Gezeiten der Sehnsucht - Feehan, C: Gezeiten der Sehnsucht - Dangerous Tides (4 - Libby)
kaufen, damit ich sehe, was in dir steckt, Ty?« Sie schlang ihre Finger um sein Handgelenk und zog daran, bis er sich zu ihr umdrehte. »Du kannst mir glauben, Tyson Derrick, wenn ich dich anschaue, sehe ich, wer du bist.«
»Du hast von allem nur das Beste verdient, Libby.«
Ein kleines Lächeln verzog ihre Mundwinkel, reichte aber nicht bis zu ihren Augen. »Vielleicht solltest du mein wahres Ich sehen. Du machst dir solche Sorgen, ich könnte nicht alle deine Seiten sehen, aber ich glaube, du siehst in mir nur das, was du sehen willst. Ich bin nicht perfekt, und ich werde es auch niemals sein. Und du hast Recht, ich kann nicht nein sagen und am wenigsten dann, wenn ich es unbedingt tun sollte.« Sie zog den Kopf ein. »Das Heilen kostet mich einen Preis. In den meisten Fällen nehme ich die Verletzung nicht auf mich, ich sende nur die Energien aus, die benötigt werden, um die Heilung zu fördern. Das schwächt mich, aber es ist nicht gefährlich. Meine Schwestern sind so eng mit mir verbunden wie ich mit ihnen. Wenn ich beschließe, einen Menschen zu heilen, der tödlich verwundet ist …«
»Wie Jonas.« Wie mich. Er durfte sich nicht einmal ausmalen, was sie für ihn riskiert hatte.
Sie nickte. »Wie Jonas. Dann gefährde ich damit nicht nur mein Leben, sondern auch das meiner Schwestern. Im Allgemeinen bin ich sehr vorsichtig, aber es kann schwierig sein, nein zu sagen, wenn ein Elternteil mich anfleht, weil die Krankheit oder die Verletzungen seines Kindes mit den üblichen Mitteln nicht mehr zu heilen sind … oder wenn es sich um einen Menschen handelt, den ich sehr gern mag.«
»Du bist nicht Gott, Libby, ebenso wenig wie ich es bin. Wir tun, was wir können, und leben damit, dass vieles nicht in unserer Macht steht.« Und wenn es nach ihm ginge, würde sie ihr Leben oder ihre Gesundheit nie mehr gefährden.
»Ich war in Afrika, Ty, und in vielen anderen Ländern, wo
die Menschen nichts zu essen und keine Medizin und keine Schulen haben. Es ist schwer, mit anzusehen, wie so viele Menschenleben weggeworfen werden, als zählten sie überhaupt nicht.«
Er nahm ihr Gesicht in seine Hände und beugte seinen Kopf zu ihr hinab. »Diesen Menschen ist nicht damit geholfen, wenn du dir schadest, Libby. Du bist Ärztin und kannst schon allein in dieser Eigenschaft ungeheuer viel Gutes tun. Und du brauchst dich bei mir nicht dafür zu entschuldigen, wie du bist, du brauchst es mir auch nicht zu erklären. Ich weiß ganz einfach, dass ich an deine Seite gehöre. Ich weiß, dass ich dir in vieler Hinsicht zu einem besseren Leben verhelfen kann.« Hier im Dunkeln unter dem Sternenhimmel, während unter ihnen das Meer rauschte, fiel es ihm viel leichter, mit ihr zu reden.
»Ich weiß, dass dich das, was Harry und Sam gesagt haben, tief getroffen hat, Ty«, sagte Libby. »Dein Geld interessiert mich nicht.«
»Das macht mich nicht so glücklich, wie man meinen sollte. Denn wenn du an Geld interessiert wärst, hätte ich dir etwas zu bieten.«
Er war wie ein kleiner Junge, der ihr seine Schätze einen nach dem anderen anbot, damit sie bei ihm blieb. »Ich dachte, du hättest gesagt, ich bräuchte dich.«
»Das stimmt, aber du bist wahrscheinlich noch nicht so weit, es dir einzugestehen.«
Sie zuckte die Achseln. »Ich weiß es nicht. Bei dem Gedanken, außer meiner Familie noch jemanden in meinem Leben zu brauchen, fühle ich mich verletzbarer als jemals zuvor. In meiner Familie gibt es eine Prophezeiung über ein Tor, das sich öffnet, wenn wir unsere wahre Liebe finden.« Sie lachte leise. »Meine Schwestern und ich haben ein Schloss an dem Tor angebracht, um unsere Sicherheit zu gewährleisten.«
Er ließ einen Finger über ihren Wangenknochen gleiten. »Ihr habt eure wahren Lieben ausgesperrt? Du zerstörst all meine
Illusionen. Werden Frauen nicht schon mit dem Heiratswunsch geboren?«
Libby lachte schallend. »Ich glaube, Männer wollen das gern glauben, aber erstaunlicherweise gefällt vielen von uns unsere Unabhängigkeit. Wir sehen die Ehe als eine Institution an, die vor allem den Männern Vorteile bringt.«
Er riss beide Hände in die Luft. »Jetzt schockierst du mich wirklich. Wie kann das sein?«
»Sämtliche Vorteile sind auf der Seite des Mannes. Wir Frauen verdienen inzwischen Geld und bestimmen über unser eigenes Leben. Wenn wir uns mit einem Mann einlassen, fallen uns all die üblichen Hausarbeiten zu, während wir weiterhin Geld verdienen.« Sie grinste ihn an. »Was soll daran reizvoll
Weitere Kostenlose Bücher