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Ghost

Titel: Ghost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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ein- und ausgehende E-Mail speicherte. Und dort befand sich, zu meiner großen Erleichterung, an der Spitze der gesendeten E-Mails eine E-Mail mit dem Titel »Kein Betreff«, an die ich das Manuskript von Adam Langs Memoiren angehängt hatte. Als ich dann die leere E-Mail öffnete und auf den Button mit der Aufschrift »Download« klickte, erhielt ich nur die Nachricht: »Diese Datei ist im Augenblick nicht verfügbar.« Ich versuchte es noch ein paarmal, aber immer mit dem gleichen Ergebnis.
    Mit meinem Handy rief ich die Internetfirma an.
    Den detaillierten Bericht über die schweißtreibende halbe Stunde, die nun folgte, kann ich mir sparen – das endlose Auswählen aus Listen von Optionen, das Hängen in der Warteschleife, das Kaufhausmusikgedudel, die zunehmend gereiztere Unterhaltung mit dem Firmenvertreter in Uttar Pradesh oder wo immer der Kerl auch saß.
    Das Resultat: Das Manuskript war verschwunden, und die Internetfirma hatte keine Aufzeichnung darüber, dass es jemals existiert hatte.
    Ich legte mich aufs Bett.
    Ich habe nicht gerade ein Händchen fürs Technische, aber sogar ich begann langsam zu begreifen, was geschehen sein musste. Langs Manuskript war irgendwie aus dem Speicher der Computer meines Internetproviders gelöscht worden. Wofür es zwei Erklärungen geben konnte. Die erste: Es war erst gar nicht sachgerecht übertragen worden – was aber nicht sein konnte, da ich, noch während ich in Rhineharts Arbeitszimmer war, die beiden Meldungen »Ihre Datei wurde übertragen« und »Sie haben Post« selbst gehört hatte. Die zweite Möglichkeit: Die Datei war nach dem Übertragen gelöscht worden. Aber wie? Das würde bedeuten, dass jemand direkten Zugang zu den Computern eines der größten Internetkonzerne der Welt hatte und dass dieser Jemand in der Lage war, seine Spuren nach Belieben zu verwischen. Es würde auch bedeuten, ja es bedeutete zwangsläufig, dass alle meine E-Mails überwacht wurden.
    Ricks Stimme schlich sich in mein Hirn: Wow! Ziemliche Operation. Für eine Zeitung eine Nummer zu groß. Da muss schon eine Regierung ... Und sofort danach Amelias Stimme: Ihnen ist hoffentlich klar, wie ernst das ist, was sich da gerade zusammenbraut.
    »Aber das Buch ist Scheiße!«, schrie ich verzweifelt das Porträt des alten Walfangkapitäns an, das gegenüber dem Bett an der Wand hing. »Da steht nichts drin, was den ganzen Ärger wert ist!«
    Der finstere viktorianische Seebär schaute mich ungerührt an. Du hast dein Versprechen gebrochen, schien er mir mit seinem Gesichtsausdruck zu sagen. Und irgendeine namenlose Macht da draußen, die weiß das.

ACHT
    »Meine Kunden sind oft beschäftigte Leute und nur schwer zu erwischen; manchmal sind sie eigenwillig. Folglich verlässt sich der Verleger auf seinen Ghost, damit der Produktionsprozess so reibungslos wie möglich abläuft.«
    »GHOSTWRITER«
     
     
    Es versteht sich, dass ich an jenem Abend nicht mehr arbeitete. Ich machte nicht einmal den Fernseher an. Ich sehnte mich einzig und allein nach Vergessen. Ich schaltete mein Handy aus, ging nach unten in die Bar, und als diese dichtmachte, saß ich noch bis weit nach Mitternacht in meinem Zimmer und leerte eine Flasche Scotch – was zweifellos erklärt, warum ich diesmal die ganze Nacht durchschlief.
    Das Telefon auf dem Nachttisch weckte mich. Ich hatte das Gefühl, als ließe der schrille metallische Ton meine Augäpfel in ihren staubtrockenen Höhlen vibrieren, und als ich mich umdrehte, um den Hörer abzunehmen, kam es mir so vor, als löste sich der Magen aus meinem Körper und rutschte über die Matratze auf den Boden wie ein straff gefüllter Ballon, in dem irgendeine giftige, zähe Flüssigkeit hin und her schwappte. Das Zimmer drehte sich, mir war heiß. Die Klimaanlage war voll aufgedreht. Ich öffnete die Augen und sah, dass ich vollständig angezogen war und alle Lichter brannten.
    »Sie müssen sofort aus dem Hotel ausziehen«, sagte Amelia. Ihre Stimme durchbohrte meinen Schädel wie eine Stricknadel. »Ein Wagen ist unterwegs.«
    Das war alles, was sie sagte. Ich erhob keinen Einspruch, ich war gar nicht in der Lage dazu. Dann war sie weg.
    Ich habe einmal gelesen, dass die alten Ägypter ihren Pharaos bei der Mumifizierung mit einem Haken das Gehirn durch die Nase aus dem Schädel zogen. Irgendwann letzte Nacht musste man auch mich einer ähnlichen Prozedur unterzogen haben. Ich schlurfte über den Teppich, zog den Vorhang zur Seite und sah einen Himmel und ein Meer, beide

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