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Gewalt ist eine Loesung

Gewalt ist eine Loesung

Titel: Gewalt ist eine Loesung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schubert Stefan
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die freie Fläche auf der unüberdachten Gegengeraden. Der Getränkestand musste somit geräumt werden. Wir ignorierten die Ansagen der Polizeibeamten und blieben stehen. Grund genug, die ersten Schlagstöcke auf uns niederkrachen zu lassen. Die Stimmung wurde immer feindseliger. Die Polizei hatte sich mit der Räumung dieses Bereiches durchgesetzt, aber zu welchem Preis? Von einem Moment auf den anderen war das gesamte Stadion gegen die Beamten aufgebracht.
    Kurz vor dem Anpfiff erschienen drei Lauterer Hools. Die Vorhut für den Showdown nach dem Spiel? Die Späher, die uns den geheimen Treffpunkt verraten sollten? Nein. Die Jungs waren allein. Die Lauterer hatten für diesen Sonntag keine schlagkräftige Truppe zusammenbekommen. Aber sie waren immerhin so anständig, die schlechte Nachricht persönlich zu überbringen.
    Marius musterte den Kaiserslauterer Wortführer. Es waren keine schlechten Jungs. Keine Greenhorns, sondern groß, breit, sicheres Auftreten. Nach mehr als zwölf Stunden exzessivem Trinken, schikanöser Polizeibehandlung und einer naturgemäß latent aggressiven Grundstimmung suchten sie sich in diesem Moment jedoch einfach den falschen Ansprechpartner für einen lockeren Smalltalk aus.
    Marius drehte sich blitzartig um 90 Grad und schlug dem ersten eine kräftige rechte Gerade ins Gesicht. Der Lauterer fiel um und landete hart auf dem Rücken. Dem zweiten Pfälzer gelang es gerade noch, erschrocken die Hände zur Abwehr zu heben, als ihn ein kräftiger Schlag zentral auf sein linkes Auge traf. Nur Bruchteile von Sekunden später sprang einer unserer Jungs aus dem Stand in die Luft und trat dem dritten Lauterer wuchtig auf den Rippenbogen. Die drei waren vollkommen perplex. Sie waren zum Reden gekommen und nun lagen alle drei verletzt auf dem Boden – vor den Augen der Polizei.
    An Gegenwehr war nicht mehr zu denken. Die Lauterer Hools sahen, dass ihnen mittlerweile 70 Bielefelder gegenüberstanden – betrunken, zugekokst und richtig geladen. Sie rafften sich mühsam wieder auf und liefen fluchtartig in Richtung Haupttribüne. Das Spiel fing an. Das Fußballspiel!
    In der Zwischenzeit waren wir von allen Seiten von der Polizei umstellt. Eingekesselt. Ein übermotivierter Hundeführer entfernte bereits den Beißschutz von seinem Hund und nahm eine bedrohliche Körperhaltung ein. Das Maß war jetzt endgültig voll. Die Jungs waren nicht mehr bereit, die anhaltenden Provokationen der Polizei widerstandslos zu ertragen, und versuchten, sich etwas mehr Platz in diesem engen Kessel zu verschaffen. Die Menge drückte langsam auf den Spielfeldrand zu.
    Mit meinem Polizeiblick konnte ich erkennen, dass etwas Böses geschehen würde. Ich hatte selbst schon Dutzende von Polizeieinsätzen erlebt – auf beiden Seiten. Aber was die Edenkobener Beamten hier veranstalteten, konnte nicht gut gehen. Ich verstand überhaupt nicht, was sie zu erreichen versuchten. Das hier sah nicht nach Polizeistrategie aus – es erinnerte vielmehr an das Aufeinandertreffen zweier Hooligan-Truppen , nur dass die eine uniformiert war. Und die Sache eskalierte tatsächlich. Einer unserer Jungs – Harald, der deutlich angetrunken war – steuerte geradewegs auf den auffallend aggressiven Hundeführer zu. Dieser ließ auf der Stelle seinen Hund los und erteilte ihm den Beißbefehl. Harald verpasste dem Hund einen Fußtritt, noch bevor der sein Maul überhaupt zum Beißen öffnen konnte. Und das war das Startzeichen.
    Wie auf ein geheimes Kommando fuhr ein Ruck durch die gesamte Bielefelder Truppe, die sich nun erbarmungslos auf die Polizeimauer zu bewegte. Ich befand mich in der dritten Reihe und zog mir zum Schutz vor den Polizeikameras meine Baseballmütze tiefer ins Gesicht. Das aus meiner Sicht völlig falsche und überzogene Verhalten meiner uniformierten Kollegen hatte mich enttäuscht und verärgert. Und doch gab es eine Grenze. An Gewalttätigkeiten gegen Polizisten würde und konnte ich mich nicht beteiligen. Ich war gern Polizist und stand immer für meinen Beruf ein. Ganz egal, in welcher schäbigen Kneipe ich mir dafür dumme Bemerkungen anhören musste.
    Meine Jungs hatten alle schon einmal schlechte Erfahrungen mit der Polizei gemacht, was bei einem Hooligan auch nicht verwundert. Ich stand bei allen Gesprächen aber immer auch für meine Standesbrüder in Grün ein. Es gab – wie in jedem anderen Berufszweig auch – nette und freundliche Kollegen, aber auch arrogante Dumpfbacken. Hier, in Edenkoben, fiel es mir

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