Gewäsch und Gewimmel - Roman
gelacht, gezittert, gekramt.Soviel für heute aus Amerika, wo es zusätzlich riesige Kakerlaken gebe.
Herr Gadow erschrickt
Herr Gadow, Biochemiker und Kammerjäger, der mit seiner Frau doch so wunderschöne Gartenreisen plant, hat einem früheren Kollegen eine unerwartet aufgetauchte Sorge gestanden. Die Frau habe neuerdings die Welt der Ratgeber entdeckt und verlange eine ganz neue Lebensführung. »Ich bin Gott«, sage sie und: »Jede Pflanze ist Gott«. Er sei ziemlich erschrocken über diese Besessenheit, hinzu komme plötzlich auch noch Yoga. Er fürchte fast, sie könne von ihm wegtreiben. Ob ein Flug zu den mediterranen Pflanzenschätzen Siziliens hier Abhilfe schaffen könne im Sinne der Vernunft?
Rätsel
Wie heißt der Mann, dem die Ehefrau, die mit einem fremden Herzen lebt, zu seinem Trost von bisher unbekannten Fähigkeiten der Rabenvögel erzählt hat? Und warum fliegt die Pfuhlschnepfe den weiten Weg von Neuseeland nach Alaska?
Wer wohl?
Ein Mensch wurde seit seiner Kindheit von Hochmutsanfällen heimgesucht und gestand Elsa voll geheimem Stolz diese gewaltigen Aufblähungen und Gipfelbesetzungen. Nur das völlig unvorhersehbare Auf und Ab der Depressionen, der Kleinmutsschübe, seit früher Jugend zu jeder Zeit möglich, gaben ihm treulich die Fastenkuren der Demut zurück. Elsa weiß nicht mehr, wer es war.
Heidegger
Erwin, der schwarzhaarige Westfale, hat einen schönen Spruch entdeckt, den er gleich seiner Frau, die gerade Reibekuchen backt (»Rotkehlchen hackt«, schmunzelt er in sich hinein), mitteilenmuß: »›Die Natur wird zu einer einzigen riesenhaften Tankstelle.‹« Erst als sie seelenruhig weitermacht, wirft er den Hammer hinterher: »Heidegger«. Da blickt sie denn doch einen Moment lang erschrocken auf von dem Gezische und sagt: »Um Gottes willen! Heidegger! So was!«
»Neuerdings schleusen sie technische Fette, Abfallprodukte bei der Herstellung von Biodiesel in den Futterkreislauf für Hühner-, Puter-, Schweinemast ein. Das Dioxin im Futter kommt bei uns auf den Teller. Das meinte Heidegger, konnte es nur noch nicht besser ausdrücken!«
Freund und Feind
Lemberg. Ukrainische Freunde hatten den noch nicht sehr bekannten Hannes Keller zur Aufführung seiner Kammermusik nach Lemberg eingeladen. Kein großer Erfolg, kaum Zuhörer, aber eine liebenswürdige Geste von ihnen. Und hatte ihn nicht beim Applaus, der eben doch mehr war als die Addition der klatschenden Hände, kurz der geheimnisvolle Schauer des Überpersönlichen gepackt? Vor dem Abflug besuchte er das Nationalmuseum dort. Steile Treppen, feuchte Kälte. Er war der einzige Besucher, seine Schritte knarrten schrecklich einsam durch das klamme Haus. Keller konnte weder die russische noch die ukrainische Beschriftung lesen und wußte bei den Fotos nie, ob die Massakrierten und zur Exekution Geführten Opfer oder Täter, Freund oder Feind waren. Welche Miene erwarteten die Wärterinnen, die ihn scharf unter staubigen Lidern beäugten? Mit jedem Stockwerk wurden sie in der ausufernden Einöde zugänglicher, ja ausgehungert nach einem Grüßen, an ihren Plätzen auf Küchenstühlen zu ewigem Frösteln verdammt.
Sie bewachten die Trachten und Waffen, Urkunden und Orden wie das Schicksal selbst, urteilten nicht, jederzeit darauf gefaßt, daß Wertung und Witterung umspringen könnten von böse zu gut und wieder zurück.
Doch nicht
Lima. Als Irrtum, als von den großen Tageszeitungen verbreitete Falschmeldung, stellte sich jetzt heraus, daß in Peru eine Gangsterbande von fünf Leuten sechzig arme Bauern ermordet, ihr Fett abgesaugt und in Limonadenflaschen an europäische Kosmetikfirmen verkauft habe.
Der Handel mit Gliedmaßen von Menschen, die man zu medizinischen, kosmetischen oder schamanischen Zwecken umbringt, hat allerdings, so scheint es, eher zu- als abgenommen.
In Europa freilich neigt man dazu, unerwünschte Neugeborene in den Müll zu entsorgen oder einzufrieren, in der Hoffnung auf eine spätere spurlose Beseitigung. Auch muß damit gerechnet werden, daß hier die Dunkelziffer, wie die bei der Tötung sehr alter Menschen in Heimen und Privathaushalten, hoch ist.
Die Gesellschaft insgesamt vertraut darauf, daß der Bürger die verschwiegenen Müllcontainer wie vorgeschrieben nutzt.
Leider doch
München. Bewahrheitet hat sich dagegen der Verdacht, daß es zwei erst dreizehnjährige Jungen waren, die eine über achtzigjährige, demente Frau in deren Wohnung mehrere Stunden lang, um sich Unterhaltung zu
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