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Ghost

Titel: Ghost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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die Sekretärinnen die gierigen Reporter mit meinen Worten fütterten – »Ich bin immer ein engagierter Verfechter der Arbeit des Internationalen Gerichtshofs gewesen.« Ich sah, wie meine Worte per E-Mail an die Nachrichtenagenturen gingen. Und wenige Minuten später sah und hörte ich sie wieder, auf dem Computer- und Fernsehbildschirm. (»In einer vor wenigen Minuten veröffentlichten Stellungnahme äußert der frühere Premierminister ...«) Die Welt war unsere Echokammer geworden.
    Inmitten dieses Trubels klingelte mein eigenes Handy. Ich presste den Hörer ans Ohr und musste einen Finger ins andere stecken, um den Anrufer verstehen zu können. Eine schwache Stimme sagte: »Hören Sie mich?«
    »Wer spricht da?«
    »John Maddox. Rhinehart, New York. Wo zum Teufel sind Sie? Hört sich an wie ein Irrenhaus bei Ihnen.«
    »Sie sind nicht der Erste, der das so nennt. Bleiben Sie dran, John. Ich suche mir schnell ein ruhigeres Eckchen.« Ich ging nach draußen in den Gang und dann weiter in den hinteren Teil des Hauses. »Besser so?«
    »Ich habe gerade die Nachrichten gesehen«, sagte Maddox. »Das kann nur gut für uns sein. Damit sollten wir anfangen.«
    »Womit?« Ich ging immer noch.
    »Na, mit diesen Kriegsverbrechen. Haben Sie ihn gefragt, was es damit auf sich hat?«
    »Um ehrlich zu sein, John, ich hatte noch nicht die Gelegenheit.« Ich versuchte, nicht zu sarkastisch zu klingen. »Im Moment ist er ein bisschen eingespannt.«
    »Okay, wie weit sind Sie bis jetzt?«
    »Die frühen Jahre. Kindheit, Jugend, Uni ...«
    »Nein, nein«, unterbrach mich Maddox ungeduldig. »Vergessen Sie den ganzen Scheiß. Jetzt interessiert nur noch das eine. Darauf soll er sich konzentrieren. Und er soll niemandem sonst was darüber erzählen. Wir brauchen das unbedingt exklusiv für die Memoiren.«
    Ich war schließlich in dem Solarium gelandet, wo ich um die Mittagszeit mit Rick telefoniert hatte. Sogar nachdem ich die Tür geschlossen hatte, konnte ich noch das schwache Geräusch der klingelnden Telefone vom anderen Ende des Hauses hören. Die Vorstellung, dass Lang sich bis zum Erscheinen des Buches um jedes Wort über die illegale Kidnapping-Aktion und die Folterungen würde herumdrücken können, war lächerlich. Natürlich äußerte ich mich gegenüber dem Vorstandsvorsitzenden des drittgrößten Verlagshauses der Welt nicht in exakt diesen Worten. »Ich werde es ihm ausrichten, John«, sagte ich. »Möglicherweise ist es die Mühe wert, sich mal mit Sidney Kroll zu unterhalten. Adam könnte vielleicht eine Erklärung abgeben, dass ihm seine Anwälte geraten haben, den Mund zu halten.«
    »Gute Idee. Ich rufe Sid sofort an. In der Zwischenzeit möchte ich, dass Sie den Zeitplan beschleunigen.«
    »Beschleunigen?« In dem leeren Raum klang meine Stimme dünn und hohl.
    »Klar. Beschleunigen. Gas geben, auf die Tube drücken, Tempo machen. Jetzt ist Lang heiß. Die Leute fangen wieder an, sich für ihn zu interessieren. Wir können es uns nicht leisten, uns so eine Gelegenheit durch die Lappen gehen zu lassen.«
    »Heißt das, Sie wollen das Buch in weniger als einem Monat?«
    »Ich weiß, das ist hart. Und es bedeutet wahrscheinlich, dass wir uns mit ein bisschen Feinschliff an dem Manuskript begnügen und das komplette Umschreiben vergessen müssen. Und? Was soll’s? Das meiste von dem Zeug liest doch sowieso keiner. Je früher wir rauskommen, desto mehr verkaufen wir. Was meinen Sie, kriegen Sie das hin?«
    Die Antwort ist Nein, du glatzköpfiger Wichser, du psychopathischer Schwanz. Hast du dir diesen Müll überhaupt mal durchgelesen? Dir hat doch jemand ins Hirn geschissen. »Nun, John«, sagte ich milde, »ich kann’s versuchen.«
    »Brav. Und machen Sie sich keine Sorgen wegen Ihres Vertrags. Wir zahlen Ihnen für zwei Wochen das Gleiche wie für vier. Ich sag’s Ihnen, wenn diese Kriegsverbrechersache hochgeht, dann könnte das die Antwort auf all unsere Gebete sein.«
    Als er schließlich auflegte, waren die zwei Wochen von einer willkürlich aus der Luft gegriffenen Zahl zu einem fixen Abgabetermin geworden. Die vierzig Interviewstunden mit Lang, die sein gesamtes Leben hätten umspannen sollen, waren abgeblasen worden: Ich würde mich gezielt auf den Krieg gegen den Terror konzentrieren, und damit würden die Memoiren auch beginnen. Was den Rest betraf, so würde ich mein Bestes tun, um ihn zu verbessern oder, wenn die Zeit dafür blieb, neu zu schreiben.
    »Was, wenn Adam nicht scharf darauf ist?«, hatte

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