Gib mir deine Seele
willst mir doch jetzt nicht erzählen, dass es derselbe Constantin ist – mit K oder mit C? Dass er also ein unsterblicher Vampir ist, oder so?«
»Quatsch! Dann hätte er ja im Sonnenlicht geglitzert.«
»Du hast ihn nur im Neonlicht gesehen!«, warf Janice vollkommen unnötig ein.
»Ach, hört auf!« Henry schien sich köstlich zu amüsieren. »Ich meine ja nur. Die Ähnlichkeit ist echt erstaunlich. Vielleicht war einer seiner Vorfahren Maler.«
Erleichterung flutete Pauline. »Ach so! Das soll es öfter geben. Ich bin auch schon auf eine Ähnlichkeit mit Katharine Hepburn angesprochen worden.«
Beide Freundinnen lachten. »Klar, ihr habt exakt die gleiche Frisur.« Janice fügte kichernd hinzu: »Von der Figur mal ganz zu schweigen.«
»Na, vielen Dank! Ich fand eigentlich, dass das ein sehr nettes Kompliment war.«
»Nun guck doch nicht so beleidigt!« Janice verdrehte die Augen. »Man darf sich doch wohl mal darüber wundern, dass der Typ zwar einen Doppelgänger in der Vergangenheit hat, aber in der Gegenwart so gut wie nicht zu fassen ist.«
Es war tatsächlich schwer vorstellbar, dass ein attraktiver und offenbar wohlhabender Mann wie Constantin nicht im Jet-Set unterwegs sein sollte. Andererseits freute sie sich. Erhöhte das nicht ihre Chancen? Ich spinne ja , dachte Pauline. Wer so zurückgezogen lebte, konnte sehr wohl irgendwo eine komplette Familie haben, ohne dass jemand darüber berichtete.
»Warum seht ihr mich so an?«, fragte sie, als sie bemerkte, dass ihre Freundinnen sie anstarrten.
»Wenn du ihn nicht willst«, sagte Janice, »dann nehme ich ihn. Gegensätze ziehen sich an.« Sie strich sich durchs Haar.
»Du bist bloß blondiert«, widersprach Henry. »Der steht weder auf dich noch auf üppige Diven. Falls er überhaupt auf Frauen steht.«
»O nein, Constantin gehört mir!« Herausfordernd sah Pauline in ihre Gesichter. »Ich bin nicht üppig, wie du so nett sagst, und außerdem wollte er mich küssen!«
Henry lachte als Erste, Janice fiel ein, und schließlich kicherten sie alle drei.
»Halali!« Henriette wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel. »Halt dich ran, meine Liebe. Der Typ ist Sex on legs pur, und wir werden nicht die Einzigen sein, die dir deine heiße Beute abjagen wollen.«
4 London – Das Spiel beginnt
»Was verschafft mir die Ehre deines Besuchs?«
Nichts in Constantins Stimme verriet seinen Ärger, als er die Wagentür hinter sich zuzog. In der Vergangenheit hatte er ausreichend Gelegenheit gehabt, sich in Selbstbeherrschung und Disziplin zu üben. Er war längst der Beste. Ein Meister seines Fachs.
»Habe ich dich gestört?«
Samtig und mit einem Hauch Belustigung schlang sich ihre Stimme um seinen Hals, wie ein Gängelband aus reiner Seide.
Einst hatte er ihr für ein einziges Lächeln alles zu Füßen gelegt: Loyalität, Liebe, selbst sein Leben. Sie hatte es genommen und am Ende über seine Naivität gelacht. So etwas würde ihm nie wieder passieren.
»Was hat dich hierhergeführt? Die Sehnsucht?« Kühl betrachtete er die Frau neben sich. Seine Körperhaltung verriet nichts von den Gefühlen, die in ihm tobten.
»Du bist gut geworden, mein schöner Constantin. Ich würde beinahe so weit gehen, dich als gelungen zu bezeichnen. Es wird Zeit für eine neue Herausforderung, meinst du nicht auch?«
Am liebsten hätte er diese unerträgliche Arroganz aus ihr herausgeprügelt. Doch damit wäre niemandem gedient. Also schwieg er, mit der Gewissheit, dass sie nicht lange widerstehen und ihm ihre Nachricht überbringen würde.
»Überschätz dich nicht!« Stahl blitzte nun durch den trügerischen Samt hervor. »Du hast zwölf Monate.«
»Das ist vollkommen unrealistisch. Vergiss es!«
»Und weil du dich nicht beherrschen konntest, wovon ich mich gerade selbst überzeugen durfte«, fügte sie süffisant lächelnd hinzu, ohne seinen Einwand zu beachten, »habe ich mir erlaubt, die Uhr ein wenig vorzustellen.« Sie klopfte Nicholas auf die Schulter. »Lass mich dort vorne an dem Kino aussteigen.«
Nicholas tat, was ihm befohlen wurde. Ohne ein Wort hielt er den Wagen an, öffnete den Schlag für sie und deutete eine Verbeugung an. Als er die Tür gerade schließen wollte, drehte sie sich noch einmal zu Constantin um. » À plus jamais, mon cher! « Du wirst diese Aufgabe nicht bewältigen, deine Zeit ist abgelaufen, mein Lieber. Damit warf sie ihm eine in dunkles Holz gefasste Sanduhr zu und verschwand im Strom der abendlichen
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