Gezeiten der Sehnsucht - Feehan, C: Gezeiten der Sehnsucht - Dangerous Tides (4 - Libby)
musste er mit sich ringen, damit ihn dieses unerwartete Gefühl nicht überwältigte.
»Was ist, Liebling?«, fragte sie ihn, und ihre Stimme war gesenkt, vertraulich und liebevoll.
Er fühlte den Klang ihrer Stimme und ihre Berührungen in seinem Innern. Mit ihrer Stimme und mit ihren Berührungen konnte sie ihn mühelos entwaffnen. »Ich mag deine Familie.« Sein Tonfall war rauer, als er es beabsichtigt hatte, und um seine Gefühlsaufwallung zu überspielen führte er ihre Hand an seinen Mund und knabberte an ihren Fingern.
Libby sah ihre Schwestern an. »Ich mag sie auch.«
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15.
T yson blieb abrupt auf dem Gehweg zum Haus von Ida Chapman stehen und stieß Libby hinter sich. »Die Haustür steht offen«, flüsterte er. »Sam würde diese Tür niemals offen lassen. Geh zum Wagen zurück, und wenn ich nicht in zwei Minuten wieder rauskomme, verschwindest du von hier und verständigst den Sheriff.«
Er drückte zur Beruhigung ihre Hand und schlüpfte ins Haus. Erhobene Stimmen waren schwach zu hören, und er folgte dem Geräusch in die Küche. Die Tür zu seinem Labor stand weit offen, und er hörte Sam fluchen.
Als Tyson die Treppe hinuntereilte, fand er Harry Jenkins über Sam gebeugt vor, der auf dem Boden lag. Sams Gesicht war mit Blut verschmiert, ein Auge blau und fast vollständig zugeschwollen. Tyson packte Harry am Kragen, riss ihn hoch und knallte ihn fest gegen einen der vielen Tische, die im Fußboden festgeschraubt waren. Harry kreischte etwas Unverständliches, doch Tyson ließ ihn nicht los und zerrte ihn auf die Füße.
»Hör auf!«, schrie Sam. »Nein, Ty, er war es nicht. Martinellis Männer waren hier.«
Tyson ließ Harry, wenn auch ungern, los, drehte sich um und half seinem Cousin vom Boden hoch. Als Ty Sam packte und ihn auf die Füße zog, riss Sam die Augen weit auf. Diese kleine Warnung genügte Tyson, um seinen Kopf ruckhaft zur Seite zu bewegen. Trotz seiner schnellen Reaktion erwischte ihn Harrys Kinnhaken.
»Du Arschloch, du hast mir die Bullen auf den Hals gehetzt«, sagte Harry anklagend und wich zurück, als Tyson sich wieder auf ihn stürzen wollte. Er hielt beide Hände hoch. »Das hast du verdient. Sie haben mich stundenlang festgehalten. Machst du dir überhaupt eine Vorstellung davon, wie demütigend das ist? Du bist hier derjenige, den sie einsperren sollten.«
Tyson sah Harry finster an. »Was zum Teufel hast du hier zu suchen?«
»Was meinst du wohl? Du hast die Bullen auf mich angesetzt. Sie haben mich vor den Augen aller aus meinem Hotelzimmer geschleift und mich abgeführt, um mich zu verhören. Ich musste die Anwälte der Firma anrufen.« Harry ging einen Schritt auf Tyson zu. »Diesmal bist du zu weit gegangen.«
»Wie bist du hier reingekommen?«, fragte Tyson und musterte dabei das Gesicht seines Cousins.
Schuldbewusstsein schlich sich auf Harrys Gesichtszüge. »Ich wollte sehen, was du tust. Das ist mein Recht.«
Sam betastete den Steg seiner gebrochenen Nase. »Ich habe ihn mit einem Baseballschläger hier unten erwischt. Damit wollte er gerade auf deinen Computer losgehen, als Martinellis Männer sich auf mich gestürzt haben. Harry hat sich unter einem der Tische versteckt, während sie mich verdroschen haben. « Sam hob einen der umgefallenen Stühle vor den vier Computern auf, stellte ihn hin und setzte sich. »Martinelli macht Ernst, Ty. Ich glaube, wenn ich nicht tue, was er will, lässt er mich umlegen.«
»Ich habe mich unter dem Tisch versteckt, weil sie bewaffnet waren«, verteidigte sich Harry. »Schließlich war das nicht meine Angelegenheit. Ich hatte nicht vor, mich wegen irgendwelcher Spielschulden erschießen zu lassen.«
»Du bist ein echter Menschenfreund, Harry«, sagte Tyson verächtlich. »Es macht dir nichts aus, in mein Haus einzubrechen und meine Arbeit mit deinem Vandalismus zu zerstören, aber Sam hilfst du nicht, wenn er tätlich angegriffen wird.«
»Das ist nicht deine Arbeit«, widersprach Harry. »Es ist meine Arbeit. Und diesmal lasse ich sie mir nicht von dir stehlen.«
Tyson ignorierte Harrys Ausbruch und sah sich Sams geschwollenes Gesicht an. »Wie viele waren es?«
»Zwei. Ein Dritter könnte Schmiere gestanden haben. Ich hatte das Gefühl, sie hatten gehofft, dich heute Abend zu Hause anzutreffen, nicht mich. Ich war schon spät dran, aber ich wollte schnell noch das Geschirr holen und es im Spülbecken einweichen, bevor ich zur Arbeit ging. Ich wusste doch, dass du bestimmt nicht daran gedacht hast.
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