Gezaehmt im Bett einer Lady
Oder besser jetzt der Duke of Ainswood. Der vorherige Herzog, ganze neun Jahre alt, war vor einem Jahr der Diphterie zum Opfer gefallen. Dain hatte die Beileidskarte unterzeichnet, die sein Sekretär an die Mutter verfasst hatte, und die taktvolle Kombination aus Kondolenzschreiben und Gratulation für den neuen Herzog an Mallory, den Cousin. Dain hatte sich die Mühe gespart, darauf hinzuweisen, dass jegliche
Form von Takt an Vere Mallory verschwendet war.
Seit Wardells Beerdigung hatte Dain den Mann nicht mehr gesehen. Damals war sein ehemaliger Schulfreund betrunken gewesen, und das war er jetzt auch. Ainswoods schwarzes Haar war ein fettiger Wirrwarr, seine Augen geschwollen und blutunterlaufen und sein Kinn rau von wenigstens zwei Tagen ohne Rasur.
Dains Nerven befanden sich bereits in einem empfindlichen Zustand. Die Erkenntnis, dass er diese abstoßende Gestalt seiner zierlichen, eleganten und reinen Gemahlin vorstellen musste, spannte diese bereits überbeanspruchten Nerven noch ein gefährliches Stück weiter.
„Ainswood“, sagte er mit einem knappen Nicken. „Was für eine reizende Überraschung.“
„Überraschung ist kaum das passende Wort.“ Ainswood kam zum Fuß der Treppe herabgestiefelt. „Mich haut es schier um. Das letzte Mal, als ich dich gesehen habe, hast du gesagt, du würdest nie wieder nach England zurückkehren, niemandes wegen und wenn irgendjemand sonst dich bei seiner Beisetzung haben wolle, er es besser zustande brächte, den Löffel in Paris abzugeben.“ Sein Blick aus blutunterlaufenen Augen fiel dann auf Jessica, und er grinste auf eine, wie Dain fand, unerträglich obszöne Weise. „Himmel, ich will verdammt sein, wenn die Hölle nicht wirklich gefroren ist. Dain ist nicht nur zurück in England, sondern auch noch auf Reisen mit einem Freudenmädchen.“
Die Zügel an Dains Selbstbeherrschung begannen zu reißen. „Ich werde dich nicht fragen, in welcher Einsiedlerhütte du gehaust hast, dass du nicht weißt, dass ich seit fast einem Monat in London bin und heute Morgen geheiratet habe“, erklärte er mit kühler Stimme, gleichwohl innerlich kochend. „Die Dame hier ist zufällig meine Gattin.“
Er wandte sich an Jessica. „Madam, ich habe die zweifelhafte Ehre, dich mit... “
Das laute Gelächter des Herzogs unterbrach ihn. „Heirat?“, rief er. „Schnell, erzähl mir noch einen Witz. Vielleicht ist dieser Paradiesvogel deine Schwester. Nein, noch besser, deine Großtante Mathilda.“
Da jedes weibliche Wesen außerhalb des Schulzimmers genau wusste, dass Paradiesvogel eine andere Bezeichnung für Dirne war, hegte Dain keinen Zweifel daran, dass seine Frau sich des Umstandes bewusst war, dass man sie soeben beleidigt hatte.
„Ainswood, du hast mich gerade der Lüge bezichtigt“, teilte er seinem Gegenüber in unheilvoll mildem Tonfall mit. „Du hast meine Gattin verunglimpft. Zwei Mal. Ich werde dir genau zehn Sekunden zugestehen, eine Entschuldigung zu formulieren.“
Ainswood starrte ihn einen Moment lang an. Dann grinste er. „Du warst immer gut darin, bis zum Letzten zu bluffen, mein Junge, aber damit wirst du bei mir nicht durchkommen. Ich erkenne ein Täuschungsmanöver, wenn es mir unterkommt. Wo hattest du dein letztes Engagement, mein Täubchen?“, fragte er Jessica. „Beim King’s Theatre in Haymarket? Weißt du, ich will dich nicht im Mindesten verunglimpfen. Ich kann sehr wohl erkennen, dass du über seinem sonstigen Standard bist.“
„Das war jetzt das dritte Mal“, erklärte Dain. „Wirt!“
Der Mann, der sich in eine dunkle Ecke zurückgezogen hatte, kam wieder hervor. „Mylord?“
„Bitte geleiten Sie die Dame zu ihrem Zimmer.“
Jessica grub ihre Finger in seinen Arm. „Dain, dein Freund ist halb betrunken“, flüsterte sie. „Kannst du nicht...“
„Hoch mit dir!", sagte er nur.
Seufzend ließ sie seinen Arm los und tat, was er ihr gesagt hatte. Er schaute ihr nach, bis sie um den Treppenabsatz verschwunden war. Dann drehte er sich wieder zu dem Duke um, der immer noch zu ihr aufblickte und dessen Miene anstößig ausdrucksvoll seine Gedanken verriet.
„Erstklassige Ware“, bemerkte Seine Gnaden anerkennend und drehte sich augenzwinkernd zu ihm um. „Wo hast du sie nur aufgetan?“
Dain packte ihn am Halstuch und schubste ihn gegen die Wand. „Du dummes, dreckiges Stück Pferdemist“, sagte er. „Ich habe dir eine Chance gegeben, cretino. Jetzt muss ich dir den Hals umdrehen.“
„Ich erbebe in meinen
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