Gezaehmt im Bett einer Lady
als Vawtry aufgehört hatte zu lachen und wieder normal zu atmen begann, wiederholte Beaumont sein Angebot.
„Das ist zu leicht“, sagte Vawtry. „Ich kann Ihnen nicht einfach so Ihr Geld abknöpfen. Das wäre nicht fair. Ich kenne Dain, seit wir in Oxford waren. Die Geschichte in dem Kaffeehaus war einer seiner Scherze. Um alles ein wenig aufzumischen und Unruhe zu stiften. In genau dieser Minute lacht er sich vermutlich krank darüber, wie er alle zum Narren gehalten hat.“
„Zweihundert“, sagte Beaumont. „Zweihundert, dass ihm binnen einer Woche das Lachen vergeht.“
„Verstehe“, antwortete Vawtry. „Sie wollen Ihr Geld aus dem Fenster werfen. Nun gut, alter Junge. Legen Sie die Bedingungen fest.“
„Binnen einer Woche sieht jemand, wie er ihr nachläuft“, erklärte Beaumont. „Er folgt ihr aus einem Zimmer oder auf der Straße. Nimmt ihre Hand. Himmel, es ist mir gleich - er kann sie auch an den Haaren ziehen ... das wäre mehr seine Art, nicht wahr?“
„Beaumont, einer Frau nachzulaufen, das passt so gar nicht zu Dain“, wandte Vawtry geduldig ein. „Dain sagt: ,Ich nehme die da‘, und dann legt er das Geld hin, und die Frau geht mit ihm.“
„Dieser wird er nachlaufen“, beharrte Beaumont. „So, wie ich es gesagt habe. Vor verlässlichen Zeugen. Zweihundert, dass er es binnen sieben Tagen tut.“
Das wäre nicht das erste Mal, dass Roland Vawtry seine umfassende Kenntnis von Dains Wesen Geld einbringen würde. Beelzebubs Verhalten vorherzusagen, damit bestritt Vawtry mehr als die Hälfte seines Einkommens. Er dachte, dass Beaumont es inzwischen eigentlich besser wissen müsste. Aber das tat Beaumont offensichtlich nicht, und das selbstsichere, leicht überlegene Lächeln auf dessen Gesicht begann Vawtry zu ärgern. Er setzte also selbst eine zutiefst mitleidige Miene auf - um Beaumont seinerseits zu ärgern - und nahm die Wette an.
Sechs Tage später stand Jessica am Fenster im Appartement ihres Bruders und betrachtete stirnrunzelnd die Straße unten.
„Ich bringe Sie um, Dain“, murmelte sie. „Ich werde Ihnen eine Kugel in genau die Stelle jagen, an der Ihre italienische Nase Ihre schwarzen Augenbrauen trifft.“
Es war beinahe sechs Uhr. Bertie hatte versprochen, er werde spätestens um halb fünf zu Hause sein, um ein Bad zu nehmen und sich umzuziehen und danach seine Schwester und seine Großmutter zu Madam Vraisses’ Gesellschaft zu begleiten. Mrs Beaumonts Porträt ihrer Gastgeberin sollte um acht Uhr enthüllt werden. Da Bertie wenigstens zweieinhalb Stunden für seine Toilette benötigte und zudem der Abendverkehr dicht sein würde, würden sie die Enthüllung des Gemäldes verpassen.
Und es war alles Dains Schuld.
Seit dem Vorfall im Kaffeehaus konnte er es nicht ertragen, Bertie aus den Augen zu lassen. Wo immer Dain hinging, was immer er tat, er konnte es nicht genießen, bis nicht auch Bertie dort war.
Bertie hingegen glaubte, dass er endlich Dains unverbrüchliche Freundschaft gewonnen hatte. Leichtgläubiger Dummkopf, der er nun einmal war, hatte Bertie keine Ahnung, dass die vermeintliche Freundschaft Dains Rache an Jessica war.
Was nur wieder zeigte, was für ein verachtenswerter Schurke Dain war. Der Streit bestand zwischen ihnen beiden, aber nein, er konnte nicht fair bleiben und die Sache mit jemandem austragen, der sich zu wehren wusste. Er musste Jessica durch ihren armen dämlichen Bruder bestrafen, der nicht die geringste Ahnung hatte, wie er sich verteidigen konnte.
Bertie wusste nicht, wie man es anstellte, sich nicht bis zur Bewusstlosigkeit zu betrinken oder aus einem Kartenspiel rechtzeitig auszusteigen oder eine Wette abzulehnen, die er nur verlieren konnte, oder zu protestieren, wenn ein leichtes Mädchen für ihre Dienste den dreifachen Preis verlangte. Wenn Dain trank, musste auch Bertie das, obwohl er es nicht vertrug. Wenn Dain spielte oder wettete oder herumhurte, musste Bertie es ihm ebenso nachtun.
Jessica hatte prinzipiell nichts gegen irgendeine dieser Praktiken einzuwenden. Sie war selbst schon mehr als einmal beschwipst gewesen und hatte gelegentlich sogar Geld beim Kartenspiel oder bei Wetten verloren - aber immer innerhalb vernünftiger Grenzen. Und was die Dirnen anging, wenn sie ein Mann wäre, so nahm sie an, würde sie sich auch ab und zu eine gönnen - aber sie würde keinesfalls auch nur einen Heller mehr als den gängigen Preis zahlen. Sie konnte kaum glauben, dass Dain so viel zahlte, wie Bertie behauptete, aber
Weitere Kostenlose Bücher