Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gewitter über Pluto: Roman

Gewitter über Pluto: Roman

Titel: Gewitter über Pluto: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
Vom Netzwerk:
auch wenn hier alle Brötchen so ziemlich gleich waren.
    Â»Gehen Sie gar nicht zu Ihrer Frau?« fragte Stirling Rorschach.
    Â»Ich störe nicht so gerne«, antwortete der Ehemann, »wenn Mai mit
der Amtskirche flirtet.«
    Â»Flirtet?«
    Â»Theologische Gespräche sind stets erotisch geladen«, behauptete
Rorschach. »Die ganze Kirche ist erotisch. Sie würde sich sonst gar nicht
halten. Sicher nicht dank der Dinge, die sie tut. Und noch weniger wegen der
Dinge, die sie nicht tut. Die Kirche – Sie erlauben, daß ich das so sage – ist
wie eine Person, die ein Gefühl der Geilheit hervorruft, gleich, wie dumm oder
häßlich oder hundsgemein sie auch ist, die Person.«
    Â»Na vielleicht«, spielte Lorenz mit, »ist es die Häßlichkeit und
Dummheit, die uns anspricht. Die uns geil macht. Vor allem das Hundsgemeine.«
    Â»Da könnten sie jetzt wirklich recht haben«, meinte Rorschach, wobei
er auf diese verkniffene Richard-Burton-Art lächelte. Mit einer ruhigen
Bewegung holte er zwei Gläser vom dargebotenen Tablett, die er Stirling und
Mohn reichte. Dann eins für sich.
    Die drei Männer stießen miteinander an. Der helle Klang der
Kollision stieg hoch und höher, um schließlich von einem Fresko abzuprallen.
    Man verblieb noch eine halbe Stunde zwischen den Menschen
und Brötchen, dann gab Rorschach ein Zeichen, das den Aufbruch ankündigte.
Stirling löste sich leichten Herzens aus einem Gespräch, in das er von einer
Landtagsabgeordneten der Grünen Partei mutwillig und rücksichtslos verwickelt
worden war. – Diese Leute der Grünen Partei sind, historisch und soziologisch
gesehen, sicherlich nötig gewesen, um einmal aufzuzeigen, wie tief Menschen überhaupt
sinken können. Gar nicht so sehr darum, weil hier Personen, angetrieben von
purer Machtgier, sich ehrenwerter Themen bedienen. Das gab es ja schon vorher.
Also Leute, die ein banales Leben scheuen und es sehr viel lieber unternehmen,
die Welt zu retten. Die meisten Weltretter sind im Grunde Rucksacktouristen,
die, ihrer Rucksäcke überdrüssig, ins Profilager der Umweltschützer und
Menschenrechtsaktivisten überwechseln. Aber nicht wenige dieser Leute besitzen
dennoch ein Profil, erweisen sich als charismatische Abenteurer oder eloquente
Heilige. Es gelingt ihnen, die Rucksackästhetik, die Bergsteigermentalität, die
Weltumsegleraura in ihr Weltrettungsprogramm hinüberzuretten. Man kann sagen:
Es ist mitunter einfach nett, ihnen beim Weltretten zuzusehen. – Die Grünen
hingegen…!
    Ein Blick auf diese Leute genügt. Kein Weltumsegler weit und breit.
Kein Held der Sonne, keine Mutter Teresa und schon gar keine tierliebende
Brigitte Bardot. Sondern feiste, selbstzufriedene, arrogante Gesichter,
fratzenhaft, aufgeblasen laut oder dünnlippig scharf. Das ist nicht
übertrieben, wie denn auch? Jeder kann es tagtäglich im Fernsehen überprüfen,
diese Parade der Dominas und hysterischen Waschweiber, der
Blitzlichtgewitterabhängigen und der nuschelnden Besserwisser. Und man muß sich
die Frage stellen, wieso denn gerade »grüne Politik« von besonders scheußlichen
Menschen betrieben wird, die das Scheußliche bewußt und willentlich zu
kultivieren scheinen. Darauf kann niemand eine Antwort geben, vor allem darum
nicht, weil ja nicht etwa der Umweltschutz, der Tierschutz, die
Ernährungsfrage, dies alles sich besonders eignen würde, das Scheußliche zu
fördern, wie das vielleicht zum Waffengeschäft und zum Menschenhandel bestens
paßt. Nein, es ist ein Mysterium, wie es möglich sein konnte, daß diese überaus
würdigen Themen ausgerechnet von den unwürdigsten (also auf eine perverse Weise
erotischsten) Menschen aufgegriffen wurden. Darum hat sich die Welt stärker als
je zuvor in die Verlogenheit manövriert. So wie heutzutage alles den Beinamen
»demokratisch« trägt, trägt auch alles den Beinamen »bio«. Nichts ist so bio
wie die Lüge.
    Â»Was für eine blöde Kuh«, kommentierte Stavros Stirling seine kleine
Berührung mit der Welt der Grünen. Das war nicht sachlich, aber richtig war es
schon.
    Die drei Männer gingen nach draußen und stiegen in ein gesichtsloses
Auto, so ein Großraummobil, das alles hatte und nichts darstellte. Allerdings
war es ja auch Nacht und, wie man so sagt, alle Katzen gleich. Rorschach
startete, und sie fuhren

Weitere Kostenlose Bücher