Gezaehmt im Bett einer Lady
sein?”
Er blickte über ihren Kopf hinweg zu Herriard, der mit unbeteiligter Miene am Tisch saß und Papiere in seine lederne Dokumentenmappe steckte. „Herriard, vielleicht können Sie mir erklären, was für ein schreckliches Verbrechen ich mir mit einer Hochzeit in London zuschulden kommen lasse.“
„Dieser Disput liegt außerhalb meiner Jurisdiktion“, sagte Herriard. „Genauso wie die Anzahl der Hochzeitsgäste, die geladen werden, oder irgendein anderer der Streitpunkte, die gewöhnlich bei einer Verlobung aufkommen. Sie werden das allein aushandeln müssen.“
Lord Dain war der Ansicht, er habe genug „Verhandlungen“ für einen Tag erduldet. Er war nicht mit der Absicht hergekommen, die Ursache seines Elends zu heiraten. Wenigstens nicht bewusst. Er hatte ihr einen Antrag gemacht, nur weil er es nicht ertrug, in die Ecke gedrängt, belästigt und geprügelt - wenigstens im übertragenen Sinn - zu werden von einer rachsüchtigen kleinen alten Jungfer und ihrem diabolischen Anwalt.
Ihm war bis zu dem Augenblick, da er ihr den Antrag gemacht hatte, nicht bewusst gewesen, wie viel ihm an ihrer Antwort lag. Bis eben hatte er nicht erkannt, wie langweilig und niederdrückend ihm Paris und die Wochen und Monate, die kommen würden, erscheinen würden, wenn er sich vorstellte, dass sie fort sein würde ... für immer.
Obwohl sie eingewilligt hatte, ließ ihm die heimliche Sorge keine Ruhe, dass sie am Ende doch noch entwischen würde, denn sie war schließlich noch nicht sein. Doch sein Stolz gestattete ihm nicht, ihr nachzugeben. Gib einen Zoll nach, dann nimmt eine Frau sich eine Elle.
Er musste so beginnen, wie er weiterzumachen vorhatte, sagte er sich, und er hatte vor, Herr in seinem eigenen Heim zu sein. Er würde sich nicht beeinflussen lassen. Er würde seine Lebensweise für niemanden ändern, auch für sie nicht. Dain gab die Anweisungen, andere gehorchten.
„Cara“, sagte er.
Sie erwiderte seinen Blick mit argwöhnischer Miene.
Er nahm ihre Hand. „Pack deine Koffer“, verlangte er leise.
Sie versuchte ihm ihre Hand zu entziehen; er ließ sie los, aber nur, um ihr seinen guten Arm um die Mitte zu legen und sie an sich zu ziehen, hochzuheben und ihr den Mund mit seinem zu verschließen.
Es war in einem Moment vorbei. Sie hatte kaum Zeit, sich zu wehren. Ein schneller schamloser Kuss ... und er stellte sie wieder hin, ließ sie los. Sie stolperte einen Schritt rückwärts, und ihr Gesicht war ganz rot.
„Das ist alles, was du an Verhandlungen bekommst, Jess“, sagte er und drängte hastig die Hitze und den Hunger, die die viel zu kurze Umarmung in ihm aufgerührt hatten, zurück. „Wenn du weiter streitest, nehme ich an, dass du mehr davon willst.“
„Nun denn, dann eben London - aber das wird dich teuer zu stehen kommen, Dain“, erklärte sie.
Sie wandte sich ab. „Mr Herriard, zeigen Sie ihm keine Gnade. Wenn er blinden Gehorsam will, dann wird das nicht billig für ihn werden. Ich erwarte das Lösegeld für einen König als Nadelgeld. Meine eigene Kutsche samt Gespann und Reitpferde. Großzügige Versorgung für Nachkommen, weibliche wie männliche. Legen Sie ihm Daumenschrauben an, Mr Herriard. Wenn er nicht brüllt oder herumstampft wie ein wütender Elefant, können Sie sicher sein, dass Sie nicht genug verlangen.“
„Ich zahle liebend gerne Unsummen“, bemerkte Dain boshaft grinsend, „für blinden Gehorsam. Gleich heute Nacht fange ich an, eine Liste zu verfassen.“ Er machte eine übertriebene Verbeugung vor ihr. „Bis übermorgen, Miss Trent.“
Sie knickste. „Geh zur Hölle, Dain.“
„Das werde ich zweifellos - irgendwann einmal.“ Er schaute den Anwalt an. „Sie können morgen um zwei Uhr mit Ihren höllischen Dokumenten bei mir vorsprechen, Herriard.“
Ohne auf eine Antwort zu warten, schlenderte Dain aus dem Zimmer.
9. Kapitel
Auf dem Weg nach Calais war Dain mit Bertie neben der Kutsche geritten. In den Gasthöfen hatte Dain sich mit Bertie in die Schankstube begeben, während Jessica mit ihrer Großmutter in einem Privatsalon speiste. Während der Überquerung des Ärmelkanals hatte Seine Lordschaft sich auf der anderen Seite des französischen Dampfschiffes aufgehalten. Auf dem Weg nach London war er wieder neben der luxuriösen Kutsche hergeritten, die er gemietet hatte. Einmal in London angekommen, hatte er sie, Bertie und Genevieve an der Tür von Onkel Arthurs und Tante Louisas Haus abgesetzt, und seitdem hatte Jessica ihren Verlobten
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