Gewagt - Gewonnen
an! Haben Sie nicht auch den Eindruck, daß es lauter Kenner sind?“
Astrid blickte sich neugierig um. Es waren in der Tat nicht sehr viele Gäste, und diese – in der Mehrzahl ältere Herren – interessierten sich augenscheinlich im höchsten Maße für die blanken Metalltöpfe mit Deckeln, die bunten Schüsseln und tiefen Soßennäpfe, die vor ihnen auf den Tischen standen.
„Leider kann ich Sie nicht fragen, was Sie haben möchten“, sagte Harder lachend. „Denn ich allein kenne die Spezialitäten des Hauses und möchte mir die Wahl vorbehalten.“
Ein höflicher Kellner war schnell zur Stelle, und es folgte eine lange, mit leiser Stimme geführte Beratung. Es war nicht schwer zu merken, daß Harder hier ein bekannter und geschätzter Gast war.
„Ich freue mich so, Sie wiederzusehen, Fräulein Astrid“, sagte Harder mit leiser, ruhiger Stimme. Astrid mußte an den Abend draußen auf dem Gut denken, da Harder in das Kaminfeuer geblickt und gemeint hatte, man müsse wohl ein gewisses Alter erreicht haben, um – Jean richtig verstehen zu können.
„Ich freue mich auch“, sagte Astrid.
„Ist das wirklich wahr?“ fragte Harder lebhaft.
„Gewiß. Warum sollte es nicht wahr sein?“
Astrids Stimme klang fast ein wenig herausfordernd bei diesen Worten. Harder blickte sie lange an, ohne etwas zu sagen. Schließlich bemerkte er:
„Ja – warum sollte es nicht wahr sein?“
Der Kellner brachte eine versilberte Suppenschüssel und füllte die Teller. In einer duftenden, warmen Brühe schwammen kleine Stücke gerösteten Brotes.
„Echt französische Zwiebelsuppe“, sagte Harder.
Zur Suppe tranken sie ein Glas Madeira.
„Nun? Schmeckt es?“
„Wunderbar!“
„Das freut mich“, sagte Harder lächelnd, und er nahm einen Schluck Wein. „Aber nun sagen Sie, Fräulein Astrid: Haben Sie ein klein wenig Vertrauen zu mir?“
Astrid ließ den Löffel sinken und blickte Harder etwas verwundert an.
„Gewiß. Sehr viel sogar.“
„Das ist gut. Sie müssen nämlich wissen, daß ich es etwas albern finden würde, wollten wir voreinander Komödie spielen. Ich muß wissen, wie es eigentlich um Sie steht. Sie ahnen ja gar nicht, wie oft meine Gedanken sich in der letzten Zeit mit Ihnen beschäftigt haben. Tut es sehr weh, kleine Astrid?“
Astrid fühlte, wie ihr das Blut in die Wangen stieg. Sie schlug die Augen nieder, und ihre Stimme war sehr leise, als sie antwortete:
„Jetzt nicht mehr… Nicht mehr so sehr.“
Sie wurden unterbrochen, da der Kellner in diesem Augenblick das nächste Gericht brachte. Eine halbe rote Hummerschale, mit einer goldbraunen Masse gefüllt und mit Gemüse garniert, wurde vor Astrid hingestellt. „Hummer Parisienne“, erläuterte Harder.
Astrid ließ es sich munden. Ein warmer gebratener Hummer mit allerlei merkwürdigen Gewürzen konnte wirklich ganz wunderbar schmecken!
Ein Kühler mit einer langhalsigen Weißweinflasche stand neben dem Tisch. Harder füllte die schlanken grünen Gläser. „Sie wissen ja, Fräulein Astrid: Gerda ist ein sehr selbständiges Mädchen.“ Astrid nickte.
„Ich selbst habe natürlich auch nichts gegen diese Verlobung einzuwenden. Ich hätte mich sogar sehr über sie gefreut, wenn nicht… wenn nicht…“
Astrid schien von dem Hummer ganz in Anspruch genommen zu sein. Sie antwortete nicht.
„Es wäre doch abscheulich, wenn Sie, kleine Astrid, für Gerdas Glück bezahlen müßten.“ Jetzt brachte Astrid ein Lächeln zustande. „So dürfen Sie nicht denken, Herr Harder. Wenn ich bezahle, dann bezahle ich wohl für meine eigene Dummheit, nicht aber für Gerdas Glück. Ich hoffe nur, daß sie wirklich glücklich ist.“
Harder erhob sein Glas und blickte Astrid in die Augen. Er trank ihr schweigend zu. Nach einer Pause fuhr er fort: „Vielleicht ist es nicht recht von mir, so mit Ihnen zu reden, Fräulein Astrid. Tue ich Ihnen weh?“
Seine Stimme hatte einen eigentümlichen, beinahe flehentlichen Klang. Astrid fühlte, daß ihm viel daran lag, sich einmal aussprechen zu dürfen.
„Nicht die Spur“, antwortete sie. „Ich freue mich, daß Sie soviel Vertrauen zu mir haben, Herr Harder. Denn es handelt sich ja doch um Ihre eigene Tochter.“
„Ich hänge sehr an Gerda, Fräulein Astrid. Sie ist ja der einzige Mensch, der mir nahesteht. Aber wir sind sehr ungleich. Gerda ist nach ihrer Mutter geartet.“
Astrid antwortete nichts; ihre Augen aber waren aufmerksam auf Harder gerichtet.
„Gerdas Mutter war… war auch sehr
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