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Ghost Street

Ghost Street

Titel: Ghost Street Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josh Ericson
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anständigen Job und genug Geld in der Tasche. Von Buddy, der als Lkw-Fahrer eher bescheiden verdiente, malabgesehen. Wie schon vor vierzig, fünfzig Jahren war der Klan kein Haufen von ungebildeten Geringverdienern.
    Zahlenmäßig war man schwächer als damals. In den Sechzigern waren mehr als hundert Klansmänner bei den Treffen gewesen und sie hatten sich auch nicht zu verstecken brauchen. Im Schein eines brennenden Kreuzes hatte es riesige Kundgebungen auf Volksfestplätzen und Footballfeldern gegeben. Heute traf sich ein Häuflein von sechs Aufrechten in einer Scheune. Kein Wunder, dass einige schon daran dachten auszusteigen.
    Hamilton und Kirshner machten es sich auf zwei Heuballen bequem. Auch die anderen Männer saßen auf Heuballen oder lehnten an der Scheunenwand. Von einem der stabilen Balken, die den Heuboden stützten, hing eine Sturmlampe und verbreitete trüben Schein. Flackernde Schatten tanzten über den Scheunenboden und die Gesichter der Männer.
    »Es geht bestimmt um den verdammten Mord«, erneuerte Hamilton seinen Verdacht, »den Mord an dieser Rydell. Kirshner und ich waren es nicht, dafür haben wir sogar Zeugen.«
    »Wir auch nicht«, antwortete der Apotheker, ein untersetzter, stets missgelaunter Mann. Er war dem Klan beigetreten, nachdem zwei Schwarze einen Karton mit Schmerzmitteln aus seiner Apotheke gestohlen und seiner kleinen Tochter einen Schrecken eingejagt hatten. Ansonsten waren ihm die Schwarzen ziemlich egal. »Wir haben gerade darüber gesprochen. Von uns war’s auch keiner. Das fehlte noch, dass uns die Cops so was anhängen.«
    »Vergiss den Mord«, sagte der Versicherungsmann. »Wenn du’s nicht getan hast, brauchst du auch keine Angst zu haben.« Er hielt sein Gesicht in den Lichtschein. »Davon abgesehen … ich finde es gar nicht schlecht, dass jemanddie Frau umgelegt hat. Immerhin soll sie mit Niggern befreundet gewesen sein. Und ich hätte auch nichts dagegen, wenn der Killer noch ein paar andere umlegen würde. So eine Mordserie spielt uns doch nur in die Hände. Wenn die Leute merken, dass endlich einer aufräumt, geht es wieder rund. Oder glaubt ihr im Ernst, die Leute wollen, dass dieser Abschaum was zu sagen hat? Ich habe meine Tochter auf eine andere Schule geschickt, als sie einen Niggerlehrer in Geschichte bekam, stellt euch das vor. Der hätte ihr doch nur einen Haufen Lügen aufgetischt. Wir müssen uns mehr zutrauen.«
    »Stimmt«, meldete sich Buddy. »Was haben wir denn bis jetzt gemacht? Ein paar Nigger verprügelt, einem Liebespaar die Reifen vom Auto zerstochen, einem Junkie die Nase eingetreten … das ist doch alles nur Kinderkram. Ich dachte, wir wollten den Ku-Klux-Klan aus der Versenkung holen und ihm zu neuem Ansehen verhelfen. Stark wie die christliche Kirche sollte er werden … oder stärker.«
    »Du hast recht, Buddy«, erklang eine heisere Stimme vom Eingang. Das Scheunentor öffnete sich einen Spalt und eine verhüllte Gestalt betrat den Raum. Mit ihr strömte kühle Luft in die Scheune und ließ die Flamme in der Sturmlampe zittern. Mit einer Hand warf die geheimnisvolle Gestalt die Tür zu und trat noch etwas näher.
    Im Halbdunkel zwischen den Heuballen blieb sie stehen. Ein schlanker Mann in der weißen Kutte des Ku-Klux-Klans, über dem Kopf trug er eine Kapuze, die nur zwei Löcher für die Augen freiließ, seine Hände waren mit Handschuhen bedeckt, die Füße steckten in schlichten Schuhen, damit man ihn auf keinen Fall erkannte. Er stand wie ein unnachgiebiger Rächer im Halbdunkel, ein Mann aus einer längst vergangenen Zeit, der sich in die Gegenwart verirrt hatte.
    Seine Männer hielten unwillkürlich den Atem an, so wie jedes Mal, wenn er sie besuchte. Er machte ihnen Angst, nicht nur wegen der weißen Kutte und der Kapuze, auch durch sein geheimnisvolles Auftreten und seine heisere Stimme. Keiner hatte ihn jemals unverhüllt gesehen, keiner kannte seine Identität. Er rief sie zu einem der Treffpunkte, tauchte aus der Dunkelheit auf, gab seine Befehle und verschwand wieder, und wenn er telefonierte, dann über ein Wegwerfhandy mit Prepaidkarte, das man nicht zurückverfolgen konnte.
    »Du hast recht, Buddy«, wiederholte er, als er sich der Aufmerksamkeit seiner Männer sicher sein konnte. »Bis jetzt haben wir nur wenig geleistet. Unserem Ziel, der weißen Rasse zu neuer Geltung zu verhelfen und Nigger und Latinos in ihre Schranken zu verweisen, sind wir kaum einen Schritt näher gekommen. Bis heute Morgen.«
    Sein letzter

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