Gib mir deine Seele
du mir fast die Luft abgedrückt hast, du Grobian!« Die Carmen-Darstellerin stellte sich neben ihn und warf Constantin einen koketten Blick zu. »Willst du mir deinen Freund nicht vorstellen, Jonathan?«
»Die Vorstellung ist beendet, mein Herz!« Alexander Maisuradse trat ebenfalls hinzu und legte besitzergreifend einen Arm um ihre Taille. » Das , meine Liebe, ist der geheimnisvolle Constantin Dumont, und wenn mich nicht alles täuscht, dann ist er bereits vergeben.«
In diesem Augenblick tauchte Julian auf, an seinem Arm eine übermütige Pauline, die diese Bemerkung gehört haben musste. »Wirklich?«, fragte sie scheinbar ernsthaft und zwinkerte ihm zu. »Glauben Sie, dass es nur die Eine für Sie geben kann, Monsieur Dumont?«
»Keinesfalls«, sagte er frostig. »Ich weiß es.« Er warf seinem unsäglichen Untermieter einen ärgerlichen Blick zu. Was hatte er hier zu suchen?
Julian lächelte provokant. »Bevor sich uns die Untiefen menschlicher Leidenschaft offenbaren, schlage ich vor, dass wir an einem weniger prunkvollen Ort weiterfeiern. Was meint ihr?« Er winkte jemanden herbei. »Das ist Martin. Wir sind uns gestern nach Jahren wiederbegegnet. Ist das nicht ein wunderbarer Zufall?« Er gab Pauline einen Kuss auf die Wange. »Martin ist ein alter Freund und … er kennt sich in Barcelona aus. Wir haben die ideale Location für eine Aftershow-Party aufgetan. Ihr seid eingeladen, denn so ein Wiedersehen muss gefeiert werden.« Unbekümmert nahm er Pauline an der Hand. »Komm, mein Singvögelchen. Nachdem dieser Schönling offenbar vergeben ist, will ich dich gern trösten!«
Constantin stimmte halbherzig in das allgemeine Gelächter ein, und nacheinander verließen die meisten Künstler so unauffällig wie möglich die Veranstaltung. Auch wer Julian nicht persönlich kannte, hatte vermutlich schon von seinen sensationellen Einladungen gehört. Nach all der harten Arbeit, der Anspannung vor der Premiere und nun dem großen Erfolg versprach eine gemeinsame Feier willkommene Abwechslung.
Carmen DeNero und Alexander Maisuradse hatten den allgemeinen Aufbruch genutzt, um sich gemeinsam zurückzuziehen. Constantin hätte ebenfalls einen intimeren Rahmen bevorzugt … oder wenigstens einige Minuten Zweisamkeit mit einer willigen Pauline. Doch gemäß seiner Pläne ließ er ihr allen Freiraum, den sie benötigte, um sich an ihre neue Rolle als erfolgreiche Sängerin zu gewöhnen und darin zu entfalten.
Dazu gehörte auch, dass sie ihren Erfolg unter Kollegen feierte, und wenn er daran teilnahm, dann nur unauffällig im Hintergrund. Allerdings nicht, ohne ein wachsames Auge auf sie zu haben.
Das Restaurant, in das Julian eingeladen hatte, gehörte zu den bestgehüteten Geheimtipps der Stadt. Tische und typisch spanische Stühle aus gedrechseltem, dunklem Holz, ein sandgescheuerter Dielenboden und prächtige Silberleuchter trugen zu einer behaglichen Stimmung bei. Auf einem flachen Podest im hinteren Teil des Raums stand ein Steinway . Die große und fröhliche Künstlerschar wurde bereits erwartet. Die Wirtsleute hatten eine lange Tafel mit cremefarbenem Steingut und Gläsern gedeckt, in denen sich das Kerzenlicht tausendfach brach. Sobald sich die ersten Gäste gesetzt hatten, wurden große Krüge mit Weiß- und Rotwein, dazu Wasser, Brot und Öl gebracht.
»Wie schön!« Pauline legte die Hände wie zum Gebet zusammen und sah sich um.
Diese Geste war so typisch für sie, dass in Constantins Seele einer der eisernen Ringe zu bersten schien, mit denen er sich zum Schutz gegen die Enttäuschungen der Welt seit vielen Jahren umgab – immer einer mehr, sobald irgendetwas drohte, ihm zu nahezukommen. Wortlos beobachtete er, wie sie sich neben Julian setzte, der keine Sekunde von ihrer Seite gewichen war. Der andere Platz neben ihr war noch frei.
Geh schon hin, du Idiot! , sagte er zu sich selbst und rührte sich noch immer nicht von der Stelle.
Jonathan Tailor näherte sich den beiden und sagte etwas. Pauline lächelte und nickte abwesend, sah aber dabei zu ihm herüber. Ihre Blicke trafen sich. Eine unausgesprochene Sehnsucht lag in der Luft.
Ich vermisse dich.
Ob es ihr Gedanke war, den er zu hören glaubte, oder sein Begehren, war ihm in diesem Augenblick gleich. Constantin schüttelte kaum merklich den Kopf. Sie sollte sich amüsieren und Kontakte knüpfen, verdammt noch mal!
Der Sänger setzte sich, und Constantin knirschte trotz seiner guten Vorsätze mit den Zähnen.
»Wenn du weiter hier stehen
Weitere Kostenlose Bücher