Gewitter der Liebe
passendes Werkzeug dabei, um gebrochene Speichen und Achsen reparieren zu können, sonst seid ihr verloren. Wenn wir in der Wüste den Berg Chimney Rock passieren, ist das Schlimmste geschafft – zumindest, wenn man die Rocky Mountains nicht dazuzählt. Die erste Rast werden wir heute Abend in einem Waldgebiet mit Wasserlauf machen, Pausen tagsüber werden nicht eingelegt. Hat noch jemand Fragen?«
Einige Leute wollten wissen, ob man unterwegs einige Handelsposten oder Forts passieren würde, um neue Vorräte zu kaufen, und Cramer bejahte.
»Aber überladet eure Wagen nicht mit unnötigem Zeug«, mahnte er ernst. »Eure Zugtiere müssen Schwerstarbeit leisten, der schlammige und später steinige Boden sowie diverse Flussüberschreitungen können schnell einem der Tiere das Leben kosten. Ich erwarte, dass ihr mir das uneingeschränkte Kommando überlasst. Wer meinen Anweisungen nicht gehorcht, muss den Treck verlassen. Bis Nevada könnt ihr euch entscheiden, ob ihr mit nach Kalifornien kommen oder den Oregon Trail weitergehen wollt.«
Murmelnd versprachen die Männer, sich an Cramers Anweisungen zu halten, dann ritt Cramer, nachdem er seinen breitkrempigen Hut tiefer in die Stirn gezogen hatte, aus dem Kreis heraus, erkundigte sich nach dem Wagen mit der Nummer Eins und befahl dem Fahrer, sein Fuhrwerk in Gang zu setzen, während er und seine Männer ein Stück vorausritten.
Nach und nach setzten sich die Wagen in Bewegung. Dass die Wagennummern vorher ausgelost worden waren, hatte Julia bereits von Nathan erfahren, denn alle würden am liebsten weit vorne fahren, um dem aufgewirbelten Staub der vorderen Wagen zu entgehen.
Wagen Nummer elf fuhr an, dann war es an Nathan, mit der Peitsche zu knallen, und träge setzten sich die beiden Ochsen in Bewegung. Ergriffen fassten sich Julia und Lilly bei den Händen – das Abenteuer hatte begonnen!
Cramer führte den Treck zu einem Weg, in dem deutlich Wagenspuren zu sehen waren; dies war der Anfang des bekannten Oregon Trails. Es ging nur langsam voran, aber das störte niemandem. Am Abend überquerten sie die Grenze zu Kansas und rasteten in der Nähe von Kansas City zum ersten Mal.
Die Ochsen waren erschöpft, denn sie hatten gleich am ersten Tag ein großes Wegstück zurücklegen müssen. Während Nathan die Tiere ausspannte, liefen Lilly und Julia mit Blecheimern zum Flussufer, um Wasser zu holen.
»Heute Nacht werde ich schlafen wie ein Murmeltier«, verkündete Lilly. »Ich bin es nicht gewohnt, den ganzen Tag auf dem Kutschbock zu sitzen.«
Julia hob vorsichtig den Saum ihres Rockes und ließ ihren Eimer in das kühle Nass eintauchen. Auch ihr tat alles weh, doch sie hütete sich, zu klagen.
»Nun, wie hat den Damen der erste Tag auf Wanderschaft gefallen?«
Als Julia aufsah, blickte sie in Ross’ dunkle Augen und wäre vor Schreck beinahe gestrauchelt und ins Wasser gefallen. Sie hob den schweren Eimer hoch und sagte in neutralem Ton: »Ungewohnt, aber sehr aufregend. Die Gegend, in der wir uns gerade befinden, ist wunderschön. Finden Sie nicht?«
Er hockte sich hin und ließ seinen Eimer ebenfalls ins Wasser gleiten. »Ja, wenn es nur so bliebe. Für euch Frauen gibt es viel zu schauen, das wird sich in der Wüste ändern. Auch die Prärie bietet nicht viel Abwechslung … außer vielleicht einer Gruppe von Indianern.«
Julia stellte ihren vollen Eimer am Ufer ab. »Glauben Sie, dass wir überfallen werden könnten?«
»Wenn James meint, dass keine Gefahr besteht, wird er wohl recht haben«, war die lakonische Antwort.
Auch Lilly hatte ihren Eimer gefüllt. »Nathan hat ein gutes Gewehr bei sich, ich hab’s heute Morgen gesehen. Mir machen die Indianer keine Angst.«
Ross lachte, brachte seinen Eimer ans Ufer und erwiderte: »Wir werden sehen, wie du dich verhältst, wenn plötzlich eine Horde Rothäute unseren Weg kreuzt.«
»Mach meiner Freundin doch keine Angst!« Lilly bemerkte Julias ängstlichen Blick und sah Ross vorwurfsvoll an, der sich daraufhin sofort entschuldigte.
Lilly stapfte mit ihrem Eimer davon; zurück blieb Julia, die Ross, der sie um Haupteslänge überragte, verlegen ansah.
»Bisher hat es bei keinem Treck auf dem Oregon Trail einen Überfall gegeben, Julia«, sagte er mit sanfter Stimme. »Wissen Sie eigentlich, wie reizend Sie aussehen, wenn Sie verlegen sind?«
Sie bemühte sich um ein Lächeln. »Nein, das wusste ich nicht, Mr Wheeler …«
»Nennen Sie mich doch bitte beim Vornamen«, bat er und erwiderte ihr
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