Ghost Street
erwartete er ein himmlisches Zeichen, das ihn von seiner Sünde freisprach. Nichts geschah.
»Und wenn ich mich scheiden lasse?« Sie stützte sich auf einen Ellbogen und blickte ihm in die Augen. »Dann könnten wir heiraten, und selbst Gott hätte nichts mehr gegen unsere Liebe einzuwenden.« Sie küsste ihn zärtlich auf die Stirn. »Und wir bräuchten uns nicht mehr in dieser heruntergekommenen Hütte zu verkriechen.«
»Das Haus gehört der Gemeinde, und bis der Bischofdarauf drängt, dass wir es verkaufen, vergehen sicher noch Monate. Gott hat uns diesen Ort geschenkt. Ich sehe es als Zeichen … dass Gott mit unserer Liebe einverstanden ist, und er wird uns auch ein Zeichen geben, was mit uns geschehen soll. Unsere Liebe ist stark, Mary!«
Sie küssten sich wieder und vergaßen alles um sich herum, fuhren erst auseinander, als ein seltsames Geräusch von draußen an ihre Ohren drang. Ein leises Glucksen, als ob sich jemand mit einem Eimer Wasser dem Haus näherte. Gleich darauf wurde es wieder still, und sie hörten nur das leise Rauschen des Windes, der körnigen Sand gegen die Holzwände trieb.
»Was war das?«, flüsterte sie.
»Keine Ahnung. Eine streunende Katze oder ein Waschbär, der in den Pfützen vorm Haus badet, wer weiß? Kein Grund, sich Sorgen zu machen. Niemand weiß, dass wir uns hier treffen. Solange dein Mann verreist ist, brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Hier sind wir absolut sicher.«
»Und was ist mit diesem … diesem Killer? Im Fernsehen sagten sie, dass er es auf die Nachkommen von Klan-Opfern abgesehen hat. Dein Vater … ihn haben die Klansmänner doch ermordet. Sie haben sein Haus angezündet und ihn … in den Nachrichten haben sie Bilder von seinem abgebrannten Haus gezeigt. Was ist, wenn der Killer es auf uns abgesehen hat?«
»Unsinn!«, beruhigte er sie. Er hatte ihr nicht erzählt, dass er Polizeischutz bekommen hatte und seinen Beschützern entwischt war. Sie hätte sich nur unnötig gesorgt und ihr Treffen vielleicht aus Angst abgesagt. »Selbst wenn er mir was antun wollte, käme er nicht weit. Kein Mensch weiß, dass wir hier sind, und ich hätte es gemerkt, wenn mir jemand gefolgt wäre.« Er dachte an den Wagen, den erauf dem Highway beobachtet hatte, nachdem er hierhergekommen war, und wurde unsicher. »Aber ich sehe draußen nach, wenn dir dann wohler ist.«
Er rollte sich von der Couch und suchte im Schein der Sturmlampe nach seinen Kleidern.
Wieder dieses Geräusch, diesmal auf der anderen Seite. Ein seltsames Glucksen, als würde Wasser verschüttet, dann plötzlich strenger Benzingeruch, der keinen Zweifel darüber ließ, was draußen im Gange war.
»Verdammt!«, fluchte Keane, ein Wort, das er als Pfarrer sonst nie in den Mund nahm. Vor seinem geistigen Auge tauchte das Bild des brennenden Hauses auf, in dem sein Vater gestorben war, obwohl Roy Keane jr. damals gar nicht dabei gewesen war. Seine Mutter hatte eine kranke Tante mit ihm besucht – ihr und sein Glück.
»Der Killer!«, flüsterte er. »Er zündet das Haus an. Wir müssen hier raus!«
Er half Mary von der Couch und wollte mit ihr zur Hintertür laufen, doch es war schon zu spät.
Mit einem lauten Zischen entzündete sich das Benzin und eine lodernde Feuerwand stieg um die Hütte empor. Das Feuer kam so plötzlich, dass es innerhalb weniger Augenblicke jeden Fluchtweg versperrte. Vor den Fenstern und Türen war nur Feuer, lodernde Flammen, die alles verschlangen, was sich ihnen in den Weg stellte.
Mary begann zu schreien, klammerte sich in ihrer Panik an Keane und stieß verzweifelt hervor: »Bring uns hier raus, Roy! Ich will noch nicht sterben! Bring uns hier raus, verdammt!«
Keane kämpfte sich zur Tür vor, seine Geliebte wie eine Klette an seiner Seite und ihre langen Fingernägel in seiner Haut. Sie kamen nicht einmal bis auf drei Schritte an die Tür heran.
Sie versuchten es mit dem Fenster und sanken verzweifelt zu Boden, als die Scheiben durch die Wucht des Feuers zersprangen und die Flammen ins Wohnzimmer schossen und mit gierigen Zungen nach der Couch griffen.
Keane löste sich gewaltsam von Mary und griff nach seiner Hose, doch sein Handy fiel heraus und verschwand in den Flammen. Es hätte sowieso nichts genutzt. Es war zu spät, um jetzt noch Hilfe zu rufen. Bis die Hilfskräfte erschienen, waren sie längst tot.
Den linken Unterarm gegen das sich ständig nähernde Feuer erhoben, wich er in die Mitte des Raumes zurück. Er umarmte Mary und sank mit ihr zu Boden,
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