Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gewagt - Gewonnen

Gewagt - Gewonnen

Titel: Gewagt - Gewonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
Vom Netzwerk:
lange, als wolle er Astrid am Apparat festhalten.
    Er erzählte, er gedenke nächste Woche ins Ausland zu reisen. Geschäftlich. Ob er sie vor seiner Abreise noch einmal sehen könne? Wie wäre es zum Beispiel mit einer kleinen Autofahrt am Sonntag? Wenn sie nicht schon etwas Besseres vorhaben!
    „Vorausgesetzt natürlich, daß Sie einem alten Mann wie mir einen ganzen Sonntag opfern wollen“, fügte er schnell hinzu. Astrid mußte lachen. Harder – ein alter Mann! Hielt er nicht einen Vergleich mit jedem beliebigen jungen Menschen aus? Besaß er nicht ebensoviel Charme, Elastizität und – alle möglichen sonstigen Vorzüge?
    Plötzlich war Astrid ganz ruhig. Wie töricht, Herzklopfen zu bekommen! Harder war der reizendste Mensch, den sie kannte. So freundlich, so zurückhaltend, so ungewöhnlich nett!
    Er war genau das, was sie brauchte: ein älterer, väterlicher Freund, der Lebenserfahrung und Verständnis besaß. Von anderen als freundschaftlichen Gefühlen konnte natürlich nicht die Rede sein. Der Altersunterschied war Garantie genug. Kein Flirt. Kein Sichverlieben. Nur väterliche Güte von seiner Seite, und stille Anhänglichkeit von ihrer.
    Wie sie sich auf die Autofahrt am Sonntag freute!
    Astrid kehrte in die Pension zurück und schrieb einen langen Brief an ihre Mutter. Von Zeit zu Zeit blickte sie auf und betrachtete die blaßgelben Rosen.
    Jetzt tat nichts mehr weh. Alles war schön, ruhig und friedvoll.
    „Es ist nett von Ihnen, Fräulein Astrid, daß Sie mir altem Trottel Ihren Sonntag opfern wollen“, sagte Harder. Der Wagen glitt lautlos über die Landstraße nach Drammen dahin. Es war ein sonniger Herbsttag.
    „Nett sind doch nur Sie, weil Sie sich eines so dummen jungen Mädchens annehmen, wie ich es bin“, erwiderte Astrid. „Ich weiß sehr wohl, daß ich nicht die Spur unterhaltsam bin.“
    „Hören Sie nun endlich einmal mit diesem törichten Gerede auf!“ sagte Harder mit ernster, beinahe strenger Stimme. „Es wird Zeit, daß Sie erstens sich selbst und zweitens uns Männer verstehen lernen. Sie sind nicht langweilig, und sie sind kein dummes junges Mädchen. Sie sind ein liebes und hübsches junges Mädchen. Sie haben ehrliche blaue Augen, und Sie haben den seltenen Vorzug, sich so geben zu können, wie Sie sind. Tun Sie das auch weiterhin! Und dann müssen Sie eins verstehen. Die Nervenanregung, die wir Männer brauchen – die finden wir zur Genüge bei unserer Arbeit, im Geschäftsleben und manche von uns beim Sport. Eine vor Temperament übersprudelnde, zapplige und raffinierte Frau kann für eine Weile ganz amüsant sein. Auf die Dauer aber wollen wir eine Frau haben, bei der wir uns ausruhen können – wenn Sie verstehen, wie ich das meine. Und außerdem möchten wir gern für unseren Beschützerdrang, unser Zärtlichkeitsbedürfnis Verwendung haben. Ob Sie das wohl verstehen können, Fräulein Astrid?“
    „O ja“, sagte Astrid. Sie verstand nur zu gut. Sie begriff, daß dieser Mann mit dem warmen Herzen für seinen überwältigenden Zärtlichkeitsdrang niemals Verwendung gehabt hatte. Seine Frau war tüchtig und kalt und selbständig gewesen. Und Gerda? Jemand, der weniger zu Zärtlichkeiten – wie etwa, daß man ihr über das Haar strich – eingeladen hätte, ließ sich schwer denken.
    „Gewiß kann es Spaß machen, einer Frau zu begegnen, die so raffiniert ist wie ein erlesener Cocktail. Aber man kann mit einem Cocktail nicht seinen Durst löschen. Und Sie sind kein Cocktail, Fräulein Astrid. Glücklicherweise.“ Astrid mußte lachen.
    „Kein Cocktail? Was bin ich dann? Eine Flasche Brauselimonade? Oder ein Glas Milch?“
    „Nein. Sie sind ein Quell. Ein kühler, kristallklarer, sprudelnder Quell. Ein Quell, an dem man seinen Durst mit dem besten aller Getränke löschen kann – Wasser! Ja! Lachen Sie nicht! Gibt es für einen Menschen, der Durst hat, wohl etwas Besseres als reines, frisches Wasser? Sie sind ein solcher Quell, den der müde Wanderer segnet und an dem er sein Zelt aufschlägt und bleibt…“
    Astrid blickte Harder verwundert an. Daß jemand so sprechen konnte! Harder führte die Sprache einer längst vergangenen Zeit, einer anderen Welt. Wie konnten in diesem prosaischen Zeitalter des Nylons und des Jargons derartige Worte laut werden?
    Harder merkte, daß sie ihn verwundert ansah. „Habe ich Sie erschreckt? Wenn Sie sich einmal etwas mit Psychoanalyse befaßt hätten, würden Sie wissen, was Verdrängungen sind. Was mich betrifft, so habe

Weitere Kostenlose Bücher