Ghostwalker 02 - Raven, M: Ghostwalker 02
erinnerte sich auch noch gut an den eifersüchtigen Stich, den er verspürt hatte. Wenn die Sache mit Kearne und dem Rat so weiterging, konnte er sehr gut nachfühlen, warum Coyle den Posten als ausführendes Ratsmitglied gegen das Zusammenleben mit Marisa getauscht hatte. Das nächste Jahr würde verdammt lang werden, so viel war sicher.
9
Kainda schreckte aus einem leichten Schlummer auf, als sie ein leises Geräusch im Nebenzimmer hörte. Schwerfällig richtete sie sich auf und lauschte. Eigentlich sollte niemand mehr in der Klinik sein, nachdem Ryan gegangen war. Kamen jetzt ihre Verfolger und holten sie zurück? Ein Schauder lief über ihren Rücken. Warum hatte sie sich nicht verwandelt und die Klinik verlassen, als sie es noch konnte? Jetzt war sie demjenigen, der hier hereinkam, hilflos ausgeliefert. Als sie ihr verletztes Bein belastete, zuckte sie zusammen. Nein, selbst wenn sie gekonnt hätte, sie wäre mit ihren Verletzungen nicht weit gekommen. Aber der Hauptgrund, warum sie nicht geflohen war, lag woanders. In seinem schönen weichen Bett, um genau zu sein. Auch wenn es wahrscheinlich ein Fehler war, sie mochte Ryan. Sie hatte tatsächlich versucht, ihn hier zu halten, damit sie nicht allein sein musste. Was aber noch schlimmer war: Sie fand ihn attraktiv und hätte sich beinahe zurückverwandelt, als sie über ihm gestanden hatte. Doch das durfte auf keinen Fall geschehen. Es wäre zu riskant, einem Menschen, den sie kaum kannte, zu zeigen, dass so etwas wie Gestaltwandler existierten.
Von draußen ertönte ein dumpfer Schlag, dann ein leiser Fluch. Ein vertrauter Geruch strömte in ihre Nase. Ryan? Kainda drängte sich an das Gitter und starrte die Tür an, als könnte sie sie mit Blicken durchdringen. Es konnte gar nicht sein, dass Ryan hier war, er wollte sich doch zu Hause ausruhen. Und vor allem, was waren das für Geräusche? War er in einen Kampf verwickelt? Kainda war kurz davor, sich zu verwandeln, um den Riegel zu öffnen, als unvermittelt die Tür aufgestoßen wurde. Der von draußen hereinströmende Lichtschein blendete ihre Augen, sodass sie den Kopf zur Seite drehen musste. Etwas polterte über die Schwelle und kam dann mit einem Quietschen vor ihr zum Stehen.
„Tut mir leid, jetzt habe ich dich geweckt, oder?“ Ryans Stimme klang wie immer, stellte Kainda erleichtert fest. Er hockte sich vor den Käfig und hielt ihr seine Hand entgegen. Kainda folgte seiner Aufforderung und rieb mit der Wange darüber. „Du fragst dich jetzt sicher, warum ich hier bin. Ehrlich gesagt, tue ich das auch. Ich habe in meinem Bett gelegen und war trotz der Müdigkeit nicht in der Lage einzuschlafen. Irgendwie hat etwas gefehlt.“ Seine Finger glitten über ihr Fell. „Du hast mir gefehlt, und ich habe mir überlegt, wie du dich fühlen musst, ganz allein in der fremden Umgebung.“
Kainda drängte sich an das Gitter und stieß ein tiefes Schnurren aus. Hoffentlich konnte sie ihm so klarmachen, wie froh sie darüber war, dass er zurückgekommen war. Sie schob eine Tatze durch die Stäbe und legte sie auf Ryans Oberschenkel.
Er lachte erfreut auf. „Es scheint so, als wäre dir meine Anwesenheit recht. Sehr schön, ich hatte schon fast befürchtet, mich dir aufzudrängen, wenn du eigentlich nur deine Ruhe haben willst.“ Rasch schob er den Riegel zurück und öffnete die Käfigtür. „Ich dachte mir, du hättest vielleicht Lust auf einen kleinen Ausflug in unserem umzäunten Auslauf. Was hältst du davon?“
Raus aus dem Käfig? Endlich wieder frische Luft schnuppern? Was für eine Frage, natürlich wollte sie das. So schnell es ihre Verletzungen zuließen, verließ sie den Käfig und sah erwartungsvoll zu Ryan auf.
„Ich habe einen kleinen Wagen mitgebracht, damit du nicht den ganzen Weg laufen musst.“ Er zog den Wagen zu sich heran, der im Prinzip nur aus einem halbhohen Kasten auf vier Rädern bestand. „Warte, ich hebe dich hinein, damit du nicht die Nähte aufreißt.“
Ungeduldig ließ Kainda die Prozedur über sich ergehen. Sie konnte die Freiheit schon fast riechen.
Ryan setzte sie sanft in den Kasten und richtete sich wieder auf. „Los geht’s. Versuch, möglichst nicht herauszuspringen.“
Erstaunlich, dass er einem Wildtier so vertraute. Es musste ihm doch klar sein, dass sie ihn jederzeit anfallen und töten könnte. Trotzdem drehte er ihr den Rücken zu, nahm die Zugstange auf und setzte den Wagen in Bewegung. Ein hohes Quietschen fuhr durch ihren Schädel. Jetzt wusste
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