Ghostwalker 02 - Raven, M: Ghostwalker 02
Leben kämpfen sollte. Und Ryan …
Kaindas Kopf ruckte in die Höhe, sie atmete tief ein. Nein, das musste sie sich einbilden, es konnte hier gar nicht nach Ryan riechen. Aber es war so. Sein Duft wurde stärker, so als würde er sich ihr nähern. Voller Hoffnung, gleichzeitig aber auch Furcht drehte sie sich um. Als sie Ryan sah, wie er leibhaftig auf sie zukam, wollten ihre Beine unter ihr nachgeben, doch sie hielt sich eisern aufrecht.
Gierig ließ sie ihren Blick über ihn gleiten. Er sah so … normal aus, so stark und lebendig. Die schwarz-blau schillernden Prellungen im Gesicht erinnerten sie daran, dass er ihretwegen beinahe getötet worden wäre. Warum war er nicht im Krankenhaus? Kainda wollte etwas sagen, aber sie brachte keinen Ton heraus. Dicht vor ihr blieb Ryan stehen, seine dunkelblauen Augen schienen ihre Gesichtszüge förmlich einzusaugen, so intensiv musterte er sie. Schließlich trat er noch einen Schritt vor und schloss sie in seine Arme, ohne ein Wort zu sagen. Kainda lehnte ihre Wange an seine Brust und lauschte seinem wild hämmernden Herzschlag. Sein Duft legte sich um sie, hüllte sie genauso schützend ein wie seine Umarmung. Ein Schauder lief durch seinen Körper, und er legte seine Wange an ihre Haare. Kainda schloss die Augen und genoss einfach nur seine Nähe – dass er wie durch ein Wunder hier war, bei ihr.
Sie spürte, wie er tief einatmete. „Es wird dunkel.“ Seine Stimme klang gedämpft gegen ihr Haar.
So gezwungen, ihre Augen wieder zu öffnen, sah Kainda zögernd zu ihm auf. Er würde Fragen haben, das konnte sie an seinem Gesichtsausdruck sehen, aber sie war noch nicht bereit für eine Antwort. Zuerst musste sie etwas anderes erledigen. Widerwillig löste sie sich von ihm und nahm seine Hand. „Ich möchte dir jemanden vorstellen.“
Ryan schien ihr zu vertrauen, denn er folgte ihr, ohne zu zögern. Vor dem größeren Grab blieb sie stehen und holte tief Luft. „Dies hier ist meine gesamte Familie, mit Ausnahme meiner Schwester Jamila.“ Sie spürte Ryans Blick auf sich, drehte sich aber nicht zu ihm um, sondern starrte weiter auf den Erdhügel. Schließlich wandte sie sich dem kleineren Grab zu. „Mein bester Freund seit meiner Kindheit und mein späterer Gefährte, Lando.“ Ihre Stimme klang erstickt, sie schaffte es kaum, die Worte herauszupressen. „Mein Sohn, Dakarai.“ Ihr Blick glitt in die Ferne. „Sein Name bedeutet Glück.“
Ryan blieb so lange stumm, bis sie ihn ansah. In seinen Augen konnte sie Wärme und Traurigkeit erkennen. Sein Finger glitt über ihre Wange. „Sie waren bestimmt glücklich, dich als Gefährtin und Mutter zu haben.“
Seine unerwarteten Worte katapultierten sie zurück in die Zeit, die sie zusammen erlebt hatten, jeder Tag ein neues Glück. „Ja, das waren sie, und ich war es, weil ich sie hatte.“
Ryan nickte nur und sagte nichts weiter. Es schien, als würde er darauf warten, dass sie entschied, wie es weitergehen sollte.
„Ich habe mich von ihnen verabschiedet, sie sind jetzt für immer zusammen.“ Kainda warf einen letzten Blick auf die Gräber und wandte sich dann Ryan zu. „Wollen wir gehen?“
Er drückte sanft ihre Hand. „Wenn du mich führst, ich kenne mich hier nicht aus, und es wird langsam dunkel.“
Die Frage war, wohin sie jetzt gehen sollten. „Wo steht dein Auto?“
Ryan verzog den Mund. „Etwa vier Stunden Fußmarsch entfernt. Und ich glaube nicht, dass ich im Dunkeln über die Felsen klettern möchte.“
Ein trauriges Lächeln spielte um ihre Lippen. „Genau deshalb haben wir unser Lager hier angelegt. Dummerweise kamen die Jäger bei Tageslicht.“ Sie legte ihre Finger über seine Lippen, als er zu einer Frage ansetzte. „Später. Zuerst möchte ich hier weg.“ An seine zunehmend schlechtere Sicht angepasst, führte sie ihn langsam auf die Lichtung zurück, um die ihre Hütten in der Vegetation versteckt angeordnet waren. Zuerst wollte sie automatisch zu ihrer früheren Behausung gehen, doch sie konnte sich nicht vorstellen, Ryan dorthin zu führen, wo sie mit Lando und Dakarai gelebt hatte. Also schlug sie einen anderen Weg ein, der ihr fast genauso vertraut war.
Kurze Zeit später schob sie eine versteckte Tür auf und führte Ryan in eine ausgebaute Erdhöhle. Kühle, abgestandene Luft schlug ihr entgegen, aber es war besser, als sie nach über einem halben Jahr erwartet hatte. Sie winkte Ryan herein und ließ die Tür offen, damit frische Luft hineinziehen konnte. Automatisch fuhr
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