Gewäsch und Gewimmel - Roman
vorziehen. Das seien die einen. Die anderen markierten bis ins hohe Alter vollorchestriert den fiebrigen Literaturliebhaber, einmal pro Saison vor Begeisterung wie von der Tarantel gestochen.
Da könne er, Pratz, nur flöten: Wer die Wahl hat, hat die Qual. Im übrigen fehle ihm seine Krankentherapeutin, die verführerisch strenge Elsa, an deren schönen Körper er nur als Patient und daher nicht ausreichend rankomme. Ohne ihre laszive Aufsicht nehme er es nicht genau genug mit der Krücken-, beziehungsweise Rückengymnastik.
Witz, Wahn, Wirklichkeit
Schon immer war ja die große Frage, wie sich Bestatter eigentlich privat aufführen, auch, ob sie dazu überhaupt in der Lage sind und ob sie vielleicht nach Dienstschluß erst einmal eine Stunde losprusten oder saufen, je nach Temperament. Auch sie wollen sich ja ihres Lebens (dessen bittere Wahrheit und dessen von ihnen, den Bestattern, aus gutbezahlter Barmherzigkeit gern ein wenig unseriös vernebelter Kern täglich jedermann vor Augen treten müßte) dreist und deftig freuen. Was nutzt es sonst.
Der Fall, kurzum, scheint folgender zu sein: Zwei Bestatter, Hinz H. und Kunz K., seit Kindertagen miteinander befreundet, haben ihren Kollegen am Karsamstag mit einem harten Stück Holz, einem sogenannten Kantholz, erschlagen. Genauer: Kunz K. war es. Wobei Kunz, um aus der Kronzeugenregelung Nutzen zu ziehen, die Tat verraten hat. Hinz, der Chef und erboste Drahtzieher,dagegen behauptet, alles sei Erfindung von Kunz, der sich an ihm rächen wolle (was freilich für Kunz eine für ihn teure Genugtuung, nämlich viele Jahre Gefängnis bedeutet). Das angebliche Opfer Veit V. lebe in Wahrheit untergetaucht im Ausland.
Veit, so die Ermittlung des Gerichts, war von Hinz eine Summe von 10 bis 100 Millionen Dollar (!!!) versprochen worden, als Gegenleistung müsse er eine Weile in den Untergrund. Ein Anwalt aus Wurzelfeld, mit Veit befreundet, sagt aus, Veit habe seine Kanzlei mehrfach besucht und erzählt, er habe ein Dokument bei einem Notar unterschrieben, durch das er verpflichtet sei, sich für mehrere Jahre in nichts aufzulösen. Es gehe um eine ganz große Sache im Geldwäschegeschäft. Ein tolles Ding! Er sei für das Riesenhonorar als Schattenmann engagiert und kriege das Geld demnächst.
Von wegen, nicht mal dereinst! Veit bekam es mitnichten. Eine Weile ließ er es gut sein und glaubte die Begründungen für das Ausbleiben des Geldes, etwa die, daß man das Auto mit den Dollars direkt vor dem Büro des Notars gestohlen habe, dann wieder hieß es, doch doch, alles in Ordnung, der Bote sei bloß nicht zu den verabredeten Übergabeorten erschienen, sei’s Rom, sei’s Paris. Der gutgläubige Veit muß die Ausreden des Komplizen selbst in unlogischer Reihenfolge akzeptiert haben, bis ihm der Geduldsfaden in seinem schummrigen Abseits riß. Er verlangte den Lohn für das Nicht-Dasein und erhielt statt dessen auf ein Zeichen von Chef Hinz, die endgültige und echte Nicht-Existenz durch das Kantholz von Kunz. Hinz hatte damit die Belohnung gespart, und doch war Kunz, nicht Hinz, der eigentliche Mörder.
In einem den Tathergang nachstellenden Film kann man sehen, wie Kunz mit dem Kantholz aus dem Keller kommt. Hinz gibt nickend von hinten den Hinweis, heftig mit dem Hartholz auf den Hinterkopf von Veit einzuschlagen. Kunz gehorcht ohne Zögern. Veit wird nach der tödlichen Osterüberraschung mit gespaltenemSchädel in Sarg und Leichenauto gepackt und unter falschem Namen im Handumdrehen in einem benachbarten Krematorium zu Asche verbrannt.
Aber ist das die Wirklichkeit? Die Anwältin von Hinz behauptet, das alles sei reine Erfindung. Der kühle Tonfall des geständigen Kunz verrate, daß seine angebliche Beichte Phantasterei sei. Der Richter hingegen fand die Distanziertheit des mutmaßlichen Mörders geradezu exemplarisch für solche Fälle. Die Strafen: lebenslänglich für den Initiator Hinz, 13 Jahre für den Erfüllungsgehilfen Kunz.
Wo mag nun das Opfer Veit, der Dritte im Bunde, sein? Wir wissen es nicht, und die »Täter« sind uneins. Genau so aber, da sieht man’s, sind und leben sie »privat«, die Bestatter!
Ob jemand tot ist oder nicht, das wundert sie einfach nicht mehr besonders. Und doch haben Hinz und Kunz einmal mit Elsa dieselbe Grundschulklasse besucht.
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