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Ghost

Titel: Ghost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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entscheidenden Schritt.
    »Ich arbeite für Adam Lang. Mein ...«
    »Sagen Sie mir nicht Ihren Namen«, unterbrach er mich sofort. »Nennen Sie überhaupt keine Namen. Keine konkreten Angaben, über nichts. Woher haben Sie meine Nummer?«
    Seine bohrende Hartnäckigkeit zerrte an meinen Nerven.
    »Sie stand auf der Rückseite eines Fotos.«
    »Was für ein Foto?«
    »Aus den Studententagen meines Auftraggebers. Mein Vorgänger hatte es.«
    »Ach.« Jetzt brauchte Rycart eine Pause. Im Hintergrund hörte ich Klatschen.
    »Das scheint Sie zu überraschen«, sagte ich.
    »Nun ja, es passt zu einigen Dingen, die er mir erzählt hat.«
    »Ich habe mit einer der Personen, die auf den Fotos abgebildet sind, gesprochen. Ich dachte, Sie könnten mir vielleicht weiterhelfen.«
    »Warum reden Sie nicht einfach mit Ihrem Auftraggeber?«
    »Er ist nicht da.«
    »Natürlich nicht. Und wo sind Sie? Ohne konkret zu werden?«
    »In Neuengland.«
    »Können Sie sofort in die Stadt kommen, in der ich gerade bin? Ich nehme an, Sie wissen, wo ich bin? Wo ich arbeite?«
    »Glaube schon«, antwortete ich unsicher. »Ich habe einen Wagen, ich könnte hinfahren.«
    »Nein«, sagte er. »Nicht mit dem Wagen. Fliegen ist sicherer als Fahren.«
    »Behaupten zumindest die Fluglinien.«
    »Hören Sie mir gut zu, mein Freund«, flüsterte Rycart scharf. »An Ihrer Stelle würde ich mir Witzeleien verkneifen. Fahren Sie jetzt zum nächsten Flughafen. Nehmen Sie die nächste Maschine. Schicken Sie mir eine SMS mit der Flugnummer, sonst nichts. Es wird Sie jemand abholen.«
    »Wie erkennt er mich?«
    »Überhaupt nicht. Sie müssen ihn erkennen.«
    Wieder hörte ich im Hintergrund aufbrandenden Beifall. Ich wollte gerade einen weiteren Einwand vorbringen, aber er hatte schon aufgelegt.
     
     
    *
     
    Ich verließ Belmont ohne eine klare Vorstellung, welche Straße ich nehmen sollte. Neurotisch schaute ich alle paar Sekunden in den Rückspiegel, aber falls mir jemand folgte, so fiel es mir nicht auf. Immer wieder schlossen Autos zu mir auf, aber keines blieb länger als ein paar Minuten hinter mir. Ich folgte den Wegweisern nach Boston, überquerte schließlich einen großen Fluss, fuhr auf den Interstate Highway und dann in Richtung Osten.
    Obwohl es noch nicht einmal drei Uhr nachmittags war, wurde es schon dunkel. Zu meiner Linken hoben sich in der Ferne die golden leuchtenden Bürotürme der Innenstadt gegen den aufgedunsenen Himmel über dem Atlantik ab, während direkt vor mir die Positionslichter der landenden Jets wie Sternschnuppen dem Logan International Airport entgegenschwebten. Ich behielt mein ruhiges, vorsichtiges Tempo auf den nächsten paar Meilen bei. Der Logan International Airport befindet sich mitten im Hafen von Boston, und man erreicht den Flughafen von Süden durch einen scheinbar endlosen Tunnel. Als die abfallende Straße unter der Erde verschwand, fragte ich mich, ob ich diese Geschichte wirklich bis zum Ende durchziehen wollte. Wie unentschieden ich war, kann man daran ermessen, dass ich mich immer noch nicht entschieden hatte, als ich eine knappe Meile später wieder in den inzwischen um noch einen Hauch trüberen Nachmittag eintauchte.
    Ich folgte den Wegweisern zum Langzeitparkplatz und setzte gerade rückwärts in eine Parkbucht, als mein Telefon klingelte. Die Nummer des Anrufers sagte mir nichts. Fast wäre ich nicht rangegangen. Als ich auf den Knopf drückte, herrschte mich eine Stimme an: »Was zum Henker machst du?«
    Es war Ruth Lang. Sie pflegte den Dünkel, ein Gespräch zu eröffnen, ohne sich vorher mit Namen zu melden: ein Mangel an Benehmen, den sich ihr Mann, dessen bin ich mir sicher, nie hätte zuschulden kommen lassen, nicht einmal als Premierminister.
    »Arbeiten«, sagte ich.
    »Wirklich? Du bist nicht im Hotel.«
    »Bin ich nicht?«
    »Ja oder nein? Die sagen, du hättest nicht mal wieder eingecheckt.«
    Ich suchte krampfhaft nach einer passenden Lüge und verfiel auf etwas, was zumindest teilweise stimmte: »Ich hab mich kurzfristig entschlossen, nach New York zu fahren.«
    »Warum?«
    »Ich muss mit John Maddox über die Struktur des Buches reden, angesichts der ...« – ein taktvoller Euphemismus war jetzt vonnöten – »... angesichts der veränderten Umstände.«
    »Ich hab mir Sorgen um dich gemacht«, sagte sie. »Schon den ganzen Tag marschiere ich den Scheißstrand hoch und runter und denke über das nach, worüber wir gestern Abend gesprochen haben ...«
    Ich fiel ihr ins Wort. »Wir

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