Gezeiten der Sehnsucht - Feehan, C: Gezeiten der Sehnsucht - Dangerous Tides (4 - Libby)
und einem fahrbaren Sessel schon gar nicht. »Libby hat mir erzählt, du seist bei Jonas im Krankenhaus gewesen, Hannah. Wie geht es ihm?«
Joley und Elle streckten beide ihre Hände aus und legten sie
auf Hannahs Beine. Sie hob ihr Kinn ein wenig und rang sich mühsam ein kleines, gepresstes Lächeln ab. »Er atmet wieder selbstständig, obwohl er noch nicht wirklich wach ist. Sie haben dafür gesorgt, dass er noch eine Zeit lang bewusstlos bleibt.« Ihre Stimme war ein wenig stockend.
Tyson warf einen schnellen Blick auf Libby. »Er wird doch wieder gesund, oder?«
Sarah antwortete. »Ja, selbstverständlich. Wir würden nicht zulassen, dass Jonas etwas passiert. Er gehört zur Familie. Wir hängen sehr an ihm.«
Tyson seufzte und sah auf seine Hände hinunter. Vielleicht glaubten sie alle daran, Zauberkräfte zu besitzen. Sie hatten die Leute so lange zum Narren gehalten, dass sie jetzt selbst von ihren Kräften überzeugt waren. Sein Verdacht hatte sich somit bestätigt. Es war nicht nur Libby, sondern es ging allen miteinander so. »Wann wird er aus der Intensivstation verlegt werden ?«
»Etwa in einer Woche«, sagte Hannah.
Tyson nahm aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahr, und als er den Kopf umdrehte, sah er etliche dampfende Becher durch die Luft schweben. Sein Atem stockte. Eine Vorrichtung, die Teetassen durch die Luft schweben ließ, konnte es eigentlich nicht geben. Er beobachtete, wie die Schwestern die vorbeischwebenden Becher am Henkel aus der Luft griffen. Der letzte Becher kam auf ihn zu, langsam und träge. Er kniff die Augen zusammen und musterte die Luft um den Becher herum eingehend, denn er wollte herausfinden, ob der Becher einen feststehenden Kurs eingeschlagen hatte oder sich auch nach oben oder unten bewegte.
Tyson versuchte, sich lässig zu geben, als er den Becher mit dem dampfenden Tee am Henkel aus der Luft griff. Er beugte sich vor, um mit der rechten Hand in der Umgebung des Bechers nach verborgenen Drähten zu suchen. Seine Hand stieß auf nichts anderes als Luft, und als er den Becher nahm, war
nicht der geringste Widerstand zu spüren, der einen Hinweis darauf gegeben hätte, dass ein verborgener Mechanismus den Becher freigab. Er lehnte sich zurück und trank einen Schluck, während alle erdenklichen Möglichkeiten durch seinen Kopf schwirrten.
Er sah Libby an. Sie schien sich vollständig ihrem Tee zu widmen und nickte gerade, um eine Bemerkung von Sarah zu bestätigen, die ihm entgangen war. Sein Mund war trocken, und sein Herz schlug eine Spur zu schnell. Er hatte mehr als einen Zauberkünstler auf der Bühne gesehen und nicht ein einziges Mal geglaubt, das, was er sah, sei real. Er wusste von Spiegeln und kannte sich mit Sinnestäuschungen aus, aber er hatte gerade einen schwebenden Becher aus der Luft gegriffen.
»Möchtest du vielleicht ein Plätzchen zum Tee?«, fragte Hannah zuvorkommend.
Bevor er ablehnen konnte, kam ein Teller voller Plätzchen aus der Küche geschwebt. Der Teller nahm eine ganz andere Route als die Teetassen. Tyson sank ein wenig tiefer in den Sessel und verschluckte sich an seinem Tee. Fast wäre er ihm zur Nase herausgekommen. Es musste eine rationale Erklärung für diese Dinge geben. Der Teller hielt direkt vor ihm in der Luft an. Die Plätzchen rochen himmlisch und sahen mehr als verlockend aus.
Er legte seine Hand unter den Teller und drückte dagegen. Der Teller neigte sich zur Seite und die Plätzchen fielen herunter. Er hatte lediglich die Unterseite des Tellers untersuchen wollen, doch jetzt zog er die Hand zurück und starrte schockiert die Plätzchen an, die in Form eines Wasserfalls reglos in der Luft hingen, ohne auf den Boden zu fallen. Eines nach dem anderen nahmen sie ihre frühere Anordnung auf dem Teller wieder ein. Bevor das letzte Plätzchen seinen Weg auf den Teller fand, schnippte Joley mit den Fingern und streckte eine Hand aus. Tyson beobachtete voller Entsetzen, wie das Plätzchen seinen Kurs änderte und sie auf direktem Wege ansteuerte.
Joley griff es aus der Luft und biss hinein. »Die sind ganz toll, Hannah. Du hast dich selbst überboten. Hast du dieses neue Rezept ausprobiert, von dem du uns erzählt hast?«
»Heilige Scheiße«, platzte Tyson heraus. »Das ist nicht mehr komisch. Ich hätte fast einen Herzinfarkt bekommen. Wie zum Teufel stellt ihr all das an?«
Libby legte den Kopf zur Seite, so dass ihr Haar über ein Auge fiel. Das verlieh ihrem Aussehen etwas Geheimnisvolles und gab ihr vielleicht
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