Ghost Hunters: Unheil aus der Tiefe - Green, S: Ghost Hunters: Unheil aus der Tiefe - Ghost of a Chance
die Vorherrschaft rangen, nicht einmal berührt. Happy nahm Medikamente nicht, um sich hinter ihnen zu verstecken, sondern um sich einen Vorteil zu verschaffen. Oder wenigstens war es das, was er sich selbst sagte.
Er hielt an einer Kreuzung inne und begann, sich auf Zehenspitzen um sich selbst zu drehen. Seinen Kopf reckte er in die Luft, als wolle er sie testen oder Laute erlauschen, die nur er hören konnte. Er hatte schon seit einiger Zeit das Gefühl, dass ihm jemand folgte, aber egal, wie schnell er sich auch umdrehte, nie war jemand da. Happy zügelte seine wirbelnden Gedanken mit einem eisernen Willen, den der Rest seines Teams ihm nie zugetraut hätte, und stand sehr still. Da war definitiv Jemand oder Etwas mit ihm hier in den Korridoren. Dazu brauchte er nicht einmal seine Telepathie. Er schnaubte laut, kicherte kurz und rieb seine trockenen Hände aneinander. In Momenten wie diesen wünschte er, dass er eine wirklich große Kanone bei sich hatte. Oder auch nur eine wirklich große Keule. Mit Nägeln.
Viele Leute fragten, und nicht gerade wenige wollten ehrlich wissen, warum Happy eigentlich so viele Tabletten nahm. Ein paar, die etwas Erfahrung mit Telepathie hatten, sagten, sie verstünden das, aber eigentlich taten sie es nicht. Happy nahm immer nur das, was er brauchte, um sich mutig, klug oder stark genug zu machen, um seinen Job ordentlich erledigen zu können. Er wollte zurückschlagen können, auf all die Dinge, die sein Leben von klein auf so miserabel gemacht hatten. Rache bietet immer die größte Genugtuung.
Zu Hause aß er, schlief und sah fern, wie jeder andere auch. Er betäubte sich selbst mit der Routine, dem Gewöhnlichen und dem Alltäglichen. Er konnte es sich nicht leisten, immer high zu sein. Er konnte sich nicht leisten, ständig selig lächelnd sein Leben zu verträumen. Weil Happy wusste, was sonst noch in der Welt neben uns allen so lebt. Er musste gewappnet sein. Weil man nie wissen konnte, wann sich von hinten etwas an einen heranschlich.
Keine Freunde, keine Liebe, keine Geliebten. Weil er seine Welt nie mit jemandem hätte teilen können. Es wäre nicht fair gewesen.
Happy sah sich um und die Korridore erstreckten sich in jede Richtung; unmöglich lang, eine offene Bedrohung. Happy lachte herausfordernd und klatschte in die Hände. Das Geräusch hallte beinahe schockierend laut durch die Stille.
»Du kriegst mich nicht!«, sagte er mit lauter, rauer Stimme. »Du kannst mich nicht kriegen, weil ich gar nicht wirklich hier bin. Ich bin bewaffnet und befinde mich ungefähr neunzig Grad von der Realität entfernt, also weit außerhalb deiner Reichweite. Also komm schon raus und zeig mir, was du draufhast, dann lache ich dir direkt ins Gesicht! Wie gefällt dir das, Casper?«
Die Korridore lagen offen und schweigend vor ihm, aber Happy wusste, dass jemand lauschte. Ihn aus der Entfernung beobachtete. Happy fragte sich, was dieser Jemand wohl von ihm und seinem besonderen Geisteszustand hielt. Vielleicht hatte er Angst. Der Gedanke machte Spaß. Geister waren sehr einfache Wesen, wirklich – wenn sie einem keine Angst einjagen konnten, dann wussten sie meist nicht weiter. Also ging Happy in den nächstbesten Korridor, angefüllt mit chemisch induzierter guter Laune und beinahe ohne zu zittern; medizinisch gerüstet gegen alles Unbekannte, das sich ihm in den Weg stellen mochte.
Happy dachte gern von sich, er gehöre zu den letzten Unbestechlichen.
***
Auf dem südlichen Bahnsteig kämpfte Melody gegen ihre kostbaren Geräte und versuchte, die verdammten Dinger mit fachlicher Einschüchterung und der schieren Kraft ihrer Persönlichkeit dazu zu bringen, das zu tun, wozu sie da waren. Sie beugte sich über Computertastaturen, starrte direkt auf die Monitore und beschimpfte und beruhigte sie mit dem gleichen, nur halbbewussten Murmeln. Melody bevorzugte harte Fakten und fühlte sich hilflos und verletzlich ohne sie. Sie hatte beim Carnacki-Institut eigentlich nur aus dem Grund angefangen, weil all ihre eigenen Forschungen sie überzeugt hatten, dass nur das Institut ihr die Antworten auf die Fragen geben konnte, die sonst niemand auch nur zu stellen wagte. Sie hatte auf ein nettes kleines Leben in einer netten kleinen Institutsbibliothek gehofft, doch stattdessen hatte man sie zur Agentin ausgebildet und in die Welt geschickt, wo sie ihre Antworten selbst zu finden hatte. Wie zu erwarten, hatten ihre Erfahrungen draußen nur zu einer ganzen Reihe völlig neuer Fragen
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