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Ghost

Titel: Ghost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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haben könnte.
    »Klar«, sagte er, ohne mit der Wimper zu zucken. »Wir haben mal Urlaub gemacht mit einem Typen, der ...«
    »Christy Costello?«
    »Christy Costello! Fabelhaft. Wenn Sie einem Leben wie dem von Christy Hand und Fuß geben können, dann schaffen Sie das vielleicht sogar bei meinem.« Er sprang auf und schüttelte mir die Hand. »Schön, Sie an Bord zu haben, Mann. Gleich morgen früh geht’s los. Ich sag Amelia Bescheid, dass sie einen Wagen rufen soll, der Sie ins Hotel zurückfährt.« Und dann fing er plötzlich an zu singen:
     
    Once in a lifetime
    You get to have it all
    But you never knew you had it
    Till you go and lose it all.
     
    Er zeigte auf mich. »Christy Costello, ›Once in a Lifetime‹, neunzehnhundert... Irgendwann Ende der Siebziger ...« Er wackelte abschätzend mit einer Hand und reckte mit vor Konzentration halb geschlossenen Augen den Kopf vor. »Siebenundsiebzig ?«
    »Achtundsiebzig.«
    »Neunzehnhundertachtundsiebzig! Das waren noch Zeiten! Ah, ich spür’s richtig, wie alles wieder hochkommt.«
    »Heben Sie es sich für morgen auf«, sagte ich.
     
     
    *
     
    »Wie ist es gelaufen?«, fragte Amelia, als sie mich zur Tür brachte.
    »Ganz gut, glaube ich. Alles sehr freundlich. Er hat mich dauernd ›Mann‹ genannt.«
    »Ja«, sagte sie. »Das tut er immer, wenn er den Namen von jemanden vergessen hat.«
    »Für morgen«, sagte ich, »brauche ich einen Raum, wo ich ungestört mit ihm sprechen kann. Dann eine Sekretärin, die parallel zum Interview seine Antworten niederschreibt – in jeder Pause kriegt sie von mir einen frischen Schwung Aufnahmen. Ich brauche für mich eine Kopie des schon existierenden Manuskripts auf Diskette ... Ja, ja, ich weiß«, sagte ich und hob beide Hände, um ihrem Einwand zuvorzukommen. »Die Diskette wird das Gebäude nicht verlassen. Aber ich brauche sie, damit ich das alte Material ausschneiden und in das neue einfügen kann, und außerdem, um es umzuschreiben, damit es sich wenigstens entfernt so anhört, als würde es von einem menschlichen Wesen stammen.«
    Sie notierte alles in ihr schwarz-rotes Ringbuch. »Sonst noch was?«
    »Heute Abend schon gegessen?«
    »Gute Nacht«, sagte sie bestimmt und schloss die Tür.
    Ein Wachpolizist fuhr mich nach Edgartown. Er war so griesgrämig wie sein Kollege am Tor. »Ich hoffe, Sie kriegen das mit dem Buch schnell hin«, sagte er. »Meine Kumpels und ich haben allmählich von dem Sandloch hier die Schnauze gestrichen voll.«
    Er ließ mich am Hotel aussteigen und sagte, dass er mich morgen früh wieder abholen werde. Ich hatte gerade die Zimmertür aufgeschlossen, als mein Handy klingelte. Es war Kate.
    »Geht’s dir gut?«, fragte sie. »Ich hab deine Nachricht bekommen, du hast dich ein bisschen ... na ja, komisch angehört.«
    »Ach ja? Tut mir leid. Bei mir ist alles in Ordnung.« Ich unterdrückte die plötzliche Eingebung, zu fragen, wo sie gewesen sei, als ich angerufen hatte.
    »Und? Hast du ihn getroffen?«
    »Hab ich. Ich komme gerade von ihm.«
    »Und?« Bevor ich antworten konnte, sagte sie: »Und sag jetzt bloß nicht: charmant.«
    Ich hielt mir kurz das Telefon vom Ohr und zeigte ihm den Mittelfinger.
    »Da hast wirklich Talent für den richtigen Augenblick«, fuhr sie fort. »Hast du gestern Zeitung gelesen? Du bist wahrscheinlich der erste verbriefte Fall einer Ratte, die ein sinkendes Schiff betritt.«
    »Natürlich hab ich Zeitung gelesen«, sagte ich zurückhaltend. »Ich werde ihn danach fragen.«
    »Wann?«
    »Wenn es sich ergibt.«
    Ihre Reaktion glich einem explodierenden Geräusch, das es irgendwie schaffte, Ausgelassenheit, Wut, Verachtung und Unglaube in sich zu vereinen. »Frag ihn. Ja, frag ihn, warum er im Ausland widerrechtlich britische Staatsbürger kidnappt und zur Folter ausliefert. Frag ihn, ob er sich mit den CIA-Methoden auskennt, wie man Ertrinken simuliert. Frag ihn, was er der Witwe und den Kindern des Mannes sagen will, der an einem Herzanfall ...«
    »Warte, warte«, unterbrach ich sie. »Nach ›Ertrinken simuliert‹ war kurz die Verbindung weg.«
    »Ich treffe mich mit jemand anderem«, sagte sie.
    »Schön«, sagte ich und hängte auf.
    Danach gab es nichts mehr zu tun, als nach unten in die Bar zu gehen und sich zu betrinken.
    Die Bar war wie die Art von Örtlichkeit eingerichtet, in der Kapitän Ahab nach einem harten Tag an der Harpune gern auf einen Schluck vorbeischaute. Die Stühle und Tische waren aus alten Fässern gezimmert. An den mit

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