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Gib mir deine Seele

Gib mir deine Seele

Titel: Gib mir deine Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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hast, mein Lieber! Ich kenne Mittel und Wege …«
    Mit einem Klaps aufs Hinterteil revanchierte er sich. »Wehe, du bindest mich wieder so fest auf den Stuhl wie beim letzten Mal. Meine Frau fand die Striemen gar nicht spaßig.«
    »Soll ich dir zeigen, wo ich überall blaue Flecken von deinem letzten Dolchstoß hatte?«, fragte sie und hob ihren Rock, als könnte man die Verletzungen noch immer sehen. Sie hatten bereits in einer anderen Inszenierung zusammengearbeitet.
    »Nun will sie mich auch noch blenden, diese Hexe!« Jonathan wandte sich ab und ergriff Paulines Hand, die er mit gekonnter Eleganz an seine Lippen zog. »Mademoiselle, es ist mir ein Vergnügen, mit Ihnen zu arbeiten. À demain. Bis morgen.«
    Es kam Pauline vor, als schwebe sie auf Wolken von der Bühne. Sandy hätte sie am liebsten die Zunge herausgestreckt, als sie an ihr vorbeiging. Obwohl sie sich denken konnte, welche Gerüchte als Nächstes die Runde machen würden: »Micaëla drückt sich mit Don José in dunklen Ecken herum.«
    Solange das Gerede im Hinterhaus des Theaters blieb, sollte es ihr gleichgültig sein. Die Freude über die gelungene Probe und das Kompliment eines der berühmtesten Tenöre der Welt war zu groß, als dass sie sich ihre gute Laune von jemandem wie dieser missgünstigen Sandy verderben lassen wollte.
    Gern hätte sie weiter bei den Proben zugehört, aber am nächsten Tag sollte ab zehn Uhr die erste Bühnenorchesterprobe mit Orchester, Solisten und Chor sowie, der Vollständigkeit halber, den Tänzern stattfinden. Pauline tat gut daran, die ihr verbliebene Zeit zu nutzen, um sich zu entspannen. Vielleicht würde es ihr gelingen, Constantin zu überreden, ihr eine von diesen wunderbaren Massagen angedeihen zu lassen, auf die er sich verstand wie kein Zweiter.
    Die Hauptprobe lief bestens.
    Einen ganzen Vormittag lang hatten sie im Kostüm für Fotografen posiert, und wäre das Filmteam der Opera News eines großen europäischen Fernsehsenders nicht gewesen, die Generalprobe wäre womöglich auch glatt gelaufen. Niemand wusste, wie es geschehen war, aber einer der Kameraleute stürzte in den Orchestergraben und landete zwischen zwei Kontrabassisten. Die konnten ihre Instrumente in letzter Sekunde in Sicherheit bringen, nicht aber den Sturz des Kameramanns verhindern, der ins Krankenhaus gebracht werden musste und, wie sich später herausstellte, die linke Schulter gebrochen und eine Gehirnerschütterung davongetragen hatte.
    Für die Theaterleitung ein ziemliches Drama, denn die Probe war öffentlich und musste für eine halbe Stunde unterbrochen werden. Wegen des Unfalls und – was nur wenige wussten – weil Carmen einen hysterischen Lachkrampf bekommen hatte. Der Intendant raufte sich die Haare, seine Künstler aber waren zufrieden. Eine verpatzte Generalprobe verhieß eine fulminante Premiere.
    Darauf hoffte auch Pauline. Janice hatte ihr Kommen angekündigt, Marguerite wollte sich die Übertragung im Internet ansehen, die Freunde im White Lion ebenfalls. Henry allerdings bestand darauf, in der Garderobe Händchen zu halten und die Show , wie sie sagte, von der Seitenbühne aus zu genießen.
    Ein enormer Druck lastete auf Pauline. Dennoch gab sie sich große Mühe, sich nichts davon anmerken zu lassen.
    Constantin sorgte dafür, dass sie am Tag nach der Generalprobe keine Zeit hatte, über das Singen nachzudenken. Er band sie einfach am Bett fest, ließ sie nur frei, wenn es zwingend erforderlich wurde, und verwöhnte sie auf jede erdenkliche Weise, bis Pauline lachend um Gnade bat.
    Am Morgen der Aufführung bereitete er ihr ein reichhaltiges Frühstück zu. »Iss!«, befahl er. »Ich weiß doch, dass du erst wieder nach der Vorstellung etwas runterbringst.«
    »Wie genau du mich kennst«, sagte sie schmunzelnd und beugte sich dem liebevollen Diktat.
    Schließlich aber lehnte sie sich zurück. »Bin ich vollgefressen! Ob das so eine gute Idee war?« Sie stellte das Geschirr vor sich zusammen. »Wenn ich noch einen Bissen mehr esse, platze ich nachher aus dem Korsett.«
    Auf dem Stuhl neben ihr streckte Choupette ein Pfötchen aus und gähnte. »Du hast es gut. Darfst hierbleiben, während ich vor über zweitausend Menschen singen muss.«
    »Hast du Lampenfieber?« Constantin, der ihren gesunden Appetit wohlwollend beobachtet hatte, stellte seine Tasse ab und sah sie an.
    »Allmählich geht es los.« Sie legte sich eine Hand auf den Bauch. »So ein unangenehmes Flattern … Es kann natürlich auch von der halben

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