Gezähmt von sanfter Hand
keines sah die Herrin des Tales, wie sie sich erhitzt und hastig aus den Armen ihres Ehemannes wand. Und keines sah das wissende Lächeln, das um Richards Lippen spielte.
Sie drängte seinen Anblick rasch wieder aus ihrem Bewusstsein und eilte hinter den Kindern her.
Sie hatten fünf neugeborene Kätzchen gefunden, die erbärmlich zitterten und sich eng an die eingefallenen Flanken der Mutter drückten. Etliche hilfsbereite Hände hoben die Katzen behutsam in den Korb hinein. Richards Beitrag zu der Rettungsaktion bestand darin, den Korb vorsichtig die steile Leiter hinunterzutransportieren und ihn dann dem achtjährigen Mädchen anzuvertrauen. Vorsichtig und von ihren begeisterten Freunden umringt, überquerte es den Hof – die Kinder hatten sich dicht aneinander gedrängt, um die Katze und ihre Jungen vor dem wirbelnden Schnee zu schützen.
Das Tageslicht war mittlerweile fast vollkommen verblasst, als Catriona aus der Scheune hinaustrat. Richard verriegelte die Scheunentür, legte Catrionas Umhang um ihre Schultern und drückte sie fest an sich.
Sie folgten dem von den Kindern bereits ausgetretenen Pfad durch den Hof.
»Ich hoffe, dass sich die Kleinen wieder erholen werden – sie fühlten sich sehr kalt an. Ich schätze, ein wenig warme Milch könnte ihnen nicht schaden. Ich muss unbedingt die Köchin bitten, dass sie …«
Catriona redete in einer Tour weiter, ohne auch nur ein einziges Mal zu Richard aufzusehen. Beschützend stützte er sie gegen die stürmischen Windböen und geleitete sie mit einem leisen, stillvergnügten Lächeln auf den Lippen durch den wirbelnden Schnee zur Küche hinüber.
Richard war sich nicht sicher, was ihn geweckt hatte – ihre Schritte waren es mit Sicherheit nicht, denn Catriona wandelte lautlos wie ein Geist. Vielleicht war es einfach seine Gewissheit, dass sie nicht neben ihm im Bett lag – dort, wo sie eigentlich hätte sein sollen.
Gemütlich warm unter der Decke ausgestreckt, hob Richard den Kopf. Und dann erblickte er sie – sie hatte die Arme fest um ihren Morgenrock geschlungen und wanderte ruhelos vor dem Kamin auf und ab.
Das Feuer war mittlerweile heruntergebrannt, und zurückgeblieben war eine Hand voll glühender Kohlen, die den Raum mit ihrem matten Leuchten erfüllten. Im Haus war noch kein Laut zu hören.
Catriona war offenbar tief in Gedanken versunken. Richard beobachtete, wie sie unaufhörlich vor dem Kamin hin und her schritt und an ihrer Unterlippe kaute; etwas, das er bei ihr noch nie beobachtet hatte.
»Was ist denn los?«
Catriona blieb abrupt stehen und sah ihn aus weit aufgerissenen Augen an.
Und noch ehe sie ihm antwortete, wusste Richard, dass sie es ihm nicht sagen würde.
»Es tut mir Leid. Ich wollte dich nicht aufwecken.« Sie zögerte. Als Richard sich jedoch weiterhin auf einen Ellenbogen stützte und sie schweigend beobachtete, kehrte Catriona zum Bett zurück. »Schlaf weiter.«
Er wartete, bis sie direkt neben dem Bett stand. »Ich kann aber nicht schlafen – nicht, wenn du unentwegt hier herumwanderst.« Nicht, wenn sie sich offensichtlich Sorgen machte. Richard konnte deutlich spüren, dass sie etwas bedrückte und irgendeine schwere Sorge auf ihr lastete, die ihre normalerweise unerschütterliche Souveränität ins Wanken gebracht hatte. »Was ist es denn?«
Catriona seufzte und ließ ihren Morgenmantel von den Schultern gleiten. »Es ist nichts.« In Wahrheit jedoch sorgte sie sich um das Zuchtvieh – oder vielmehr um das Fehlen von Vieh. Aber …
Damit sollte sie Richard besser nicht belasten.
Als er sie gefragt hatte, was los sei, war ihr erster Gedanke gewesen, ihm alles zu erzählen – ihre Probleme auf Schultern abzuladen, die breiter waren als die ihren. Ihre Sorgen mit ihm zu teilen. Aber … in Catrionas Hinterkopf lauerte die unangenehme Ahnung, dass es falsch wäre, wenn sie sich ihm anvertraute. Und zwar aus einer ganzen Reihe von Gründen.
Richard um Rat zu fragen, ihn aufzufordern, sich noch intensiver mit der Verwaltung des Tales zu beschäftigen, könnte sich auf lange Sicht als die falsche Entscheidung erweisen – sowohl für sie als auch für ihn. Es war etwas anderes, jemandem Hilfe oder einen klugen Ratschlag anzubieten oder im Gegensatz dazu die Entscheidungen selbst zu treffen, das Endergebnis selbst zu bestimmen. Und mit dieser Unterscheidung, das hatte Catriona immer wieder erfahren müssen, hatten starke und dominante Männer so ihre Schwierigkeiten.
Und Richard auf genau diese Probe zu
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