Gewitter über Pluto: Roman
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gleich, ob Kollegin oder Geliebteâ
zusammen zu sein, die wuÃten, wie man groÃmäuligen Männern das Herz aus der
Brust riÃ. Diese Frauen hatten alle etwas von einer Priesterin oder einem
Orakel. Und wer wollte sich mit einem Orakel anlegen? In jedem Fall war Lorenz
ganz ohne blaue Augen und eingeschlagene Nasen durchs Leben gekommen. Und diese
schöne Regel wollte er auch als Betreiber eines Strickwarengeschäfts aufrechterhalten.
Denn weiche Wolle und lädierte Kiefer waren eine schlechte Kombination.
Andererseits war es so, daà er sich zu hundert Prozent sicher war,
daà nur dieses eine Geschäftslokal in der RosmalenstraÃe in Frage kam. Und
ebensowenig Zweifel bestand für ihn darin, daà Sera die Frau war, nach der er
ein Leben lang gesucht hatte. Würde er jetzt aus Angst vor irgendwelchen
Gewalttätigkeiten darauf verzichten, den Mietvertrag zu unterschreiben,
beziehungsweise es unterlassen, Sera noch einmal sehen zu wollen, dann wäre
dies gleichsam das Ende seines Lebens. Denn es würde immerhin bedeuten, sich
einem langersehnten Schicksal zu verweigern und in der Folge im Vakuum purer
Vermeidung vegetieren zu müssen. Dann schon lieber riskieren, in eine Teufelei
zu geraten.
Und so kam es, daà Lorenz Mohn drei Stunden später im Büro des
Maklers saà und eine ungewöhnlich groÃspurige Signatur unter den Vertrag
setzte. Wahrscheinlich war diese GroÃspurigkeit dem heiligen Moment zu
verdanken. Denn im Grunde war es ein Vertrag mit der Zukunft, einer Zukunft, zu
der Lorenz ohne Wenn und Aber, inklusive Eisenstangen, ja sagte. Und nicht
zuletzt galt dieses Ja natürlich auch Sera. Man könnte sogar sagen, daÃ
selbiger Mietvertrag die Vorübung auf einen Ehevertrag darstellte, den Lorenz
einst unterschreiben wollte.
Als Lorenz das Büro verlieÃ, fühlte er sich zuversichtlich wie
selten noch. Und wenn da irgend jemand war, der Krieg wollte, dann sollte er
ihn eben bekommen.
Tja, das sagt sich so.
6Â | Â Wetter
und Sex
Zwei Tage, nachdem Lorenz Mohn mittels eines hammer- und
sichelartig geschwungenen Namenszugs sein Schicksal besiegelt hatte, begannen
die Arbeiten an seinem zukünftigen Geschäft in der RosmalenstraÃe. Ein
Elektriker war erschienen und hatte mit Hilfe einer Taschenlampe festgestellt,
daà der hintere, fensterlose Raum selbstverständlich über einen Lichtschalter
verfügte, welcher indes an höchst ungewöhnlicher Stelle angebracht war, nämlich
weit unten, wo man eigentlich eine Steckdose hätte vermuten dürfen. Der Sinn
und Zweck einer solchen Tieflegung blieb rätselhaft. Weshalb auch der
Elektriker den Auftrag erhielt, den Schalter nach oben hin zu versetzen, damit
Leute, die nicht aus dem Märchen kamen, also keine aufrecht stehenden Mäuse
oder untersetzten Wichtel waren, den Lichtschalter betätigen konnten. Ãbrigens
war es nicht so, daà umgekehrt die Steckdosen in diesem Raum sich auf Bauch-
oder Brusthöhe befanden, sondern sie waren ebenfalls in Bodennähe installiert
worden, jedoch am anderen Ende des Raums, auf jener Seite, welche über eine
Metalltüre verfügte. Das war die Türe, die nach Angabe des Maklers auf den Gang
führte. Eine Aussage, die Lorenz, als er nun in dem von einer Glühlampe
erhellten Raum stand, irritierte. Denn nach seiner Anschauung wies die Türe in
Richtung Hinterhof, dorthin, wo Sera Biltens dichter Miniaturdschungel gedieh.
In Kenntnis des Grundrisses von Geschäft und Haus muÃte man freilich davon
ausgehen, daà die Tür nicht direkt nach drauÃen führte, sondern sich ein
weiterer, wenngleich recht schmaler Raum anschloÃ. Oder aber eine sehr dicke
Mauer. Doch dann hätte es ja kaum eine Türe gegeben. Da nun allerdings ein
Schlüssel für diese Türe fehlte und sich selbige auch mit einem simplen
Bodycheck nicht würde öffnen lassen, vertagte Lorenz das Problem und vergaà es
bald wieder, da er viel zu sehr mit der Gestaltung des Geschäftsraums und der
Fassade beschäftigt war.
Eine befreundete Innenarchitektin, die während einer
beschäftigungslosen Phase die Requisite von einigen Pornoproduktionen betreut
hatte, übernahm es, Lorenzâ Ideen in professioneller, sprich realistischer
Weise umzusetzen. Wobei das bestimmende ästhetische Prinzip darin bestand,
einen neutralen Raum zu schaffen, in welchem die Farben der Wollknäuel zur
vollen Geltung
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