Ghost
ich. »Ich muss eben noch ein paar Sachen vorbereiten.«
»Klar. Machen Sie nur. Achten Sie gar nicht auf mich.«
Er schaute wieder in sein Buch, während ich meine Schultertasche öffnete und sorgfältig das Handwerkszeug des Ghostwriter-Gewerbes auspackte: einen Sony Walkman Digital Recorder, einen Stapel MD-R 74 Minidiscs und ein Netzkabel (für mein Vertrauen in Batterien hatte ich Lehrgeld zahlen müssen); einen metallicsilbernen Panasonic-Toughbook-Laptop, der kaum größer und wesentlich leichter als ein Hardcover-Roman ist; zwei kleine schwarze Moleskine-Notizbücher und drei nagelneue Jetstream-Tintenroller von Mitsubishi Pencil Co.; schließlich zwei weiße Plastikadapter: einen englischen Mehrfachstecker und einen für die amerikanischen Steckdosen. Ich pflege meinen Aberglauben, immer die gleichen Arbeitsgeräte zu benutzen und sie immer in der richtigen Reihenfolge auszubreiten. Außerdem hatte ich eine Liste mit Fragen dabei, die ich mir aus den in London gekauften Büchern herausgeschrieben hatte sowie aus McAras erstem Entwurf, den ich gestern gelesen hatte.
»Haben Sie gewusst«, sagte Lang plötzlich, »dass die Deutschen schon im Jahr 1944 Kampfjets hatten? Hier, schauen Sie sich das an.« Er hielt das Buch hoch, damit ich das Foto sehen konnte. »Ein Wunder, dass wir gewonnen haben.«
»Wir haben keine Disketten«, sagte Amelia. »Nur diese USB-Sticks. Ich hab Ihnen das Manuskript auf eins von den Dingern kopiert.« Sie gab mir einen Gegenstand, der etwa so groß wie ein kleines Plastikfeuerzeug war. »Sie dürfen sich das natürlich gern auf Ihren Laptop kopieren, aber leider müsste der Computer dann über Nacht unter Verschluss hier im Haus bleiben.«
»Und anscheinend haben die Deutschen Amerika den Krieg erklärt und nicht umgekehrt.«
»Ist das nicht alles ein bisschen paranoid?«
»Das Manuskript enthält potenziell geheime Informationen, die noch vom Cabinet Office freigegeben werden müssen. Genauer: Es besteht die Gefahr, dass Medienunternehmen mit skrupellosen Methoden versuchen könnten, in den Besitz des Manuskripts zu kommen. Jedes Leck würde unsere Deals für die Vorabdruckrechte torpedieren.«
»Auf dem Ding da ist das ganze Manuskript drauf?«, fragte Lang.
»Da passen hundert Bücher drauf, Adam«, sagte Amelia geduldig.
»Wahnsinn.« Er schüttelte den Kopf. »Wissen Sie, was das Schlimmste an meinem Leben ist?« Er klappte mit einem lauten Knall das Buch zu und stellte es ins Regal. »Man verliert den Kontakt. Man geht in keinen Laden mehr. Alles wird für einen erledigt. Man hat kein Geld mehr in der Tasche – wenn ich Geld brauche, auch jetzt, dann müsste ich einer Sekretärin oder einem von den Sicherheitsleuten Bescheid geben, damit sie mir was holen. Ich könnte es gar nicht selbst, ich weiß ja nicht mal meine ... wie heißt das noch mal ... nicht mal den Namen dafür kenne ich.«
»PIN?«
»Sehen Sie? Ich hab keinen Schimmer. Ein anderes Beispiel. Letzte Woche waren Ruth und ich in New York mit ein paar Leuten zum Essen aus. Diese Bekannten sind uns gegenüber immer sehr großzügig gewesen, deshalb sage ich: ›Heute Abend, das geht auf mich.‹ Ich gebe also dem Restaurantmanager meine Kreditkarte, und ein paar Minuten später steht er wieder da, hochnotpeinlich berührt, und zeigt mir, wo das Problem liegt. Der Streifen, wo meine Unterschrift sein müsste, war leer.« Er warf die Arme in die Luft und grinste. »Die Karte war nicht mal aktiviert.«
»Das ist es«, sagte ich aufgeregt. »Genau solche Kleinigkeiten sind der Stoff, den wir in Ihr Buch packen müssen. So was weiß doch niemand.«
Lang schaute mich erschrocken an. »Das kann man doch nicht schreiben. Die Leute glauben dann, ich war ein Volltrottel.«
»Aber das ist ein menschliches Detail. Es zeigt den Leuten, was es heißt, Sie zu sein.« Ich wusste, dass das meine Chance war. Ich musste ihn auf das eichen, was wir brauchten, von Anfang an. Ich ging um den Schreibtisch herum und schaute ihm ins Gesicht. »Warum versuchen wir nicht, ein Buch zu machen, das ganz anders ist als jede politische Autobiografie, die bis dato geschrieben wurde? Warum versuchen wir nicht, die Wahrheit zu erzählen?«
Er lachte. »Das wäre wirklich mal was ganz Neues.«
»Das meine ich ernst. Erzählen wir den Leuten, wie sich das wirklich anfühlt, wenn man Premierminister ist. Nicht nur das politische Zeug – jeder alte Schnarcher kann darüber schreiben.« Fast hätte ich McAra erwähnt, konnte mich aber im
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