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Gewitter der Liebe

Gewitter der Liebe

Titel: Gewitter der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lee Hawkins
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friedlicher Absicht, sind wahrscheinlich nur neugierig. Aber es wirkt respekteinflößender, wenn einige Männer zu Pferd neben den Wagen reiten. Verstehen Sie?«
    Julia nickte, obwohl sie gar nichts verstand. Was sie bisher über Indianer gehört hatte, war grausam und furchteinflößend. Nachdem Nathan ohne weitere Worte während der Fahrt abgesprungen war, rutschte Julia in die Mitte des Kutschbockes und übernahm die derben Lederzügel. Den Ochsen schien es egal zu sein, wer sie führte, doch sie witterten die Anspannung der Menschen und wurden nervös.
    Nathan lief hinter den Wagen, band sein Pferd los und schwang sich auf dessen sattellosen Rücken. Alle Männer, die ein Reittier mit sich führten, taten es ihm gleich, und keine fünf Minuten später wurden die Planwagen von Reitern flankiert, die bei einem Angriff den Treck sofort verteidigen konnten.
    Verunsichert blickte sich Julia um; ihre Hände umklammerten fest die Zügel. Außer der hügeligen Prärie und trockener Luft sah sie nichts, aber irgendwo da vorne mussten die Indianer gesichtet worden sei. Was würde geschehen, wenn sie nun angriffen? Julia hatte in der Zeitung von brennenden Pfeilen gelesen, mit denen angreifende Indianer einen Planwagen nach dem anderen in Brand setzten, bevor sie alle Siedler ermordeten – so schnell, dass man kaum reagieren konnte.
    »Hab keine Angst«, hörte Julia plötzlich Ross’ beruhigende Stimme rechts neben sich; auch er ritt auf einem Pferd. »Es scheint nur eine kleine Gruppe zu sein, die James gesichtet hat. Die Regierung hat ein Friedensabkommen mit ihnen geschlossen, damit sie die Reisenden passieren lassen.«
    Tapfer nickte Julia, obwohl sie sich vor Angst am liebsten verkrochen hätte.
    »Wo ist Lilly?«, fragte sie. »Geht es ihr gut?«
    »Sicher, ich bin gerade an ihr vorbeigeritten. Sie führt den Wagen ihres aktuellen Verehrers und macht einen entschlossenen Eindruck.«
    Nathan, der auf der anderen Seite ritt, versuchte seinen Ärger darüber, dass Ross ihm wohl nicht zutraute, allein für Julias Sicherheit zu sorgen, zu überspielen, indem er zu ihr sagte, ohne Ross zu beachten: »Du wirst sehen, sie lassen uns in Ruhe.«
    Wie sich herausstellte, befanden sich die Sioux noch ungefähr zwei Meilen vor dem Treck; Cramers Männer, die stets ein Stück vorausritten, hatten sie entdeckt.
    »Vielleicht haben die Indianer längst das Weite gesucht, wenn der Treck in ihre Nähe kommt«, versuchte Nathan Julia zu beruhigen. »Bisher ist es noch nie zu einem Überfall auf diesem Trail gekommen.«
    Weiter vorne wurde es unruhig; trotzdem ging es in unvermindertem Tempo weiter.
    Julia heftete ihren Blick auf die Ochsen vor sich und versuchte, an nichts zu denken. Schweigend ritten Ross und Nathan mit ernsten Gesichtern neben ihr, und Julias Herz klopfte ihr bis zum Hals.
    »Da hinten stehen sie!«, rief ein Reiter von weiter vorne. »Verhaltet euch ganz normal, und lasst bloß eure Waffen stecken, um die Rothäute nicht zu provozieren.«
    Bald konnte auch Julia eine Gruppe Indianer entdecken. Sie saßen zu beiden Seiten etwa zwanzig Meter abseits des Weges auf ihren gescheckten Ponys und schienen die vorüberziehenden Planwagen fachmännisch zu begutachten.
    Ross beugte sich zu Julia herüber und flüsterte: »Ganz ruhig. Sieh einfach geradeaus und tu so, als würdest du sie gar nicht sehen.«
    Sie versuchte zu antworten, brachte jedoch keinen Ton hervor. Die ersten elf Wagen hatten die Indianer passieren lassen, aber was war, wenn sie eine Frau auf dem Kutschbock entdeckten? Die wildesten Szenarien huschten durch Julias Gedanken – von geschändeten und verschleppten Frauen bis hin zum Skalpieren.
    Es waren ungefähr zwei Dutzend Indianer, die mit versteinerten Mienen die Wagen der Weißen musterten. Was mochte wohl in ihren Köpfen vorgehen? Als Julias Wagen die Truppe passierte, starrte sie blicklos geradeaus. Auch Nathan und Ross beachteten die Krieger nicht, und als sie das gefährliche Spalier hinter sich hatten, hätte Julia am liebsten vor Erleichterung aufgeschluchzt. Doch noch war die Gefahr nicht vorüber, das wusste sie.
    Nach und nach ließen die Indianer den Treck passieren, und irgendwann rief jemand: »Sie reiten fort, wurde ihnen wohl zu langweilig!«
    Befreites Gelächter erklang von den Wagen, und allmählich lockerte sich die angespannte Atmosphäre. Die Reiter stiegen wieder auf die Kutschböcke und hofften insgeheim, dass dies die einzigen Indianer gewesen waren, denen man auf der langen

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