang scheinen persönliche Wünsche keine große Rolle zu spielen, oder? Ich gebe mir nur Mühe, vernünftig zu sein.«
    Mort starrte auf seine Knie. Schließlich stand er auf.
    »Ich muß jetzt los«, sagte er kühl.
    Er klappte die Sense zusammen, verstaute sie in der Scheide am Sattel und beobachtete das Fenster.
    »Du hast mein Zimmer auf recht ungewöhnliche Weise betreten«, stellte Keli fest. »Hör mal, als ich eben sagte…«
    »Kann man es öffnen?«
    »Nein. Für gewöhnlich benutzen Besucher die Tür. Ein Balkon säumt den Korridor… Aber dort wird man dich sehen!«
    Mort überhörte die letzten Worte, öffnete die Tür und führte Binky in den Flur. Keli folgte ihm hastig. Eine Zofe blieb jäh stehen, machte einen höflichen Knicks und runzelte andeutungsweise die Stirn, als ihr Gehirn klugerweise dem Anblick eines ziemlich großen Pferdes widerstand, das über den Teppich ging.
    Vom Balkon aus konnte man einen der Innenhöfe des Schlosses beobachten. Mort spähte über die Brüstung und schwang sich in den Sattel.
    »Gib auf den Herzog acht!« riet er Keli. »Er trachtet dir nach dem Leben.«
    »Mein Vater hat mich immer wieder vor ihm gewarnt«, erwiderte die Prinzessin. »Ich habe einen guten Vorschmecker.«
    »Du solltest dir auch einige gute Leibwächter zulegen«, schlug Mort vor. »Leider muß ich mich jetzt von dir verabschieden. Es warten noch einige wichtige Aufgaben auf mich.« Er versuchte, das richtige Maß an verletztem Stolz zum Ausdruck zu bringen, als er hinzufügte: »Leb wohl!«
    »Sehen wir uns wieder?« fragte Keli. »Die ganze Sache ist mir nach wie vor ein Rätsel, und ich möchte…«
    »Ich fürchte, eine neuerliche Begegnung wäre nicht unbedingt eine gute Idee«, sagte Mort düster. »Denk nur an meinen Beruf!« Er schnalzte mit der Zunge, und daraufhin stieß sich Binky ab. Der Hengst setzte über die Brüstung hinweg und trabte in den blauen Morgenhimmel.
    »Vielen Dank!« rief Keli dem Jungen nach.
    Die Zofe kämpfte vergeblich gegen ihr Unbehagen an und gewann immer mehr den Eindruck, daß irgend etwas nicht stimmte. »Fühlst du dich wohl, Herrin?«
    Keli musterte sie geistesabwesend.
    »Was?« fragte sie.
    »Nun, ich habe mich nur gefragt, ob… ob alles in Ordnung ist.«
    Keli ließ die Schultern hängen.
    »Nein«, entgegnete sie nach einigen Sekunden, »alles ist völlig verkehrt. In meinem Schlafzimmer liegt ein toter Attentäter. Könntest du bitte dafür sorgen, daß die Leiche weggeschafft wird?«
    Keli hob die Hand und kam einem Einwand zuvor. »Sag jetzt bitte nicht ›Tot, Herrin?‹ oder ›Attentäter, Herrin?‹ oder etwas in dieser Art. Schreie nützen ebenfalls recht wenig. Ich möchte nur, daß der Leichnam verschwindet, klar? Und zwar in aller Stille. Ich glaube, ich habe Kopfschmerzen. Ein Nicken genügt völlig.«
    Die Zofe nickte, blinzelte unsicher und eilte davon.
     
    Mort wußte nicht so recht, auf welche Weise er zurückkehrte. Das Blau des Himmels verwandelte sich in ein stumpfes Grau, als Binky durch eine Lücke zwischen den Dimensionen galoppierte. Der Hengst landete nicht etwa auf dem dunklen Boden von Tods Anwesen, nein, die schwarze Erde war einfach da, zeigte das Gebaren eines freundlichen Flugzeugträgers, der sich unter einen Senkrechtstarter schob, um dem Piloten Mühe zu ersparen.
    Das große Roß trabte zum Stall und blieb mit zuckendem Schweif vor der Tür stehen. Mort stieg ab und lief in Richtung Haus.
    Nach einigen Metern verharrte er, eilte zurück, holte Heu für Binky, lief erneut zum Haus, machte einmal mehr kehrte, rieb den Hengst ab, überprüfte den Wassereimer, stürmte zum Haus, hastete zurück, nahm die Decke vom Haken an der Wand

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