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Gewitter über Pluto: Roman

Gewitter über Pluto: Roman

Titel: Gewitter über Pluto: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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gehe an
den Computer.«
    Â»Gut«, gab ich zur Antwort und wechselte in die Küche. Das ist ganz
klar meine Sache. Und zwar nicht, weil ich so gut kochen kann. Aber ich habe
eingesehen, daß man von einer Frau, die sich den ganzen Tag das Gejammer ihrer
Patienten anhören muß, nicht verlangen kann, am Abend auch noch am Herd zu
stehen. Schon gar nicht dann, wenn man ein Mann ist, der in der gleichen Zeit
nicht viel mehr geleistet hat, als sich mit Sonetten, essayistischen Schriften
und Landeskunde beschäftigt zu haben. Also koche ich, am liebsten irgendwelche
Nudeln, weil Nudeln kaum schiefgehen können, nicht so schief wie all diese
Aufläufe, die in den Backrohren ungeahnte Formen und Farben annehmen, mitunter
zu roten Riesen anwachsen oder zu schrecklichen Löchern schrumpfen. Maritta
findet es okay, daß ich auf Nudelniveau bleibe. Auch sehe ich zu, dabei kein
Chaos anzurichten. Ich habe in irgendeinem Roman gelesen, man solle seine Küche
putzen, bevor es zu spät sei. Das ist eine Aussage, die mir gefällt. Ich würde
niemals ins Bett oder gar aus dem Hause gehen und eine verschmutzte Küche
zurücklassen. Ich würde mich noch im Tod dafür genieren, der Nachwelt einen
Haufen ungespültes Geschirr vermacht zu haben. Das ist so schlimm, wie nach dem
Klogang die Spülung nicht zu betätigen.
    Als sich Maritta eine viertel Stunde später an den Eßtisch setzte,
hatte ich zwei Teller mit Hörnchennudeln serviert, darauf eine Tomatensauce aus
dem Glas. (Man fühlt sich besser, wenn die Sauce aus dem Glas kommt. Genau so
würde ich auch gute Gedichte definieren: Sie kommen alle aus dem Glas.) Ich
griff nach einer Flasche Rotwein und betrachtete sie feindselig. Ich habe es
nicht mit Korken. Diese Korken wollen ja gar nicht aus dem Flaschenhals heraus.
Es ist, als versuche man ein Kaninchen aus seinem Bau zu ziehen.
    Â»Mach du das, bitte«, ersuchte ich Maritta und reichte ihr den Wein.
    Während sie mit Gleichmut das Gewinde in den Korken eindrehte, sagte
sie: »Ich habe nachgesehen. Dieses Hotel in Amerika, wo du hinmußt, ist das
Overlook-Hotel.«
    Â»Nein«, korrigierte ich, »es heißt Timberline Lodge.«
    Â»Ja, das Timberline Lodge ist das Overlook-Hotel aus diesem
Stanley-Kubrick-Film, ›The Shining‹. Du weißt doch, die Sache mit Jack
Nicholson, wo er so traumhaft böse ist. Ich mag den Film, ich mag auch
Nicholson in dem Film, aber man muß schon sagen, daß er dann im Laufe seiner
weiteren Karriere einigermaßen Probleme hatte, nicht unentwegt wie der
verrückte Jack Torrance daherzukommen.«
    Â»Wirklich dasselbe Hotel?«
    Â»Zumindest ein Teil der Außenaufnahmen. Das schöne weitläufige
Gebäude aus altem, grauem Holz. Und dahinter der hohe, weiße Berg. Mount Hood.
Es stimmt, man kann dort auch im Sommer wunderbar Schi fahren. Hast du schon
gebucht?«
    Ich hätte jetzt lügen können. Aber was hätte mir das genutzt. Ich
sagte: »Nein, noch nicht.«
    Â»Sehr gut. Dann reserviere bitte für uns beide. Und lade halt die
Schlampe aus, die du ursprünglich mitnehmen wolltest«, sagte sie ernst.
    Und ich sagte ebenso ernst: »Ja, mache ich.«
    Nach dem Essen fuhr ich noch rasch in die Stadt und holte
mir in der Videothek den alten Kubrick-Film. Zusammen sahen wir ihn uns an.
Gleich zu Anfang, wenn Jack Nicholson im Büro des Hotelmanagers sitzt und vor
sich hingrinst, kennt man sich aus. Auf seiner gerunzelten Stirn steht: He, he,
diesmal ist es nicht bloß ein Kuckucksnest, über das ich fliege, diesmal mache
ich ernst. Und er macht ja dann auch ernst.
    Was mich freilich sehr viel mehr beschäftigte, war das Hotel,
welches da wildromantisch in einer tatsächlich beeindruckenden
Landschaftskulisse stand, oberhalb der Baumgrenze, über sich nur noch den
Gipfel. Na gut, das Ding war also weit oben plaziert, nahe am Himmel und damit
auch irgendwie nahe am Universum. Andererseits mußte mir klar sein, daß im
Unterschied zum Film, wo die Szenarien von winterlicher Einsamkeit geprägt
sind, das reale Hotel einen ganzjährigen Anziehungspunkt für Touristen bildete.
Ich konnte mir deshalb beim besten Willen nicht vorstellen, wieso meine
Vorgesetzten ausgerechnet dieses Gebäude gewissermaßen als Startrampe
ausgewählt hatten, um einen Archaeopteryx und einen Picasso nach X bringen zu
lassen.
    Â»Das Problem mit diesem Weib ist«, kommentierte

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