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Gib mir deine Seele

Gib mir deine Seele

Titel: Gib mir deine Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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ihrer Karriere erreicht haben, gehören sie … gehört ihre Seele Apollon. Fast alle sterben. Mehr kann ich dir nicht sagen.« Verbittert ballte er die Faust. »Bitte glaub mir.«
    »Das war nicht die Antwort auf meine Frage.« Pauline trank ihr Glas leer und hielt es ihm entgegen. »Bist du wie ein Großwildjäger, der sich die Köpfe seiner Opfer an die Wand hängt?« Nun war ihre Abscheu nicht zu überhören.
    »Nein!« Mit unsicherer Hand schenkte er ihr nach. »Es wurde mir verboten, jemals wieder zu malen. Die Bilder, die du gesehen hast, sind so etwas wie eine Entschuldigung. Jede Seele stirbt erst in dem Augenblick, in dem die Erinnerung an sie endgültig verblasst ist.«
    »Warum hast du dann mein Bild zerstört?« Ihre Wangen glühten, und die Augen glänzten von ungeweinten Tränen. »Das warst doch du? Ich erinnere mich an die merkwürdigen Geräusche neulich Nacht. Sie kamen aus deinem Atelier.«
    Er griff nach ihren Händen, doch sie zuckte zurück. »Pauline, versteh doch. Ich wollte nicht, dass du in dieser Galerie landest. Es stimmt, ich habe womöglich nicht die Macht, dich vor deinem Schicksal zu bewahren. Doch ich will verdammt sein, wenn die Frau, die ich mehr liebe als mein Leben, am Ende auch noch in der gleichen Reihe steht wie all die anderen. Deshalb habe ich das Bild zerstört.«
    Und die Hoffnung gebe ich bis zuletzt nicht auf! , fügte er in Gedanken hinzu.
    Notfalls würde sich Nicholas um sie kümmern. Das hatte er ihm zum Abschied geschworen. Constantin wusste, dass eine Nymphe der Artemis ein Versprechen nicht leichtfertig gab.
    »Du erwartest ernsthaft, dass ich dir diese verrückte Geschichte glaube?«, fragte sie kühl.
    »Ich habe gehofft, sie niemals erzählen zu müssen.« Er schlug die Hände vors Gesicht. »Aber es ist die Wahrheit, die du immer von mir hören wolltest.«
    Als er die Hände wieder sinken ließ und über den Tisch sah, war sie fort. Müde blies er die Kerzen aus und ging mit schweren Schritten die Treppe hinauf. Heute Nacht würde Pauline ihn nicht in ihrem Bett willkommen heißen.
    Am nächsten Morgen schreckte Constantin nach einem Albtraum aus dem Schlaf. Er sprang von seinem Nachtlager in Nicholas’ Schlafzimmer auf und lauschte. Alles schien ruhig zu sein. Zu ruhig. Das Herz schlug ihm bis zum Hals. Irgendetwas war geschehen. Wie von Dämonen gehetzt rannte er die Treppe hinunter, durch das Appartement bis ins Schlafzimmer. Das Bett war leer. Mit einer bösen Vorahnung öffnete er die Tür zum Schrank. Ein Teil ihrer Garderobe fehlte.
    »Nein!« Blind griff er nach einem der zurückgelassenen Kleider und vergrub das Gesicht darin. Sie hatte ihn verlassen!

38 Venedig– Vom Wege abgekommen
    Schlaflos quälte sie sich mit ungeheuerlichen Fantasien. Ihr logischer Verstand erlaubte es nicht, Constantin zu glauben. Dieselbe Logik aber erinnerte sie daran, dass seine Geschichte nicht nur all ihre schrecklichsten Befürchtungen wahr werden ließ, sondern in sich vollkommen schlüssig klang. Wahnsinn besaß eine eigene Dramaturgie. Die Frage war nur, ob ihre Welt aus den Angeln gehoben oder sie verrückt geworden war.
    Als der Morgen allmählich die Nacht beiseiteschob, hatte sie darauf zwar keine Antwort gefunden, aber zumindest eine Entscheidung getroffen. »Ich bin unterwegs«, schrieb sie in einer Nachricht auf Marcellas Frage, ob sie – wieder einmal – für eine Kollegin einspringen würde, und packte die Koffer.
    Es war so einfach gewesen. Sein Autoschlüssel lag noch auf dem Tisch. Sie lud ihr Gepäck ein und fuhr los. Zuerst fand sie den SUV gewöhnungsbedürftig. Ihr fehlte es an Fahrpraxis, doch es dauerte nicht lange, da hatte sie das schwere Fahrzeug im Griff. Zweifellos würde Constantin ihrer Spur folgen. Schon allein, weil er es nicht ertragen konnte, dass sie sich ihm widersetzte.
    In Nîmes kaufte sie deshalb per Kreditkarte ein Zugticket in der ersten Klasse bis London und schenkte es einer jungen Frau, die neben ihr gerade mit ihrem Baby eingecheckt hatte.
    »Damit haben Sie es bequemer«, sagte sie und ging davon.
    Ursprünglich hatte sie geplant, das Fahrzeug zurückzulassen, doch jeder andere Reiseweg würde zu umständlich sein oder deutliche Spuren hinterlassen. Mit dem Auto erreichte sie das Ziel am schnellsten.
    Also hob sie eine große Summe von ihrem Konto ab und kaufte ein Prepaidhandy, das andere schaltete sie aus. Bargeld und die Finte am Bahnhof sollten ausreichen, um ihr einen gewissen Vorsprung zu verschaffen. Womöglich war

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