Ghost Street
endlich?
»Bald«, gab er sich selbst die Antwort, »schon sehr bald!« Sobald er seine Hinrichtungen durchgeführt hatte und der Klan wieder in aller Munde war. Noch drei Morde und unter den Niggern würden wieder Angst und Schrecken regieren. Ein paar gewöhnliche Morde wären nicht genug gewesen. Man musste deutliche Zeichen setzen, wenn man Großes erreichen wollte. Jeremy Hamilton war ein gefürchteter Klansmann gewesen. Allein, dass nun sein Name in einem Atemzug mit den Hinrichtungen genannt wurde, war den Aufwand wert. Seine Taten würden in die Annalen eingehen. Er würde Geschichte schreiben.
Und die Cops würden auch bei dem Pfarrer und der alten Niggerin, die sich damals mit dem Studenten eingelassen hatte, zu spät kommen. Sie hatten keinen blassen Schimmer, dass er die Reihenfolge geändert hatte und zuerst den Pfarrer bestrafte. Und sie hatten noch weniger Ahnung, dass er sich für die Alte etwas ganz Besonderes ausgedacht hatte.
Zuerst hatte er vorgehabt, seine Klansmänner mitzunehmen, aber sie waren noch nicht reif für diese verantwortungsvollen Taten. Besonders der Apotheker ging ihm mit seinem ständigen Gejammer auf die Nerven. Buddy war okay, auch Stephen Hamilton und Pete Kirshner zeigten gute Ansätze. Bei der letzten Hinrichtung würde er sie vielleicht mitmachen lassen, für die Krönung seiner Serie wollte er eine feierliche Kulisse.
Er beobachtete, wie Father Roy Keane jr. sich von den letzten Gläubigen verabschiedete und in der Pfarrei verschwand. So wie nach jeder Spätandacht an zwei Werktagen in der Woche. Der Killer hatte ihn mehrfach beobachtet und kannte den Tagesablauf seines Opfers genau. Die Vorbereitung war wichtiger als die Tat selbst, damit legte man den Grundstein für den späteren Erfolg. So war es bei Angie Rydell und Homer Middleton gewesen, und so würde es auch bei dem Pfarrer sein. Gleich würde das Licht in der Pfarrei angehen, man würde den Schatten des Mannes hinter den erleuchteten Fenstern sehen, und zehn Minuten später würde er in legerer Freizeitkleidung aus dem Haus schleichen und in seinem Kombi vom Hof fahren.
Doch nichts geschah. Das Licht ging an, der Schatten war hinter den Fenstern zu sehen, dann wurde es dunkel, aber der Pfarrer erschien nicht. Wich er ausgerechnet heute von seinem starren Wochenplan ab? Hatte er es sich anders überlegt? War seine Freundin krank geworden oder anderweitig verhindert? Gegen dumme Zufälle war man auch mit sorgfältiger Planung und Umsicht nicht gefeit.
Der Killer hatte einiges zu verlieren, und wenn irgendetwas nicht so lief, wie er es geplant hatte, war er doppelt vorsichtig, darum sah er sich jetzt aufmerksam um. Ein Blick in den Außenspiegel bewahrte ihn vor größerem Ärger. Nur weil in diesem Augenblick ein Mann aus einem Chevygegenüber der Pfarrei stieg, sich eine Zigarette anzündete und mit dem Fahrer sprach, kam er dem seltsamen Verhalten des Pfarrers auf die Spur. Der Mann wurde bewacht. Von den Gestalten im Chevy.
Detectives des Savannah Police Departments, dazu brauchte man kein Hellseher zu sein. Sie blickten alle paar Minuten zum Pfarrhaus hinüber und behielten auch die Straße im Auge. Sie waren also doch schlauer, als er gedacht hatte. Sie waren anscheinend fest entschlossen, keinen weiteren Mord mehr zuzulassen, und überwachten den Pfarrer und wahrscheinlich auch die weißhaarige Niggerin aus dem Altersheim. Eine Vorsichtsmaßnahme, die ihnen wenig nützen würde. Er würde sie beide erwischen.
Doch was würde Keane tun? So wie er sich beim letzten Mal auf seine Geliebte gestürzt hatte, würde er auf sein heimliches Date mit ihr bestimmt nicht verzichten. Eine solche Frau ließ man nicht warten, auch dann nicht, wenn einem die Cops auf den Zehen standen.
Nein, eine solche Liebesnacht würde Keane sich nicht entgehen lassen. Als Pfaffe glaubte er doch sowieso nicht, dass ihm ein Killer auf den Pelz rücken konnte. Gott würde ihn beschützen. Woher sollte er auch wissen, dass ihn selbst Gott nicht vor seiner Hinrichtung bewahren konnte? Er würde so wie sein Vater sterben, in einem lodernden Höllenfeuer, und seine schöne Freundin mit ihm. Wenigstens im Jenseits wären die beiden vereint. Der Killer grinste bei dem Gedanken.
Er startete den Motor und fuhr aus der Parklücke heraus. Im Rückspiegel beobachtete er, wie sich die Detectives unterhielten und ihn kaum beachteten. Selbst wenn sie seine Nummer notierten, würden sie ihm nicht auf die Spur kommen. Er bog hinter der Kirche nach
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